Leichtathletik Zwei Gladbacher trotzen Schlamm und Kälte

Extremsport · Beim "BraveheartBattle" in Münnerstadt warten 28 Kilometer voller Entbehrungen. Jürgen Behl und Marcel Kauven haben's geschafft.

 Glückliche Finisher: Jürgen Behl und Marcel Kauven haben bei der Braveheart-Battle nach 28 Kilometern das Ziel erreicht.

Glückliche Finisher: Jürgen Behl und Marcel Kauven haben bei der Braveheart-Battle nach 28 Kilometern das Ziel erreicht.

Foto: Christian Heinrich

Als alle Qualen durchgestanden waren, da sehnte sich Marcel Kauven nach dem ganz gewöhnlichen Luxus des normalen Lebens. "Ich freue mich auf eine heiße Badewanne", gestand der 24-jährige Mönchengladbacher. Die hatte er auch dringend nötig. Nach seinem Start bei der so genannten "BraveheartBattle" im unterfränkischen Münnerstadt sah der Student für internationales Marketing aus wie eine Wühlmaus nach einem harten Arbeitstag. 28 Kilometer hetzte Kauven durch die frühlingshafte Vorrhön, robbte durch knietiefen, Schlamm, durchschwamm einen eiskalten See und ging sprichwörtlich durchs Feuer, nur um sich am Ende selbst einzugestehen, etwas ganz Besonderes in seinem Leben geleistet zu haben: "Wenn du die Herausforderung suchst, musst du hier teilnehmen."

 Schlammschlacht: Ohne gegenseitige Unterstützung geht es bei der BraveheartBalle kaum voran.

Schlammschlacht: Ohne gegenseitige Unterstützung geht es bei der BraveheartBalle kaum voran.

Foto: Heinrich

Das große Abenteuer suchen in unserer Gesellschaft heutzutage viele, egal ob sie nun die Zugspitze hinauf rennen, nach Santiago de Campostela pilgern oder durch die Wüste laufen. So war es auch nicht verwunderlich, dass über 2800 Extrem-Sportler aus aller Welt nach Münnerstadt gekommen waren, um den "härtesten Lauf Europas" zu bestehen, zu dem ihn das Läufer-Fachorgan "Runners World" gekürt hatte.

 Im so genannten Loch Ness bekommen die wagemutigen Teilnehmer eine von zahlreichen Abkühlungen.

Im so genannten Loch Ness bekommen die wagemutigen Teilnehmer eine von zahlreichen Abkühlungen.

Foto: Christian Heinrich

Natürlich lebt ein solcher Wettkampf auch von dem Mythos, der bewusst um ihn gewoben wird, um ihn in der Szene unwiderstehlich zu machen. "Wenn du durch die Hölle gehst, dann bleib nicht stehen", zitiert der Veranstalter Winston Churchill auf seiner Webseite. Das klingt ein bisschen nach Navy Seals und KSK, wovon jeder nach einem zünftigen Action-Kracher gerne mal auf der Wohnzimmercouch zu träumen beginnt, bevor seine Hand am Ende doch wieder in der Chips-Tüte verschwindet.

Für einen, der durch die Hölle gegangen ist, sah Kauven sogar noch recht frisch gebügelt aus. Auch sein Kompagnon, Jürgen Behl, macht einen stattlichen Eindruck, obwohl ihm die vierstündige Tortour mit Schlamm und Dreck ins Gesicht geschrieben stand. Höllenqualen musste der 49-jährige Schreiner aus Mönchengladbach jedoch keine erleiden, genauso wenig die meisten Frauen und Männer, von denen nur drei Prozent nicht ins Ziel kamen. Denn die BravehartBattle definiert sich nicht als knallhartes Selektionsrennen für verwegene Überlebenskünstler, sondern als eine Art Volkslauf mit Gemeinschaftselementen für gut Durchtrainierte. "Für mich kam keine Aufgabe infrage", stellte Behl klar, was für die meisten selbstverständlich war. Vielmehr erlebte der Mönchengladbacher in Nordbayern längst vergessene Glücksgefühle. "Es ist wie ein Fluchtpunkt aus dem normalen Leben", philosophierte er, "man möchte noch einmal seine Kindheit spielen".

Trotz ihres martialischen Namens ist die BraveheartBattle auch eine Spielwiese für mehr oder weniger große Kinder, die gerne wieder einmal wie früher im Dreck wühlen, voller Vergnügen auf dem Hintern Schlammpisten herunterrutschen oder mit überschäumender Freude ins einen kalten Fluss springen wollen, ohne dass Mami gleich durchdreht. Und sie ist auch ein Maskenball für alle, die die allgemeine Aufmerksamkeit durch ihre Kostümierung auf sich lenken, egal ob sie nun als knorrige Schotten, lustige Schlümpfe oder halbstarke Sträflinge antreten. "Jeder Läufer ist auch ein Narziß, der sich profilieren möchte, um aus der Gruppe herauszustechen", analysiert "Masterchief" Joachim von Hippel die Psyche der Teilnehmer, die er gerne als "große Familie" bezeichnet.

Prägnanter als der Organisations-Chef formuliert es dagegen Kauven: "Das ist eine Masse von Verrückten." Wozu er nach Ansicht seine Freunde auch gehört. Als er ihnen seine Wettkampfpläne eröffnete, konfrontierten sie ihn sofort mit der Warum-Frage. Eine zufrieden stellende Antwort darauf gibt es für ihn sowieso nicht, "das weiß man nur, wenn man es mal selbst gemacht hat". So richtig erlebt das aber nur, wer wie die beiden tapferen Mönchengladbacher auch das Ziel erreicht. "Es ist ein Hochgefühl", schwärmt Behl, "es dürfte nie vorbei gehen."

(RP)
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