Fußball "Will endlich wieder den Ball am Fuß haben"

Mönchengladbach · Nach seiner Unterschrift beim Landesligisten Rheydter SV spricht der Ex-Profi über Spielsucht, Familie und seine Zukunft als Fußballer.

 René Schnitzler hat den Fußball wieder: Beim Besuch in der RP-Redaktion zeigt er auf der Karte Mönchengladbachs, wo seine sportliche Zukunft neu beginnt: in Rheydt, beim Spielverein.

René Schnitzler hat den Fußball wieder: Beim Besuch in der RP-Redaktion zeigt er auf der Karte Mönchengladbachs, wo seine sportliche Zukunft neu beginnt: in Rheydt, beim Spielverein.

Foto: Theo Titz

Herr Schnitzler, ihre Sperre von zwei Jahren und acht Monaten infolge des Wettskandals ist jetzt abgelaufen und sie werden für den Rheydter SV spielen. Wie schwer war die Zeit ohne Fußball für Sie?

Schnitzler Das war die schwerste Zeit in meinem Leben. Ich habe seit dem vierten Lebensjahr Fußball gespielt, habe dem in der Jugend, seit ich 14 Jahre alt war, alles untergeordnet. Und wenn dann jemand kommt und sagt, dass Du das nicht mehr tun darfst, ist das sehr, sehr schwer.

Wie groß war das Problem bei der Bekämpfung Ihrer Spielsucht?

Schnitzler Das hat es natürlich nicht leichter gemacht. Wenn man dann zu Hause sitzt und Zeit hat, über alles nachzudenken, wird es eigentlich immer schlimmer. Da wäre Ablenkung schon gut gewesen.

Zocken Sie noch?

Schnitzler Nein.

Wie schwer fällt Ihnen das?

Schnitzler Es ist immer noch brutal schwer. Spielsucht ist eine Krankheit, die wird man wie Alkoholsucht nie ganz los. Es gibt immer noch schwere Tage. Manchmal bekomme ich echte Schweißausbrüche, konnte meiner Freundin im Gespräch kaum noch folgen. Je mehr man zu tun hat und abgelenkt ist, desto kleiner ist das ein Problem.

Merkt man in einer solchen Phase, wer echte Freunde sind?

Schnitzler Allerdings. Vor allem ist die Familie aber für mich ganz wichtig, die immer zu 100 Prozent zu mir gestanden hat. Ich kann da auch nachts um vier Uhr anrufen, und alle sind für mich da. Das ist enorm wichtig.

Jetzt kommt der Fußball wieder dazu. Wie gezielt ist die Wahl dabei auf die Landesliga gefallen?

Schnitzler Es sollte eine Liga sein, in der ich auf jeden Fall Spielpraxis bekommen kann, das sollte hier der Fall sein. Als ich in Wegberg-Beeck noch eine Klasse höher gespielt habe, hatte ich auch schon fast 100 Kilogramm auf der Waage, ähnlich wie jetzt. Da habe ich in der Mittelrheinliga immerhin in 21 Spielen 29 Tore geschossen.

Ist es denn wirklich realistisch, noch einmal an Profifußball zu denken? Immerhin sind Sie inzwischen auch 28 Jahre alt.

Schnitzler Als klar war, dass meine Sperre bald abläuft, habe ich mich mit einem befreundeten Amateurtrainer getroffen, der sich für mich umgehört hatte. Hier haben sich zwar zwei angesprochene Vereine nicht für mich interessiert, dafür gab es aber zwei Anfragen von Drittligisten. Aber ich mache mir da nichts vor: In Deutschland würde das brutal schwer. Man stelle sich vor, ich schieße in der 90. Minute bei einer Großchance einen Ball neben das Tor. Dann geht das Gerede doch gleich wieder los. Aber über das Alter mache ich mir keine Gedanken. Ich wusste ja, dass ich nach Ablauf der Sperre 28 Jahre alt bin. Wenn es nicht klappt, muss mein Leben ja auch so weitergehen.

Machen Sie sich selbst oft Vorwürfe?

Schnitzler Eigentlich jeden Abend, wenn ich im Bett liege. Ich habe durch diese Sache halt in zwei Jahren weggeworfen, was ich mir vorher aufgebaut habe, wofür ich so lange auf vieles verzichtet habe.

Haben Sie die Sperre als gerecht empfunden?

Schnitzler Was soll ich dazu sagen? Es lässt sich nicht ändern. Es ist aber Fakt, dass natürlich nicht in Ordnung ist, was ich gemacht habe.

Gibt es noch Kontakt zu alten Weggefährten von Borussia oder St. Pauli?

Schnitzler Natürlich habe ich noch zu alten Weggefährten Kontakt, vor allem per SMS oder über Facebook.

Setzen Sie sich Ziele für die Rückrunde beim RSV?

Schnitzler Ich habe persönliche Ziele, aber vor allem will ich dem Klub helfen, die Klasse zu halten. Ich will ich mein Bestes geben, aber es ist für mich einfach extrem wichtig, endlich wieder den Ball am Fuß zu haben. Am liebsten würde ich gleich spielen. Es müssen aber noch ein paar Kilo runter und ich bin im Moment leicht verletzt. Aber zur Rückrunde will ich voll eingreifen.

KARSTEN KELLERMANN UND SASCHA KÖPPEN FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(kpn)
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