Mönchengladbach Stadt hält an Flüchtlingsbaracken fest

Mönchengladbach · In Wuppertal werden alle Asylsuchenden in Wohnungen untergebracht. Der niedersächsische Innenminister fordert Neubauten in Schnellbauweise. In Gladbach hingegen leben Flüchtlinge in Baracken, im TiN, im Aldi und in Turnhallen.

Wohnlich sind auch die Bretterverschläge im ehemaligen Aldi an der Aachener Straße nicht.

Wohnlich sind auch die Bretterverschläge im ehemaligen Aldi an der Aachener Straße nicht.

Foto: Raupold, Ilgner

Wenn regionale oder überregionale Medien ein Negativbeispiel in Sachen Flüchtlingsunterbringung suchen, finden sie es in Mönchengladbach - gleich mehrfach. In den Baracken Bockersend, Luisental und Hardter Straße gibt es für Fotografen und Filmleute ausreichende abschreckende Motive - marode Wände und Dächer, widerwärtige sanitäre Anlagen, Enge, Muff und Elend. Edmund Erlemann, ehemaliger Regionaldekan und Mitbegründer des Volksvereins, wird seit vielen Jahren nicht müde, die Politiker aufzufordern, sich der Verantwortung nicht zu entziehen, hinzusehen und zu handeln.

Er gehört mit seinem Volksverein zum Netzwerk "Willkommen für Flüchtlinge in Mönchengladbach". Das Bündnis, dem auch der ökumenische Arbeitskreis Asyl der Pfarre St. Vitus, der Arbeitskreis für Asylfragen Rheindahlen, die Falken, das Friedensforum, der Sozialdienst Katholischer Männer, der Flüchtlingsrat, der Asta der Hochschule und der Verein Kulturkram angeschlossen sind, hatte im vergangenen Jahr einen Appell an Politik und Verwaltung gerichtet. Dieser verweist auf die menschenunwürdigen und lebensbedrohlichen Zustände in den Unterkünften - getan hat sich nichts. Die Baracken sind restlos belegt.

In Wuppertal sorgt Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) dafür, dass alle ankommenden Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht werden. Kein Asylsuchender muss in Turnhallen, Zelten oder Containern ausharren. Wuppertal gilt deshalb als bundesweites Vorbild. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat eine Änderung des Baurechts für Asyl-Einrichtungen gefordert, um Neubauten zu beschleunigen. Er schlägt vor, Gebäude in der Art von Aldi und Lidl zu errichten, die ihre Hallen innerhalb kürzester Zeit bauen. "Warum sollen wir deren langjährig erprobte Verfahren nicht auf die Flüchtlingsunterkünfte anwenden?", fragt er.

Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners hat sich speziell zu den drei Baracken Luisental, Bockersend und Hardter Straße geäußert. "Natürlich kenne ich die schwierigen Verhältnisse in einigen der Unterkünfte aus eigener Anschauung. Manche würde ich am liebsten morgen abreißen lassen. Dafür bräuchten wir aber nicht nur Geld, sondern vor allem auch Zeit. Die haben wir nicht."

Solange man der Stadt - wie diese Woche geschehen - innerhalb weniger Stunden so viele Menschen zuweise, wie in eine komplette Einrichtung passen würden, werde man weiter mit Notunterkünften arbeiten müssen. "Aus diesem Teufelskreis kommen wir - wie alle anderen Kommunen in Nordrhein-Westfalen auch - seit Monaten nicht heraus."

Wegen solcher Äußerungen wirft Grünen-Chef Karl Sasserath dem Oberbürgermeister Polemik vor. "Es kann der Eindruck entstehen, der Oberbürgermeister mache die Bezirksregierung Düsseldorf als Teil der Landesregierung für die Unterbringungsprobleme der Stadtverwaltung bei neuankommenden Flüchtlingen verantwortlich", sagt er. Er bezweifelt, dass die städtischen Wohnungsgesellschaften keinen entsprechenden Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung stellen können. "Bei GWSG, Kreisbau und EWMG fände sich bei intensiver persönlicher Suche mit Sicherheit die eine oder andere Immobilie, die zur menschenwürdigen Unterbringung von Flüchtlingen hergerichtet werden kann", meint Karl Sasserath.

Dem widerspricht Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners: "Stand letzte Woche gab es in Mönchengladbach rund 2000 Plätze für Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Ziemlich genau die Hälfte dieser Plätze wurde in Wohnungen vorgehalten, darunter viele aus dem Bestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Allerdings verfügen beide Gesellschaften nur über Bestände in überschaubarem Umfang, und bei beiden sind die Leerstände verschwindend gering. Ich habe überhaupt keinen Grund, an der Aussage der Geschäftsführungen und der Aufsichtsratsmitglieder zu zweifeln, dass sie bei der Bereitstellung von Wohnraum für Flüchtlinge das Menschenmögliche tun." Im Übrigen verweist der Oberbürgermeister auf die neuen modernen Wohncontainer, die die Stadt am Fleener Weg und im Luisental hat aufstellen lassen.

(RP)
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