Mönchengladbach Sportvereine ignorieren Kindergärten

Mönchengladbach · Wenig Angebote in Kitas, mangelhafte Kooperation mit Krankenkassen, kein Interesse an der Zusammenarbeit mit Fitnessstudios. Dies ergab eine Befragung des Stadtsportbundes bei Vereinen. Die "Agenda 2020" will dies ändern.

 Damit Kindern auch weiterhin ein attraktives Sportangebot gemacht werden kann, erarbeitet der Stadtsportbund die "Agenda 2020": Die Regie haben (v.l.) Bert Gerkens, Wolfgang Rombey und Stefan Lamertz.

Damit Kindern auch weiterhin ein attraktives Sportangebot gemacht werden kann, erarbeitet der Stadtsportbund die "Agenda 2020": Die Regie haben (v.l.) Bert Gerkens, Wolfgang Rombey und Stefan Lamertz.

Foto: Raupold/Wiechmann/KN

Stefan Lamertz ist beim Stadtsportbund (SSB) für die Sportentwicklung zuständig. Er berät Vereine, die sich neu aufstellen, sich Trendsportarten zuwenden und Entwicklungskonzepte erarbeiten. Aber er erhält häufig Anrufe, die diesen oder ähnlichen Wortlaut haben: "Wir wollen uns aus dem Gesamtverein lösen, weil wir mit dem Vorstand nicht klar kommen. Wir gründen einen eigenen Klub und brauchen Hilfe." In diesem Fall winkt Lamertz ab. "Ich habe mehrfach abgesagt. Diese Leute berate ich nicht mehr", sagte Lamertz, als er gestern mit SSB-Vizepräsident Wolfgang Rombey erste Ergebnisse der "Agenda 2020" vorstellte. Denn ein Resultat dieser Arbeitsgruppe ist: In Gladbach werden viele kleine Vereine nicht überleben können. Zersplitterung ist nicht das Gebot der Stunde, sondern Konzentration. Auch Kooperationsmodelle müssen Vereine häufiger anstreben.

 Damit Kindern auch weiterhin ein attraktives Sportangebot gemacht werden kann, erarbeitet der Stadtsportbund die "Agenda 2020": Die Regie haben Bert Gerkens...

Damit Kindern auch weiterhin ein attraktives Sportangebot gemacht werden kann, erarbeitet der Stadtsportbund die "Agenda 2020": Die Regie haben Bert Gerkens...

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

Die "Agenda 2020" soll sie zukunftsfit machen. Das ist notwendig: Die Stadt ist zwar im Aufbruch und hat einige finanzielle Spielräume mehr. Aber nach wie vor muss sie fast 1,3 Milliarden Euro Schulden schultern. Die Teilnahme am Stärkungspakt des Landes, durch den sich die Stadt entschulden will, zwängt sie in ein enges finanzielles Korsett. Heute redet man von der Aufgabe von Sportstätten und von Gebühren für deren Nutzung.

 ...Stefan Lamertz...

...Stefan Lamertz...

Foto: Raupold/Wiechmann/KN

Der SSB hat seine "Agenda 2020" mit einer Online-Befragung vorbereitet. Von den 205 Sportvereinen in der Stadt haben sich 25 Prozent beteiligt - das ist für eine Umfrage ein guter Wert, die Ergebnisse sind repräsentativ. Für den SSB ist die Auswertung für das Binnenverhältnis zwischen Klubs und Interessenvertretung wichtig: Er weiß jetzt, welche zusätzliche Angebote die Vereine wünschen, damit sie ihre Arbeit verbessern können. Bei der Ausbildung von Übungsleitern, bei der Öffentlichkeitsarbeit, der Vereinsfinanzierung. "Hier können wir ansetzen, um gezielt Hilfestellung zu geben", sagt SSB-Vize Rombey.

 ... und Wolfgang Rombey.

... und Wolfgang Rombey.

Foto: Raupold/Wiechmann/KN

Aber der Verband erhielt auch Zusatzinformationen, die kurz- und mittelfristig problematisch werden können. Etwa die Tatsache, dass die Spitzen der Klubs teilweise überaltert sind, dass den Vorständen der Führungsnachwuchs fehlt und fast 60 Prozent der Vorsitzenden und Geschäftsführer diese Tätigkeit schon länger als zehn Jahre ausüben. Nur 11 Prozent der Klubs verfügen über ein strategisches Konzept, wie der Verein entwickelt werden kann, sogar 25 Prozent halten es gar nicht für erforderlich.

Einige Aussagen sind sogar alarmierend, wenn es darum geht, neue Mitglieder zu finden und vorhandene zu binden: Die Hälfte der Vereine, die auf die Befragung reagierten, lehnt eine Kooperation mit Kindergärten ab. 59 Prozent wollen nicht mit Krankenkassen zusammenarbeiten, 80 Prozent nicht mit Fitnessstudios. Bislang kooperieren erst 45 Prozent der Vereine mit Schulen, auch die Zusammenarbeit untereinander (36 %) ist ausbaufähig. "Diese Ergebnisse haben uns überrascht", sagt Rombey und macht deutlich, dass er bessere Werte erwartet hatte.

Der SSB setzt an diesen Punkten an: Er will die Sportangebote in den Ogatas verbessern und strebt einen Vertrag mit der Stadt an. Über diesen will er Übungsleiter fortbilden und neue Angebote schaffen. Auch ein Sport-Konzept, das Stadt und SSB entwickeln, könnte Ziel sein. Rombey: "Uns schwebt ein gemeinsames Zentrum vor, in dem städtische Sportverwaltung, SSB und die Geschäftsstellen mehrerer Vereine sitzen. Dann sind die Wege kurz."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort