Mönchengladbach Reme-Gelände Streit um Geld oder ein Mädchen Mordmotiv?

Mönchengladbach · Der 17-Jährige, der tot auf dem Reme-Gelände gefunden wurde, ist heimtückisch von seinem Freund ermordet worden. Davon geht der Staatsanwalt aus. Opfer und Täter waren polizeibekannt. Die über WhatsApp verteilten Leichenbilder hatten an vielen Schulen für Aufruhr gesorgt.

Reme-Mord in Mönchengladbach: Polizei zeigt Tatwaffe
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Der mutmaßliche Mörder schlief noch, als die Polizei am frühen Morgen auftauchte, um ihn in der elterlichen Wohnung festzunehmen. Der 20-jährige Mönchengladbacher soll am 31. Januar einen 17-Jährigen auf dem Reme-Gelände hinterrücks getötet haben. Seit Mittwoch sitzt er in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Mord aus Heimtücke. 30-mal soll der 20-Jährige mit einem Steakmesser auf sein Opfer eingestochen haben. Warum? Die Frage bleibt noch unbeantwortet. Der mutmaßliche Täter und das Opfer waren Freunde. Streit um ein Mädchen, Zoff wegen Schulden - alle Erklärungsversuche seien zurzeit reine Spekulation, sagt Michael Götze, Leiter der Mordkommission "Reme". Es gebe viele Gerüchte, viele Aussagen, aber keine konkreten Hinweise.

Angehörige trauern um toten 17-Jährigen
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Beiden jungen Männer waren auf einem Lebensweg, den die meisten als verpfuscht bezeichnen würden. Beide waren offiziell Berufskollegschüler, gingen aber so gut wie nie zum Unterricht. Beide wurden mit Drogen in Verbindung gebracht, beide galten bei der Polizei als Intensivtäter. Der 20-Jährige war bereits wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Körperverletzung aufgefallen. Zuletzt wurde er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil er eine ältere Dame auf einem Friedhof beraubt und dabei verletzte hatte. Er wurde vorzeitig aus der Haft entlassen. Als er den 17-Jährigen getötet haben soll, war er noch auf Bewährung. Auch das Opfer war polizeibekannt. Seine Straftaten waren allerdings von weniger hartem Kaliber. Außerdem war er als 17-Jähriger schon Vater.

Michael Götze und Staatsanwalt Stefan Lingens schilderten am Mittwoch, was nach den Ermittlungen am 31. Januar geschah: Der 17-Jährige und weitere Freunde hatten sich an diesem Tag zum "Chillen" verabredet. Eigentlich wollte sich die Clique in der Wohnung seiner Eltern treffen.

Polizei-Großeinsatz nach Leichenfund in Mönchengladbach
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Doch aus irgendwelchen Gründen verließen das spätere Opfer und der 20-Jährige vorzeitig das Haus, um zum Reme-Gelände zu gehen. "Die anderen sollen nachkommen", soll der 17-Jährige noch seinen Eltern gesagt haben. Doch die Freunde kamen nicht - aus verschiedenen Gründen.

Der 20-Jährige und sein späteres Opfer waren auf dem Weg zu einem leer stehenden Gebäude auf dem ehemaligen Militärgelände, wo sich die Clique häufiger traf, als der Ältere den Jüngeren plötzlich vorgehen ließ und dann unvermittelt zustach. "Der 17-Jährige war relativ schnell handlungsunfähig, ist zusammengebrochen und innerlich verblutet", berichtet der Staatsanwalt.

In seiner Vernehmung gab der 20-Jährige laut Götze die Tat in Teilen zu. "Mir geht's nicht gut. Ich hab' meinen besten Freund getötet", soll er den Ermittlern unter anderem gesagt haben. Zur Klärung des Motivs sei man nicht mehr gekommen, weil der Anwalt seinem Mandanten zum Schweigen riet.

So sieht es heute auf dem Reme-Gelände aus
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Weil am Tatort DNA-Spuren gefunden wurden, geriet der 20-Jährige relativ schnell in Verdacht. In nur wenigen Metern Entfernung zur Leiche hatten die Polizisten das Messer gefunden, mit dem der 17-Jährige nachweislich getötet wurde. Der Fund der Tatwaffe war zunächst aus ermittlungstaktischen Gründen verschwiegen worden. Das Messer, das Tage später am Ufer des Gladbachs entdeckt wurde, hat nichts mit dem Mord zu tun. Das steht nach den Untersuchungen fest.

Zurzeit sind sich die Ermittler sicher, dass es sich bei dem 20-Jährigen um einen Einzeltäter handelt, "aber am Anfang konnten wir nicht davon ausgehen", sagt Michael Götze. Deshalb sei das zweite, von einem Spaziergänger abgegebene Messer ebenfalls untersucht worden.

Dass wenige Stunden nach der Tat Fotos von der Leiche des 17-Jährigen über den Kurznachrichtendienst WhatsApp verbreitet wurden, hat auch die Ermittler der Mordkommission schockiert. "Wir bekamen zahlreiche Hilfeschreie aus Schulen", berichtet Michael Götze. Lehrer berichteten von verstörten Schülern, denen die Leichenbilder aufs Smartphone übermittelt wurden. Der schulpsychologische Dienst wurde eingeschaltet. Der Leiter der Mordkommission glaubt, dass dessen Hilfe in vielen Fällen auch jetzt noch erforderlich ist. Die Bilder seien unglaublich weit verbreitet worden. "Vieles ist uns sicher gar nicht gemeldet worden", sagt Götze.

In der Mordkommission geht man im Moment nicht davon aus, dass der 20-Jährige die Fotos von seinem Opfer machte. Die seien erst Stunden nach der Tat entstanden, "da war das Blut schon geronnen", berichtet Götze. Immer noch gesucht wird der junge Mann, den Passanten am Tag nach dem Mord in unmittelbarer Tatortnähe wegrennen sahen.

Für Staatsanwalt Lingens ist die Verbreitung der Leichenfotos eine Straftat. Das Recht am eigenen Bild sei nach dem Tod des 17-Jährigen auf dessen Eltern übergegangen. Deshalb wird auch hier weiter ermittelt.

(RP)
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