Mönchengladbach Studentin bloggt aus Kairo

Mönchengladbach · Die 24-jährige Katja Möltgen verbringt drei Monate an einem Ort, den Touristen derzeit eher meiden: in Ägyptens turbulenter Hauptstadt. In der RP und im Internet berichtet sie von ihren Eindrücken.

Mönchengladbach: Studentin bloggt aus Kairo
Foto: Katja Möltgen

Die Gladbacherin Katja Möltgen studiert im vierten Semester Design an der Hochschule Niederrhein. Derzeit macht sie etwas, vor dem die meisten Touristen aktuell eher zurückschrecken würden: Die 24-Jährige verbringt drei Monate in Ägyptens Hauptstadt Kairo. In dieser Zeit wird sie in unregelmäßigen Abständen in Form einer Kolumne in der RP von ihrem Aufenthalt berichten: Wie ist die Lage, wie das Lebensgefühl rund um den berühmt-berüchtigten Tahrir-Platz? Außerdem schildert sie ihre Eindrücke auf ihrem grafischen Blog "Kairotisch" im Internet unter: http://kairotisch.blogspot.com/.

Mönchengladbach: Studentin bloggt aus Kairo
Foto: Katja Möltgen

Als meine Mutter vor sieben Monaten nach Kairo auswanderte, wurde meine Welt laut Google um 5399 Kilometer größer. Zur gleichen Zeit bekam ich Besuch von einem Couchsurfer aus Kairo. Ich zeigte ihm meine Welt, und er mochte es. Mit ihm sah ich die deutsche Ruhe und Ordnung aus dem Blickwinkel des Chaotischen und merkte, dass es an der Zeit ist, meinen Horizont meiner größeren Welt anzupassen. Also bin ich dem Chaos gefolgt auf der Suche nach tanzenden Sternen.

Angekommen in Kairo, Al-Qahira, wurde wahr, was ich gehört hatte. Dreispurige Straßen werden fünfspurig befahren. Aber es passt. Der Verkehr auf Kreuzungen fließt nur, wenn Passanten Verkehrspolizist spielen. Aber zum Glück tun sie es. Bleibt ein Auto liegen, dann wird es auf der Straße repariert. Aber mit Hilfe geht das erstaunlich schnell. Und dafür wird unter Gehupe, aber ohne Murren eine Spur geräumt.

Müll ist genauso an jeder Ecke wie frisch gepresste Fruchtsäfte. Bio ist Standard und Plastikessen Luxus. Aber der Luxus ist nicht sichtbar auf der Straße, sondern in Clubs: aus den Augen, aus dem Sinn. Deutschland ist so weit weg. Von dort — wo der Tahrir-Platz noch aussieht wie der Umschlagsplatz für Revolution und Vergewaltigungsorgien — sieht man nicht, dass er hier nur noch eine Ansammlung von Zelten ist. Die Zelte sind zwar manchmal noch von Obdachlosen bewohnt, aber schon lange nicht mehr okkupiert. Hier ist alles Jetzt. Und das Jetzt ist absolut.

Mit deutscher Mentalität scheint es leicht, ein Urteil über arabische Verhältnisse zu fällen, aber so funktioniert Verständnis nicht. "Welcome to Egypt!" an jeder Ecke. Aber pass auf, dass die winkende Hand in der Metro nicht auf deinem Hintern landet. Du sprichst kein Arabisch? Das kostet mehr. Malesch. Pech. Du willst hier raus? Sie werden dich führen, bis du sicher dort ankommst, wo du hin wolltest. Salam!

(RP/rl)
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