Interview mit Ellen Lohr „Die Aufbruchstimmung ist enorm“

Motorsport · Die gebürtige Mönchengladbacherin spricht nach ihrer 15. Rallye Dakar über Saudi-Arabien, tückische Dünen und das Debüt von Formel 1-Weltmeister Fernando Alonso.

Die gebürtige Mönchengladbacherin Ellen Lohr fuhr 2005 erstmals die Rallye Dakar mit. In der jüngsten Ausgabe des Motorsport-Events, das erstmals in Saudi-Arabien stattfand, war die 54-Jährige als Teil des Presse-Teams dabei.

 Der Blick auf ein Land, das im Aufbruch ist: Ellen Lohr.

Der Blick auf ein Land, das im Aufbruch ist: Ellen Lohr.

Foto: Lohr

Frau Lohr, Ihre 15. Rallye Dakar ist vorüber. Mit ein paar Tagen Abstand: Wie war es?

Lohr Es hat sich gelohnt, teilzunehmen. Ich bin mit vielen Eindrücken und Erfahrungen aus Saudi-Arabien zurückgekehrt. Wer dort 1001 Nacht erwartet hatte, der wurde aber enttäuscht. Man kann schon sehen, dass das Land lange abgeschlossen war. Aber es ist in Turboschritten auf dem Weg in die Moderne, die Aufbruchstimmung ist enorm. Das freut mich. Denn die Menschen dort haben uns sehr nett aufgenommen.

Was ist besonders hängen geblieben?

Lohr Ein beeindruckendes Bild war die total unberührte Küstenlinie. Es gibt dort wunderschöne Strände und überhaupt viel unberührte Natur. Das Empty Quarter und die Steinformationen in Al-Ula – das war Wahnsinn. Das werden nicht viele Reisende nochmal in einem solchen Zustand zu sehen bekommen, vermute ich, denn wir hatten sehr viele Möglichkeiten, die andere so nicht haben werden.

Was hat Sie am meisten überrascht?

Lohr Es gibt dort mehr verschleierte Frauen, als ich gedacht hatte, das muss ich sagen. Dafür aber weniger Moscheen. Und was ich nicht vergessen werde, sind die Tonnen von Süßigkeiten, die es in den Supermärkten dort gibt. Ich schätze, die machen 98 Prozent des Angebots aus. Unglaublich. Insgesamt habe ich Saudi-Arabien als das Land der großen Gegensätze wahrgenommen. Die großen Städte sind ultramodern und sehr amerikanisch. Die kleinen Dörfer sind davon noch weit entfernt. Da haben manche schon gestaunt, dass eine Frau am Steuer eines 500er Mercedes sitzt und auch noch tankt.

Sie hatten vorab vermutet, dass die Premiere der Rallye Dakar weiter dazu beitragen würde, den Erneuerungsprozess voranzutreiben.

Lohr Dabei bleibe ich auch. Wir haben auf den rund 7000 Kilometern, die war absolviert haben, unsere Botschaft gut gestreut. Darum bin ich überzeugt, dass wir etwas bewegt und angestoßen haben. Der Vertrag gilt ja für fünf Jahre, es wird also weitergehen. Und bei der nächsten Auflage 2021 soll Jordanien dazu genommen werden. Es bleibt also spannend.

Wenn Sie alle Dakars, die Sie gefahren sind, durchgehen: Wo würden Sie die in Saudi-Arabien einordnen?

Lohr Etwa in der Mitte. Ein echtes Abenteuer war die Dakar ehrlich gesagt in Afrika. Da hat man zwei Wochen lang keinen Asphalt gesehen. Die Dakars in Südamerika waren abenteuerlich, es gab einige interessante Passagen, zum Beispiel in den Bergen Boliviens. Jetzt in Saudi-Arabien war vor allem die Tatsache spannend, durch dieses neue Land zu fahren, dass „Fremde“ so noch nicht gesehen haben. Die Rennstrecke war anspruchsvoll, von den 7000 Kilometern sind die Teilnehmer 1000 mit Vollgas gefahren. So etwas gab es bei den anderen Dakars nicht. Was eine Herausforderung für die Fahrer war, waren die Dünen. Sie waren nicht so hoch, aber sehr tückisch und daher schwer zu berechnen. Leider sind zwei Motorradfahrer tödlich verunglückt, es war gerade für die Motorradfahrer eine komplizierte Strecke, extrem schnell, doch immer wieder waren Steine oder Wurzeln im Sand, die nicht zu sehen waren. Die Road-Bücher waren sehr rudimentär.

Auch Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso musste der Strecke Tribut zollen.

Lohr Ja, einmal musste er mit seinem Beifahrer eine Reparatur vornehmen und auf einer der letzten Etappen hat sich sein Fahrzeug auf einer Düne überschlagen. Dabei ist zum Glück nichts passiert. Für mich war es schade, ich war eigentlich mit ihm zum Interview verabredet, aber nach dem Unfall hat er sich zurückgezogen. Trotzdem war es für ihn eine gute Dakar, er ist 13. im Gesamtklassement geworden und ist achtmal in die Top zehn gefahren bei seinem Debüt. Er wollte vor allem ins Ziel kommen, das ist gelungen. Fernando Alonso hat die persönliche Herausforderung mit Bravour bestanden würde ich sagen. Ich kann mich an das Gefühl, die erste Dakar hinter sich zu haben, durchaus noch erinnern, auch wenn es 15 Jahre her ist. Man ist ausgepowert, aber stolz.

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