Tore sind mein Job

Borussias Stürmer Igor de Camargo (27) über sein Debüt gegen Wolfsburg, seine Verletzung, die Schrauben in seinem linken Fuß, seinen Anspruch Führungsaufgaben zu übernehmen und den Abstiegskampf

Beim 1:1 gegen Wolfsburg haben Sie zum ersten Mal für Borussia gespielt nach dreieinhalb Monaten Verletzungspause. Wie fühlen Sie sich?

De Canmargo Gut, zumal in den vergangenen Tagen die Sonne schien. Das macht Spaß. Das Gefühl, wieder richtig bei der Mannschaft zu sein, gespielt zu haben, ist sehr gut.

Hatten Sie zuvor schon eine solche Verletzungsphase?

De Camargo Ja, ich bin in Belgien mal sieben Monate ausgefallen, weil ich mir zweimal hintereinander das linke Sprunggelenk an der selben Stelle gebrochen habe. Das war 2006. Ich habe heute noch zwei Schrauben in dem Gelenk.

Seit vier Jahren?

De Camaro Ja. Eines Tages müssen die wieder raus. Ich hoffe, dass ich dann kein Problem mehr habe.

Sie kannten also die Situation, lange auszufallen. Wie sind Sie jetzt damit umgegangen? Schließlich waren Sie kaum angekommen, als Sie sich verletzt haben.

De Camargo Es ist klar, dass man als Fußballer immer spielen will. Darum war es sehr schwer, auf der Tribüne zu sitzen und zuzusehen. Ich wollte helfen und konnte es nicht. Das ist kein gutes Gefühl. Aber ich bin ein sehr positiver Mensch und denke immer optimistisch, das hilft in solchen Situationen ungemein. Ich sage mir immer, ich kann alles hinkriegen. Das habe ich auch versucht, in die Kabine reinzutragen, wenn ich bei den Jungs war. Mit positiven Gesten kann man etwas bewegen, gerade in einer Phase, wie wir sie hatten mit den drei Niederlagen in Folge.

Wann sind Sie bei 100 Prozent?

De Camargo So schnell wie möglich. Aber es wird natürlich noch etwas dauern. Ich hatte nicht nur die Sprunggelenksverletzung, sondern habe auch eine chronische Stirnhöhlenvereiterung. Die werden wir aber jetzt behandeln.

Wie viel Luft haben Sie? Denn am Freitag beim Testspiel in Genk sollen Sie von Beginn an spielen.

De Camargo Vielleicht sind es 30 Minuten, vielleicht 60, vielleicht 90, die ich spielen kann, das muss sich zeigen. Das Problem ist doch, dass ich wegen der Verletzung die komplette Vorbereitung verpasst habe und diese Zeit fehlt mir. Dass ich Stammspieler sein will, ist klar, das ist mein Anspruch. Aber ich muss mich auch erst im Team richtig einfinden. Es sind viele kleine Details, aber ich bin optimistisch, dass es passen wird.

Sie sagten, Sie haben viel gesprochen in der Kabine und versucht, so dem Team zu helfen. Als Sie gegen Wolfsburg den Platz betraten, haben Sie gleich dirigiert. Sind Sie schon ein Führungsspieler?

De Camargo Nach dem Spiel gegen Wolfsburg haben mich einige Journalisten gefragt, ob ich ein Leader bin. Ich denke, das wird man nicht, das ist man. Es kommt auf die eigene Einstellung an. Um ein Führungsspieler zu sein, muss man Leistung bringen und eine gute Beziehung zum Team haben. Und es ist wichtig, viel zu sprechen.

Apropos sprechen: Ihr Deutsch ist nach kurzer Zeit ausgezeichnet. Es scheint, es war Ihnen wichtig, die Sprache schnell zu lernen.

De Camargo Ich halte es für sehr wichtig, mit dem Team und dem Trainer kommunizieren zu können. Am Anfang war es schwierig, und ich hatte ein paar Mal richtig Spaß. Einmal riefen die Trainer beim Trainingsspiel: "Weiter, Igor", ich habe aber "warte" verstanden und gestoppt. Solche kleinen Missverständnisse können im Spiel eine große Wirkung haben, das darf nicht passieren. Ich habe allerdings den Vorteil, dass ich recht sprachbegabt bin.

Sprechen die de Camargos zu Hause auch Deutsch?

De Camargo Nein, portugiesisch. Meine Frau Giovanna kümmert sich ja vor allem um unseren elf Monate alten Sohn Enzo. Wir haben viel mit Dante und seiner Familie zu tun, wir kennen uns ja aus Lüttich. Na ja, und in dem Kreis sprechen wir halt auch portugiesisch.

Sie haben die Nummer 10. Wie früher Günter Netzer. Eine wichtige Rückennummer in Gladbach.

De Camargo Das ist mir bewusst. Und ich habe sie mir auch gewünscht. Auch in Brüssel und in Lüttich hatte ich die 10. Denn mein Vater hat sie früher auch getragen. Da, schau auf mein Nummernschild am Auto, es hat die 1010: Vater und Sohn.

Haben Sie Angst, in Gladbach im Abstiegskampf stecken zu bleiben?

De Camargo In Heusden-Zolder habe ich auch gegen den Abstieg gespielt. Der Druck ist ganz anders, als wenn man um einen Titel spielt, es ist ein negativer Druck. Man muss viel Geduld haben. Man darf keine überstürzten Aktionen machen, das ist tödlich. Man muss seriös weiterarbeiten. Aber ich glaube nicht, dass wir mit Borussia lange unten drin stehen. Wir haben viel Qualität und hatten Verletzungspech.

Das hat zumindest in Ihrem Fall ein Ende. Was kann man von Ihnen erwarten?

De Camargo Mein Job ist es, Tore zu machen.

Karsten Kellermann sprach mit Vier-Millionen-Mann Igor de Camargo.

(RP)
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