Interview mit Sascha Horn „Der Austausch war für uns überlebenswichtig“

Vereine · Der Vorsitzende des SV Wickrathberg und Ehrenamtsbeauftragte des Fußballkreises plädiert für eine gute Zusammenarbeit der Vereine.

Sascha Horn ist 34 und damit einer der jüngsten Vereinsvorsitzenden Deutschlands. Seit sechs Jahren führt er den SV Wickrathberg. 2016 gehörte er zum Klub 100 des DFB als einer der erfolgreichsten Ehrenamtler im deutschen Fußball. Seit Sommer 2019 ist er Ehrenamtsbeauftragter des Fußballkreises Mönchengladbach/Viersen. Im Interview spricht er über neue Wege in der Vereinsarbeit und seine Arbeit für das Ehrenamt.

 Den Fokus auf dem Mönchengladbacher Süden: Sascha Horn, Vorsitzender des SV Wickrathberg, tauscht sich regelmäßig mit Vereinen im eigenen Stadtteil aus.

Den Fokus auf dem Mönchengladbacher Süden: Sascha Horn, Vorsitzender des SV Wickrathberg, tauscht sich regelmäßig mit Vereinen im eigenen Stadtteil aus.

Foto: Karsten Kellermann

Herr Horn, zunächst die Frage an den Vorsitzenden des SV Wickrathberg: Wie geht es Ihrem Verein?

Horn Solide. Vor haben wieder knapp 200 Mitglieder, vor sechs Jahren, als wir mit unserer Vorstandsmannschaft angetreten sind, waren es nur 50. Wir haben im Vorstand eine mit im Schnitt 35 Jahren sehr junge und gute Mannschaft zusammen und gute Teams geformt. Ziel ist es, mit der Ersten Mannschaft in dieser Saison in die Kreisliga B aufzusteigen. Im Vordergrund steht bei uns aber der Gemeinschaftsgedanke: Den wollen wir im Verein vorleben und damit für uns Erfolge feiern.

Wie sind die Zukunftsaussichten?

Horn Nach dem, was wir gemacht haben und im Zusammenhang mit der Vorstandsarbeit, die im Moment geleistet wird, sehe ich die Zukunftsaussichten als sehr rosig an. Man muss trotzdem auch immer über Fusionen oder Kooperationen nachdenken. Das Problem ist, da stehen wir sicher nicht allein da, immer wieder Nachwuchs zu bekommen für die Jugendmannschaften und auch neue Leute für den Vorstand.

Sind Fusionen oder Kooperationen ein aktives Thema?

Horn Das Thema gibt es seit 30 Jahren. Grundsätzlich sollte man heute immer als Verein darüber nachdenken, Kräfte zu bündeln, um mit den wenigen Ehrenamtlern, die noch da sind, das Optimum zu erreichen. Man muss natürlich aufpassen, das Richtige zu tun.

Der SV Wickrathberg hat seine Mitgliederzahl wieder vervierfacht. Wie ist das gelungen?

Horn Wir haben unseren passiven Beitrag drastisch reduziert auf nur zehn Euro. Wir haben gesagt: Jeder, dem der Verein wichtig ist, kann einen kleinen Obolus leisten, und wir zeigen, dass wir den Verein wieder nach vorn bringen. Das hat Früchte getragen. Darüber hinaus haben wir durch viele Teilnahmen an Veranstaltungen im Gladbacher Süden für uns Werbung gemacht, um Mitglieder zu gewinnen. Wir waren beim Fest am See mit einem Stand, haben am Beckrather Schützenzug teilgenommen und werden im nächsten Jahr in Wanlo beim Karnevalszug mitmachen. Wir wollen präsent sein, uns zeigen. Früher war es für die Menschen ein Automatismus, zum Sportverein um die Ecke zu gehen, heute gibt es zig Möglichkeiten zum Zeitvertreib. Die Vereine müssen sich öffnen.

Es gibt aber immer auch die Konkurrenz anderer Vereine.

