Mönchengladbach Stadt will Radwegenetz ausbauen

Mönchengladbach · Bis zum Jahr 2025 möchte die Verwaltung den Anteil des Fahrradverkehrs in Mönchengladbach mindestens verdoppeln. Fertige Konzepte liegen in der Schublade, sagt Verkehrsdezernent Andreas Wurff. Streit um den Verkehrsentwicklungsplan verhindert bisher, dass etwas passiert.

Die "Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte" (AGFS) hat in der vergangenen Woche das 64. Mitglied aufgenommen. Der Landrat des Kreises Düren, Vertreter aus Politik und Verwaltung strahlten um die Wette, als man Presse und Öffentlichkeit stolz das neue Zertifikat präsentierte. Düren ist nun besonders fahrradfreundlich.

Mönchengladbach ist davon gefühlt Lichtjahre entfernt. Wer durch die Stadt radelt, stößt an vielen Stellen auf Radwege, die unverhofft im Nichts enden. Ein zusammenhängendes Verkehrsnetz für Fahrradfahrer existiert schlichtweg nicht. Dem Stadtverbandschef des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Bernhard Cremer, stößt das bitter auf. "Was den Fahrradverkehr angeht, läuft die Stadt wie ein Blinder am Stock", bemüht er einen harschen Vergleich. Die Auto-Lobby sei in Gladbach zu stark, Radfahrer würden oftmals als "Touristen" angesehen. "Wir müssen mehr Bewusstsein für das Fahrrad als alternatives Verkehrsmittel schaffen", ist Cremer überzeugt.

Nur sieben Prozent Radverkehr

Das weiß auch Mönchengladbachs Verkehrsdezernent Andreas Wurff. Erhebungen hätten gezeigt, dass "die Bürger mehr Fahrradwege wollen". Die Auswahl des Verkehrsmittels erfolge "wesentlich differenzierter als früher". Der so genannte "Modal Split", die statistische Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel, beschreibt für Gladbach folgende Ist-Situation: 59 Prozent der Bewohner nutzen motorisierte Fahrzeuge, 18 Prozent sind zu Fuß unterwegs, 16 Prozent nutzen den Nahverkehr, sieben Prozent das Fahrrad. Geht es nach der Verwaltung, soll sich das bis zum Jahr 2025 fundamental ändern: Der Anteil des Fahrradverkehrs soll auf 20 Prozent steigen, mindestens verdoppelt werden. Man möchte neue Radwege bauen, Lücken im "rudimentären Netz" (Wurff) schließen, Unterstellplätze für Räder schaffen. "Das ist die einzige Chance, die Straßen vom Verkehr zu entlasten", sagt der Dezernent. So würde nicht nur die Attraktivität für Radfahrer gesteigert, sondern auch für Autofahrer. Weiterer Vorteil: Die Belastungen der Bürger durch Feinstaub und Lärm sinken.

Doch die Verwaltung hat ein Problem: die Ampel. Seit Jahren streiten die Koalitionäre über den Verkehrsentwicklungsplan (VEP) für Mönchengladbach. Das Papier enthält politischen Sprengstoff sondergleichen, wann es verabschiedet wird, steht in den Sternen. Vor allem die Forderung der Grünen nach mehr Tempo-30-Zonen – in denen keine zusätzlichen Radwege nötig sind – lehnen FDP und SPD ab. Wenngleich beide Parteien die Notwendigkeit, bessere Angebote für Radfahrer zu schaffen, nicht von der Hand weisen. "Alles steht und fällt mit der Verabschiedung des VEP. Die Meinungen gehen auseinander, aber es muss eine Lösung geben", sagt dann auch der Chef der Grünenfraktion im Rat, Karl Sasserath. Mönchengladbach müsse das "Image der autofreundlichen Stadt ablegen und zu mehr Umweltfreundlichkeit kommen".

Dass dringend Handlungsbedarf besteht, ist auch an steigenden Verkaufszahlen abzulesen. Experten rechnen damit, dass Elektro-Räder (E-Bikes) oder so genannte Pedelecs schon bald zum Massen-Verkehrsmittel avancieren. Letztere erreichen 25 km/h und dürfen ohne Helm auf Radwegen gefahren werden. Sie sind interessant für Geschäftsleute, die nicht verschwitzt zu Terminen kommen wollen – aber auch für ältere Menschen, deren Anteil an der Bevölkerung durch den demografischen Wandel steigt.

Unterm Strich bleibt also viel zu tun für Politik und Verwaltung. Dass Mönchengladbach alsbald in der "Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte" auftaucht, ist unwahrscheinlich. Nach Angaben der AGFS hat sich die Vitusstadt seit der Gründung des Vereins im Jahr 1993 nicht um eine Aufnahme bemüht. Das sei schade, sagt eine Sprecherin. Zumal fast alle anderen Großstädte in NRW dabei sind. Bewerber müssen unter anderem ein "fahrradfreundliches Gesamtkonzept" vorlegen und "kommunalpolitisch deutliche Prioritäten für den Radverkehr setzen". Das klingt schon mal nach schlechten Voraussetzungen – und erst der teure Mitgliedsbeitrag: 2500 Euro. Im Jahr.

(RP)
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