Mönchengladbach Steckt die Stadt in der Kultur-Krise?

Mönchengladbach · Wie viel Kultur darf eine Stadt sich leisten? Eine Frage, die wohl nie an Aktualität verlieren wird, und mit der sich viele Kommunen des Landes auch gerade wieder auseinandersetzen müssen. Nicht nur Mönchengladbach, auch die Stadt Wuppertal hat angesichts eines Haushaltslochs von fast zwei Milliarden Euro den Kulturtreibenden die Daumenschrauben angelegt. Doch während in der 350 000-Einwohner-Stadt das Schauspielhaus seit 2010 dicht ist, hat unser neues gemeinnütziges GmbH-Theater gerade noch die Kurve gekriegt.

Der Arbeitskreis Kultur der Grünen in Mönchengladbach hatte neben WDR-Journalist Helge Drafz als Moderator auch Charles Petersohn ins Theater im Gründungshaus (TiG) eingeladen, um über den gesellschaftlichen Nutzen von Kultur zu diskutieren. Der Musiker an den Wuppertaler Bühnen kämpft an vorderster Front für den Erhalt des Theaters. Er hat auch an der Dokumentation "Über den Zustand des Nutzlosen" (2010) mitgewirkt. Der Film, der ebenfalls im TiG gezeigt wurde, spiegelt – angelehnt an Anton Tschechows "Kirschgarten" – das eigene Theater-Aus wider. Geschlagen geben wollte sich Petersohn jedoch nicht: "Die Diskussion ist noch nicht beendet. Die Politik hofft auf ein Zeichen der Erlösung. Sie will, aber sie weiß noch nicht wohin", sagte er.

Grund, sich entspannt oder gar schadenfroh zurückzulehnen, hatte jedoch niemand der Zuhörer im TiG. Auch wenn es zumindest für die nächsten drei Jahre für unser Theater "Bühne frei" heißt, droht für die Zentralbibliothek der Vorhang zu fallen – zumindest was einen Neubau angeht. Denn SPD und FDP favorisieren eine Sanierung des 1964 an der Blücherstraße erbauten Gebäudes. Die Grünen hingegen bleiben hartnäckig: "Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um einen Neubau zu realisieren", betonte Hans Schürings (Grüne), Leiter des Arbeitskreises Kultur. Eine Sanierung allein könne das akute Platzproblem nicht lösen.

Also doch ein Grund, Wuppertaler Ängste zu teilen? Der krisener-probte Charles Petersohn ist sich sicher: "Unser Kulturleben steht im Moment an einem Scheideweg. Die Zeiten sind vorbei, zu glauben, dass es andere tun." Um das Theater am Leben zu halten, müssten die Bürger auch eigene Kräfte mobilisieren, also vor allem eins: hingehen. Dieses Problem jedenfalls plagt die Bibliothek nicht: Mit 1 000 Besuchern am Tag zählt sie zu den meist frequentierten Kultureinrichtungen der Stadt, wie Schürings erklärte. Dass Kulturangebote einen essenziellen Bildungs- und auch Integrationsauftrag erfüllen, darüber waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig.

Der Wuppertaler Künstler übte sich derweil in Zuversicht: "Wir steuern auf eine sehr spannende Zeit zu. Das sehe ich mit Neugier." Also ungefähr so wie die Mönchengladbacher.

(chen)
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