In der Weihnachtsbäckerei von Helge Kleifeld Hier backt der oberste Stadtarchivar

Mönchengladbach · „Highway to Hell“ von AC/DC zum Heidesand, „The Number Of The Beast“ von Iron Maiden zu den Butterplätzchen. Der Marmorkuchen gelingt natürlich am besten zu „Breaking the Law“ von Judas Priest, da kann man ruhig mal alle Backvorschriften über Bord werfen.

 Die Plätzchen für die Weihnachtsfeier im Stadtarchiv sind fertig. Im Hintergrund hängen Fotos von Helge Kleifelds Motorradreisen.

Die Plätzchen für die Weihnachtsfeier im Stadtarchiv sind fertig. Im Hintergrund hängen Fotos von Helge Kleifelds Motorradreisen.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

In der Weihnachtsbäckerei von Helge Kleifeld läuft Heavy Metal. „Hells Bells“ statt „Süßer die Glocken nie klingen“. Beim Backen wird der harte Kerl, der harte Musik und schwere Motorräder liebt, dennoch ganz weich. Denn diese Fähigkeit wurde dem Leiter des Stadtarchivs quasi in die Wiege gelegt: „Meine Mutter ist Tochter eines Konditors aus Breslau.“ Im Backen spiegelt sich also auch die Geschichte seiner Familie wider.

Die Großeltern waren im Krieg von Breslau nach Polen ausgewandert, lebten in den von Deutschen besetzten Gebieten, wo der Großvater sein Geld als Konditor verdiente. Torten, Kuchen, Plätzchen waren sein Handwerk. Bis er im Zweiten Weltkrieg eingezogen wurde und in russische Kriegsgefangenschaft kam. Die Großmutter floh alleine mit den drei Kindern nach Ostfriesland. „Da lebten sie unter schwierigen Bedingungen, weil sie aber evangelisch waren, hatten sie es leichter als andere Geflüchtete“, sagt Kleifeld. Der Großvater, der Konditor, kehrte zwar 1950 aus der Gefangenschaft zurück, starb aber nur 21 Monate später. Das Arbeitslager in Magnitogorsk hatte tödliche Spuren in seinem Körper hinterlassen. Kleifelds Mutter hatte ihren Vater nur diese kurze Zeit kennengelernt.

 Rühren für den Marmorkuchen: Helge Kleifeld backt in seiner Küche im Gründerzeitviertel für die Weihnachtsfeier.

Rühren für den Marmorkuchen: Helge Kleifeld backt in seiner Küche im Gründerzeitviertel für die Weihnachtsfeier.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Was aber blieb, waren seine Plätzchen-Rezepte. „Schon als Kinder liebten wir es, vom Teig zu naschen“, sagt Kleifeld und räumt ein: Das sei der Haupt-Antrieb gewesen, das Backen selbst zu lernen. Heidesand und Butterplätzchen, den Teig mindestens zwölf Stunden ruhen lassen, bevor er in den Ofen kommt – für Kleifeld gehört das zur Vorweihnachtszeit. Diesmal ging der größte Teil an sein Team vom Stadtarchiv. Erst im Februar dieses Jahres hat der 47-Jährige die Leitung übernommen. Zuvor hatte der doppelt promovierte Wissenschaftler unter anderem im Staatsarchiv Münster, im Historischen Archiv Krupp, beim Institut für Zeitgeschichte in München und bei der Gesellschaft zur Sicherung von schriftlichen Kulturgut gearbeitet.

In Mönchengladbach ist er längst angekommen, auch weil es die Stadt seines Vereins ist, der Borussia. Versteht sich von selbst, dass auch die Raute in seinen Backwerken nicht fehlen darf. Von zwei Marmorkuchen, die in seiner Wohnung im Gründerzeitviertel im Ofen landeten, hat einer die Form des Borussen-Logos.

Backen und Heavy Metal sind nur zwei seiner Leidenschaften. Eine weitere sind weite Reisen mit dem Motorrad in Länder, die nicht unbedingt als touristische Hotspots gelten. Der Balkan zum Beispiel, Island, die Faröer oder die östlichsten Teile Europas. Nächstes Jahr soll es wieder auf Tour gehen. Die Route steht noch nicht im Detail. Fest steht aber: Es wird ein Kontrastprogramm zur Arbeit eines Archivars. Denisa Richters

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