Stadtschützenfest in Mönchengladbach Gladbach sucht den Superkönig!

Mönchengladbach · Nach maximal 80 Minuten soll beim Stadtschützenfest der Vogel fallen, damit rechtzeitig gefeiert werden kann.

 Zwischen 60 und 120 Schuss aus dem Kleinkalibergewehr hält der Vogel beim Stadtschützenfest stand.

Zwischen 60 und 120 Schuss aus dem Kleinkalibergewehr hält der Vogel beim Stadtschützenfest stand.

Foto: Isabella Raupold/Raupold, Isabella (ikr)

Geht beim Königsschuss alles mit rechten Dingen zu? Wird geschummelt? Steht gar vor dem Schießen bereits fest, wer am Ende den Vogel von der Stange holt und sich fortan mit „Majestät“ anreden lassen darf? Gladbachs Bruderschaften betonen: „Alles läuft korrekt.“ Zumindest beim Stadtschützenfest (1. und 2. September) gehe nichts hintenrum. Hier seien ausschließlich die Treffer vorne entscheidend. Dabei wissen eingeweihte Schießmeister genau, wie sie den Vogel präparieren müssen, damit er zum „richtigen“ Zeitpunkt fällt.

Säge und Bohrer sind die unverzichtbaren Hilfsmittel für Schießmeister, die zwar „korrekt“ sind, aber nicht ewig Zeit haben, auf den neuen König zu warten. Denn auch beim Vogelschuss zum Stadtschützenfest sind am Fest-Samstag, 1. September, auf dem Kapuzinerplatz gerade mal 60 bis 80 Minuten fürs Schießen vorgesehen. Dann muss der Vogel am Boden liegen, damit die Schützen ihren neuen König nach Terminplan pünktlich hochleben lassen können. Denn das Programm läuft weiter, und am Abend muss Seine Majestät (möglichst mit Frau) festlich gekleidet zum Ball erscheinen. Das heißt: Vogel runter 16 Uhr, Jubel, Herzen, Händedrücken, zwei Bierchen in Ehren – dann per Handy die ersten königlichen Befehle nach Hause schicken: „Dreh die Lockenwickler rein, lass mir Badewasser ein.“ Ab ins Taxi, Küsschen für die Königin, frisch machen, Anzug überziehen, ab zum Majestäten-Ball, der erstmals in der alten Reithalle bei Schaffrath stattfindet. Auftritt dort: 20 Uhr.

Damit das klappt, haben die Schießmeister vorgesorgt: Der Holzvogel stammt aus der Werkstatt des Volksvereins und wurde nach erprobtem Vorbild gefertigt. Ein ehemaliger Bundeskönig lieferte die Vorlage und hinterlegte die Standards für die Klein-Serien-Produktion: Die Volksverein-Schützen-Vögel sind stabil, haben die richtigen Proportionen, dazu noch Krönchen, Reichsapfel und Zepter und halten (je nach Zielgenauigkeit der Schützen) zwischen 60 und 120 Schuss aus dem Kleinkalibergewehr stand. Dann purzeln sie zu Boden.

Das klappt meistens, aber nicht immer. In den Vorjahren hielt der Holzvogel auch schon mal bis zu 300 Treffern stand. Das brachte den ganzen Terminplan durcheinander. Diesmal soll alles nach Plan verlaufen und der Königsadler vorsorglich präpariert werden.

Wenn nämlich die Königskandidaten nicht vogelschusserfahren sind, muss der Vogel vorsorglich angebohrt und angesägt werden, damit ihn selbst Fehlschüsse erschüttern können. Ansonsten gilt die Grundregel für alle Kandidaten: „Auf den Balg halten.“ Gemeint ist das starke Mittelstück mit der tragenden Schraube, deren Umfeld rundum perforiert werden muss, damit der Vogel jeglichen Halt verliert und kopfüber zu Boden stürzt.

Steht mancherorts der König schon vor dem Schießen fest, weil sich Vorstand und Majestät in spe darauf verständigt haben, ist beim Stadtschützenfest alles offen. Bei bis zu 39 Königskandidaten (alle schon Majestät der eigenen Bruderschaft und im Schießen erfahren), lässt sich kaum schummeln. Warum auch? Schließlich suchen die Bruderschaften unter ihren Majestäten in Stadt und Land den „König der Könige“. Bezirksbundesmeister Horst Thoren: „Unser Bezirkskönigsschießen lebt vom spannenden Wettbewerb. Hätten wir nur einen ,ausgesuchten’ Kandidaten, wo bliebe da der Reiz?“

Sachkundige Aufsicht gibt es zuhauf: Da sind die Könige selbst, da stehen die Präsidenten der Bruderschaften und Vereine mit wachem Auge dabei, da ist das Publikum zum Zuschauen eingeladen. Den besten Durchblick hat am Samstag, 15 Uhr, aber Schieß-Experte Kurt Schillings, der mit seinem Präzisionsfernrohr den Vogel beobachtet und den Schützen Tipps geben kann und darf. Schützenchef Horst Thoren betont allerdings: „Ohne Gewähr. Kein Schütze kann sich später darauf berufen.“ Trotzdem hat der Bruderrat mit Bezirksschießmeister Stefan Feiks und seinem Team gleich vier sachkundige Berater und Beobachter abgestellt. Der Bruderrat betont: Der Vogelschuss ist Teil des historischen Königsspiels und letztlich Glückssache.

„Aber kein Spiel für Glücksritter“, sagt Bezirkspräses Pfarrer Johannes van der Vorst. Denn der König hat Pflichten, nicht nur beim Stadtschützenfest, wo er am Fest-Sonntag, 2. September, 13.45 Uhr, im Münster gekrönt und anschließend in der Kutsche durch die Stadt gefahren und bei der Parade (16.15 Uhr) am Alten Markt von 2500 Schützen und Musikanten gefeiert wird. Denn die Würde und Bürde des Amtes (plus prächtiger Drei-Königs-Kette) trägt er ein ganzes Jahr – bis zum nächsten Vogelschuss 2018, wenn Bruderratsfreund Frank Jöris wieder Buch führt über die neuen Königskandidaten.

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