Mönchengladbach Sportvereinen droht der Energiekollaps

Mönchengladbach · Viele Vereine müssen die Mitgliedsbeiträge erhöhen. Der Grund: Die stetig steigenden Energiekosten werden zu einem großen Problem. Zahlreiche Klubs wissen nicht mehr, wie sie die Kostenspirale aufhalten können.

 Der 88-jährige Ernst Lehwald führt seit 27 Jahren den Verein TuS Jahn. Es gibt eine Situation, die er noch nicht erlebt hat: Die Energiekosten sind so hoch, dass sie die Mitgliedsbeiträge "auffressen". Spielräume gebe es kein, sagt er.

Der 88-jährige Ernst Lehwald führt seit 27 Jahren den Verein TuS Jahn. Es gibt eine Situation, die er noch nicht erlebt hat: Die Energiekosten sind so hoch, dass sie die Mitgliedsbeiträge "auffressen". Spielräume gebe es kein, sagt er.

Foto: Reichartz

Ernst Lehwald ist 88 Jahre alt. Seit 27 Jahren ist er Vorsitzender des TuS Jahn 1893, dem großen Sportverein am Volksgarten. Damals, in den achtziger Jahren, als Lehwald seinen Posten antrat, gab es das Thema Energiekosten nicht. Heute ist das anders. Lehwald und sein Verein leiden wie viele andere Gladbacher Sportklubs, die über eigene Platzanlagen verfügen, unter den immer weiter steigenen Energiekosten.

"Es interessierte sich kein Mensch für Stromkosten, so niedrig waren die", sagt Lehwald. Nun, in Zeiten der Energiewende und schwerfällig lautender Gesetze wie das "Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien" überweist der Vorsitzende in diesem Jahr 12 500 Euro für Heizöl. Dazu kommen 6500 Euro an Strom. "Damit ist der Mitgliedsbeitrag eines Jahres bereits aufgebraucht", erklärt der 88-Jährige. Wenn der Verein seine Hallen, die mit ihren dünnen Außenwänden wahre Verbrauchsmonster sind, nicht vermieten würde, wäre er pleite.

Ähnlich wie dem TuS Jahn geht es auch anderen Klubs in der Stadt. Schatzmeister Burkhard Ungricht vom Gladbacher HTC rechnet in diesem Jahr mit Energiekosten von insgesamt 60 000 Euro. Im Vergleich zu 2011 ist das zwar "nur" eine Steigerung von 5000 Euro, aber: "Wir haben in den vergangenen Jahren viele Energiesparmaßnahmen umgesetzt — und trotzdem steigen die Kosten weiter", sagt Ungricht. So sei die Warmwasseraufbereitung inzwischen solarbetrieben, es gebe Zeitschaltuhren und Bewegungsmelder. "Ohne diese Maßnahmen lägen wir längst bei 70 000 Euro", schätzt der Funktionär. Henrik Schmidt, der Vorsitzende des GHTC, befürchtet langristig steigende Mitgliedsbeiträge. "Die Energiekosten machen inzwischen den größten Teil unseres Etats aus", sagt er. "Natürlich versuchen wir, die Kosten zu reduzieren. Irgendwann geht das aber auch nicht mehr."

Auch beim TV 1848, dem größten Amateursportverein der Stadt, steigen die Kosten ungebremst. Der Vorsitzende, Michael Seifert, erwägt den Einbau einer neuen Heizungsanlage — obwohl die bestehende eigentlich noch lange nicht erneuerungsbedürftig ist.

Bei der Stadt ist man sich der prekären Lage der Vereine bewusst. Weswegen es in Gladbach einen Betriebskostenzuschuss für Klubs mit eigenen Anlagen gibt. So bekommt der TuS Jahn 6000 Euro im Jahr, der GHTC freut sich über 8000 Euro. Tendenz jedoch sinkend. "Wir haben insgesamt 57 000 Euro an die Vereine ausgeschüttet", sagt Sportamtsleiter Harald Weuthen. Im Vorjahr waren das noch 80 000 Euro, im Zuge des Haushaltssicherungsplans wurde bei den Subventionen gekürzt. "Das sind freiwillige Ausgaben der Stadt", betont Weuthen — Geld, das trotz der prekären Haushaltslage an die Vereine geht. "Dafür sind wir sehr dankbar", betont Ernst Lehwald.

"Die Energiewende hat ihren Preis — für uns alle", heißt es von Seiten des Energieversorgers NEW dazu. Den Betreiber wechseln wollen die Klubs jedoch nicht. "Die NEW sponsort ja viele Vereine in der Umgebung", sagt GHTC-Schatzmeister Ungrichts. Und so möchte man es sich nicht mit dem Geldgeber verscherzen. Einen kleinen Teilerfolg hat Ernst Lehwald jedoch erreicht. Er schrieb einen Brief an die NEW mit der Bitte um eine Kostenreduzierung. Kurz darauf meldete sich der Energieversorger telefonisch. Man habe seinen Vertrag geprüft, hieß es, und den TuS Jahn in einen billigeren Tarif eingestuft. 300 Euro spart der Verein jetzt pro Jahr ein. Immerhin.

(RP)
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