Richard Mayer und Gertrud van Ool von der LG Mönchengladbach „Wir müssen die Eltern stärker an den Verein binden“

Interview | Leichtathletik · Die LG Mönchengladbach steht vor einem ereignisreichen Jahr: Mit dem Hardter-Karnevalslauf kehrt das große Laufevent des Vereins mit neuer Strecke zurück, zudem kommt die Deutsche Senioren-Meisterschaft in die Stadt. Im Interview sprechen der Vorsitzende Richard Mayer und Sportwartin Gertrud van Ool über Platzprobleme der Leichtathletik, Senioren als Aushängeschild des Vereins und warum bei der Nachwuchsarbeit oft die Eltern das größere Problem sind.

 Der Vereinsvorsitzende Richard Mayer und Sportwartin Gertrud van Ool von der Leichtathletik-Gemeinschaft Mönchengladbach.

Der Vereinsvorsitzende Richard Mayer und Sportwartin Gertrud van Ool von der Leichtathletik-Gemeinschaft Mönchengladbach.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Fangen wir mit dem großen Bogen an: 2021 gab es die Olympischen Sommerspiele, im Vorjahr dann die Leichtathletik-Weltmeisterschaft und die viel beachtete Europameisterschaft in München – jeweils große Events für ihren Sport. Kommt von dem Interesse auch bei Ihnen etwas an?

Richard Mayer Einige Leute sprechen einen schon darauf an. Eine direkte Resonanz habe ich aber nicht feststellen können. Ich habe aber bemerkt, dass die Münchener Veranstaltung von vielen Leuten mit großem Interesse verfolgt wurde.

Gertrud van Ool Die Leichtathletik ist leider nicht mehr so dominant – wir sind etwas ins Abseits gerutscht. Was wir aber festgestellt haben: Innerhalb der Gruppe ist das stark thematisiert worden. Das spornt auch an. Neue Mitglieder haben wir dadurch aber nicht bekommen.

Wie fällt Ihr Vereinsfazit des Jahres 2022 aus?

Mayer Leider fand unser Straßenlauf in Hardt wegen Corona nicht statt. Im Januar waren wir noch davon ausgegangen, den Lauf durchführen zu können. Als dann aber der Veilchendienstagszug in Mönchengladbach abgesagt wurde, haben wir als Verein gesagt: Bevor die Stadt absagt, ziehen wir selbst die Notbremse. Das ist für uns auch eine finanzielle Angelegenheit, da der Lauf uns zusätzliche Einnahmen beschert, die wir neben den Mitgliedsbeiträgen benötigen. Dafür war unser Pfingstsportfest ein voller Erfolg. 608 Athleten waren dabei – eine Rekordzahl. Das war ein großes Fest der Leichtathletik. Abends um halb sechs war die komplette Tribüne des Grenzlandstadions noch voll. Das war ein schönes Gefühl.

Können die Corona-Auswirkungen schon beziffert werden?

Van Ool Wir haben in diesem Jahr erstmals einen Mitgliederschwund, es ist aber nicht gravierend, etwa 15 Mitglieder. Bei den Kindern und Jugendlichen sind die Zahlen konstant – gerade im Schülerbereich haben wir viele Neuanmeldungen. Die Seniorenabteilung hat am meisten unter Corona gelitten.

Wie fällt die sportliche Bilanz des Vorjahres aus?

Van Ool Mit dem LAZ Mönchengladbach haben wir zusammen die Vorrunde des Jochen-Appenrodt-Pokal und das Finale des LVN-U10-Cup Nord ausgetragen. Das waren volle Erfolge. Für die Vorrunde zum Jochen-Appenrodt-Pokal hatten wir das größte Teilnehmerfeld im Bereich der Region Mitte. Unsere U8- und U10-Jahrgänge nehmen nun vermehrt an Sportfesten teil – zum einen, um mehr Wettkampferfahrung zu sammeln, zum anderen, um die Eltern stärker an den Verein zu binden. Seit April haben wir zudem wieder eine reine U12-Gruppe im Verein, da wachsen neue Kinder heran, einige sind schon sehr ambitioniert. Diese Altersgruppe ist sehr wichtig: Wenn man die Kinder in diesem Alter an die Wettkämpfe heranführt, dann bleiben sie meistens am Ball. Die nächste Gruppe ist die U14, in der wir von Breitensport bis zum Wettkampf eine große Breite haben. Ab der U16 bis zu den Erwachsenen geht es bereits auf die Leistungsebene, bei der mehrfach die Woche trainiert wird.

Sportliche Schlagzeilen hat Ihr Verein zuletzt fast ausschließlich bei den Senioren geliefert – allen voran mit der Deutschen Meisterin Ulrike Wefers. Ist das eine bewusste Konzentration auf die Senioren oder den Umständen geschuldet?