Horn Natürlich. Aber so darf man es nicht mehr sehen. Wir versuchen uns mit jedem Verein gut zu stehen und zusammenzuarbeiten. Dazu gehört, dass wir alle vier Monate eine Elefantenrunde machen mit den Vorsitzenden aller Vereine aus Wickrathberg. Künftig will ich das auch mit den Beckrather Vereinen machen, einfach weil wir durch den neuen Kunstrasenplatz ja quasi dort zu Hause sind. Ich sage es mal ganz einfach: Nur zusammen ist man stark.

Oft gibt es solche Zusammenarbeit nicht.

Horn Es geht darum, sich auszutauschen und zu schauen, was man gemeinsam auf die Beine stellen kann. Wenn ich zum Beispiel mit dem Heimatverein oder dem Hundeverein spreche, kann man die eigenen Mitglieder bewegen, die Veranstaltungen der anderen Vereine zu besuchen und sie zu unterstützen. Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht, sterben die Vereine bald aus. Für uns als SV Wickrathberg war der Austausch überlebenswichtig.

Vereinsarbeit ist komplex geworden?

Horn Das ist so. Es gibt viele Richtlinien und Regularien, an die man sich halten muss: vom DFB, von der Politik, man muss vieles beachten.

Fehlt darum vielen Menschen der Spaß an der Vereinsarbeit? Oder ist einfach weniger Zeit übrig?

Horn Es ist eine Mischung aus beidem. Sicherlich haben viele Menschen weniger Zeit. Doch viele wollen auch gar nicht mehr die soziale Verantwortung übernehmen, die ein Ehrenamt im Sportverein mit sich bringt. Vor 20, 30 Jahren war das sicher noch anders.

Soziale Verantwortung ist auch der von den Sportbünden immer wieder propagierte Faktor, der Vereinssport ausmacht. Kann, soll oder muss ein Verein das leisten?

Horn Ich finde, es gehört definitiv dazu. Ich mache die Vereinsarbeit unter anderem auch, weil ich es gerne sehe, wenn die Kinder bei uns Sport machen und Spaß daran haben.

Als neuer Ehrenamtsbeautragter des Fußballkreises Mönchengladbach/Viersen: Was macht Spaß am Ehrenamt?

Horn Es macht Spaß zu sehen, dass man etwas bewegen kann und gemeinsam etwas zu schaffen, wovon viele Menschen profitieren können. Es geht natürlich auch um sportliche Erfolge, aber es ist immer schön, im Nachwuchs etwas aufzubauen.

Was ist Ihr Auftrag als Kreisehrenamtsbeauftragter?

Horn Es geht darum, den Vereinen Hilfe und Unterstützung anzubieten, damit wieder mehr Ehrenamtler in die Vereine reinkommen. Das ist das Ziel der Ehrenamtsinitiative des Deutschen Fußball-Bundes.

Beim SV Wickrathberg hat es geklappt: Vor sechs Jahren gab es drei Vorstandmitglieder, jetzt sind es wieder elf. Und vor allem junge Leute.

Horn Ich denke, unser Beispiel zeigt, dass es möglich ist, Menschen für das Ehrenamt zu gewinnen. Wichtig ist, mit den Leuten zu sprechen. Von allein kommt in der Regel keiner. Wichtig ist auch, zu schauen, welche Möglichkeiten und Fähigkeiten haben Menschen, die dem Verein nahe sind. Auf die muss man dann zugehen. Einen Korb kann man immer bekommen, aber wenn man nicht fragt, wird man auch keine Leute finden. Ich werde in den nächsten Monaten entsprechend viele Gespräche führen und den Vereinen Wege aufzeigen, wie man Ehrenamtler gewinnen kann. Für gute ehrenamtliche Arbeit gibt es auch Preise: Es gibt den Kreisehrenamtssieger und einen Preis speziell für junge Ehrenamtler. Die Vereine können jemanden vorschlagen. Der Gewinner des Preises für junge Ehrenamtler bekommt zum Beispiel ein einwöchiges Trainingscamp in Barcelona. Allerdings bewirbt sich kaum ein Verein. Auch an der Stelle kann ich natürlich die Vereine informieren. Die Preise sind eine schöne Anerkennung für die ehrenamtliche Arbeit.

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