Stadtschützenfest 2024 in Mönchengladbach Gladbach sucht den Superkönig

Mönchengladbach · In nur einer Woche geht es beim Gladbacher Stadtschützenfest wieder darum, den neuen Bezirkskönig zu ermitteln und zu krönen. Wie der Vogelschuss genau abläuft und ob eigentlich bereits vorher klar ist, wer gewinnt.

Schoss im letzten Jahr den Vogel beim Stadtschützenfest ab: Bezirkskönig Michael Serricchio (2.v.r.) mit seinen Ministern Oliver Klomp (r.), Dirk Velten (2.v.l.) und Bezirksbundesmeister Horst Thoren (l.).

Foto: Markus Rick (rick)

Geht beim Königsschuss alles mit rechten Dingen zu? Steht gar vor dem Schießen bereits fest, wer am Ende den Vogel von der Stange holt und sich fortan mit „Majestät“ anreden lassen darf? Gladbachs Bruderschaften betonen: „Alles korrekt.“ Zumindest beim Stadtschützenfest, das am 7. und 8. September stattfindet, gehe nichts hintenrum. Hier seien ausschließlich die Treffer vorne entscheidend. Dabei wissen eingeweihte Schießmeister genau, wie sie den Vogel präparieren müssen, damit er zum „richtigen" Zeitpunkt fällt.

Säge und Bohrer sind die unverzichtbaren Hilfsmittel für Schießmeister, die zwar „korrekt“ agieren, aber auch nicht ewig Zeit haben, auf den neuen König oder die neue Königin zu warten. Denn auch beim Vogelschuss zum Stadtschützenfest sind am Fest-Samstag, 7. September, auf dem Alten Markt gerade mal 60 bis 80 Minuten fürs Schießen vorgesehen. Dann muss der Vogel am Boden liegen, damit die Schützen ihre neue Majestät nach Terminplan pünktlich hochleben lassen können.

Denn das Programm läuft weiter, und am Abend muss Seine oder Ihre Majestät – möglichst mit Begleitung – schon wieder festlich gekleidet zum Ball in der Kaiser-Friedrich-Halle (KFH) erscheinen. Das heißt: Vogel runter um 16 Uhr, Jubel, Herzen, Händedrücken, zwei Bierchen in Ehren – und dann per Handy die ersten königlichen Befehle nach Hause schicken: „Mach dich schön. Wir sind König!“ – ab ins Taxi nach Hause, Küsschen, frisch machen, festliche Robe überziehen, zur KFH, Auftritt dort um 20 Uhr.

Damit das klappt, haben die Schießmeister vorgesorgt: Der adlerförmige Vogel aus Fichtenholz mit 50 Zentimeter Spannweite stammt aus der Werkstatt des Volksvereins gegen Arbeitslosigkeit und wurde nach erprobtem Vorbild gefertigt. Ein ehemaliger Bundeskönig liefert die Vorlage und hinterlegte die Standards für die Klein-Serien-Produktion: Die Volksverein-Schützen-Vögel sind stabil und formschön, haben die richtigen Proportionen, dazu ein Krönchen, Reichsapfel und Zepter und halten (je nach Zielgenauigkeit der Schützen) zwischen 60 und 120 Schuss aus dem Kleinkalibergewehr stand. Dann purzeln sie zu Boden. Das klappt meistens, aber nicht immer. Es waren auch schon mal 300 Treffer nötig, bis der Vogel endlich fiel. Das brachte den ganzen Terminplan durcheinander.

Diesmal soll deshalb alles nach Plan verlaufen und der Königsadler präpariert werden. Wenn nämlich die Königskandidaten nicht vogelschusserfahren sind, muss der Vogel angebohrt und angesägt sein, damit ihn selbst Fehlschüsse erschüttern können. Ansonsten gilt die Grundregel für alle Kandidaten: „Auf den Balg halten." Gemeint ist das starke Mittelstück mit der tragenden Schraube (Mutter mit spitzem Aufsatz), deren Umfeld rundum perforiert werden muss, damit der Vogel jeglichen Halt verliert und kopfüber zu Boden stürzt.

Steht mancherorts der König schon vor dem Schießen fest, weil sich Vorstand und Majestät in spe darauf verständigt haben, ist beim Stadtschützenfest alles offen. Bei bis zu 37 Königskandidaten, die alle schon in ihrer Bruderschaft König gewesen und im Schießen erfahren sind, lässt sich kaum schummeln. Der Bruderrat freut sich über viele Bewerber, unter denen dann der „König der Könige“ gesucht wird. Bezirksbundesmeister und stellvertretender Chefredakteur der Rheinischen Post, Horst Thoren, sagt: „Unser Bezirkskönigsschießen lebt vom spannenden Wettbewerb. Hätten wir nur einen ‚ausgesuchten‘ Kandidaten, wo bliebe da der Reiz? Wir sind froh, dass meist ein Dutzend Könige und Königinnen antreten.“

Sachkundige Aufsicht gibt es zuhauf: Da sind die Könige selbst, da stehen die Präsidenten der Bruderschaften und Vereine mit wachem Auge dabei, da ist das Publikum zum Zuschauen eingeladen. Den besten Durchblick hat am Samstag um 15 Uhr aber Schieß-Experte Kurt Schillings, der mit seinem Präzisionsfernrohr den Vogel beobachtet und den Schützen Tipps geben kann und darf. Schützenchef Horst Thoren betont allerdings: „Ohne Gewähr. Kein Schütze kann sich später darauf berufen.“ Trotzdem hat der Bruderrat mit Bezirksschießmeister Tom Jungbluth und seinem Team gleich vier sachkundige Berater und Beobachter abgestellt. Der Bruderrat betont, der Vogelschuss sei Teil des historischen Königsspiels und letztlich Glückssache.

„Aber kein Spiel für Glücksritter", sagt Bezirkspräses Pfarrer Johannes van der Vorst. Denn die Majestät hat Pflichten, nicht nur beim Stadtschützenfest, wo sie am Fest-Sonntag, 8. September, um 13.45 Uhr im Münster gekrönt und anschließend in der Kutsche durch die Stadt gefahren und bei der Fest-Parade (16.15 Uhr) am Alten Markt von 2500 Schützen und Musikanten gefeiert wird. Denn die Würde und Bürde des Amtes (plus prächtiger Drei-Königs-Kette) trägt er ein ganzes Jahr – bis zum nächsten Vogelschuss 2025, wenn Bruderratsfreund Marcel Sturm wieder Buch führt über die neuen Königskandidaten.

(ckoe)