Van Ool Das ist tatsächlich den Umständen geschuldet. In der U18 hatten wir ein gutes Team, das allerdings wegen Studium oder Ausbildung weggebrochen ist. Nun müssen neue Athleten, die in diese Gruppe nachgerückt sind, ausgebildet werden. Das geht nicht von heute auf morgen.

Mayer Aus unserer Leistungsgruppe von Trainer Tobias Schäfer, die 16 Personen von der U16 bis zu den jungen Erwachsenen umfasst, fahren elf Athleten im Frühjahr gemeinsam mit dem Korschenbroicher LC ins Trainingslager nach Italien. Da wächst schon etwas heran.

Wie sieht es im Nachwuchs insgesamt aus?

Van Ool Die Nachfrage ist tatsächlich verhältnismäßig groß. Es kommen immer wieder neue Kinder zum Training. Das ist nicht das Problem. Die Eltern sind aber oft nicht bereit, an den Wochenenden zu den Wettkämpfen zu fahren. Deswegen haben wir gesagt, dass wir bereits die U8 zu Wettkämpfen schicken, damit sowohl die Kinder als auch die Eltern das von der Pike auf lernen, dass das so dazugehört. Wir versuchen auch, gemeinsam zum Wettkampf zu fahren. Dass es eine Gemeinschaftsaktion ist.

Mayer Die Schülerabteilung wächst und wir schaffen es bislang auch, die Eltern mit ins Boot zu holen. Das sind erste zarte Pflanzen.

Van Ool Wir haben inzwischen einige jüngere Trainer, die aus dem eigenen Verein kommen. Dadurch hat sich der ganze Trainingsablauf geändert. Davon profitieren wir. Die Kinder sollen nicht verheizt werden und fahren nicht sämtliche Wettkämpfe ab, maximal zwei im Monat. Wir wollen ja, dass sie die Leichtathletik möglichst lange betreiben können. Da müssen wir auch auf die Eltern aufpassen: Denn ich habe es schon erlebt, dass die Eltern ihre Kinder dann zu weiteren Wettkämpfen angemeldet haben, ohne das mit uns Trainern abgesprochen zu haben.

Wie sehen Sie insgesamt die Leichtathletik in Mönchengladbach?

Van Ool Es ist nicht einfach, uns gegen andere Sportarten durchzusetzen. Das Freizeit- und Sportangebot für Kinder und Jugendliche ist sehr groß. Wir ziehen oft den Kürzeren und müssen dem Fußball den Vortritt lassen.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Van Ool Das U10-Cup-Finale im vergangenen Jahr. Den Termin haben wir früh bei der Stadt beantragt und hatten eine Genehmigung. Dann kam der Spielplan der U23-Borussia heraus – und wir mussten leider ausweichen, weil die Borussia im Grenzlandstadion ein Spiel hatte. Positiv war allerdings dabei, dass die Stadt uns geholfen hat und wir die Veranstaltung auf dem Gelände der ehemaligen Radrennbahn am Volksgarten ausrichten konnten.

Es ist also auch ein Platzproblem.

Van Ool Es gibt nur das Grenzlandstadion in Mönchengladbach mit einer Tartan-Rundbahn. Dieses Stadion wird dann auch von Leichtathletik-fremden Sportarten genutzt, sodass es dann während der Trainingseinheiten schon mal eng werden kann. Im letzten Jahr gab es seitens des Stadtsportbundes ein Treffen aller Vereine, in dem Verbesserungsvorschläge über die Nutzung der Sportanlagen vorgetragen werden durften. Hier wurde von uns zum Beispiel der Vorschlag gemacht, im Stadion eine Finnbahn anzulegen. Alle Seiten würden von einer solchen Maßnahme profitieren.

Mayer Trotzdem sehe ich Perspektiven innerhalb der Stadt Mönchengladbach. Das LAZ und der LGM arbeiten gut zusammen. Es wird teilweise übergreifend trainiert.

Das Thema eines Zusammenschlusses zwischen dem LAZ und Ihrem Verein kam in der Vergangenheit schon einmal auf. Wie sehen Sie das aktuell?

Mayer Es scheitert nicht am guten Willen. Wir haben für uns als Verein aber gesagt: Bevor wir das machen, sollten wir uns selbst neu orientieren. Denn aus einer gestärkten Position ist so ein Zusammenschluss einfacher in Angriff zu nehmen. Wir ordnen aktuell im Verein einige Dinge neu. Deswegen haben wir bei jeder Vorstandssitzung ein Schwerpunktthema, wie wir unseren Verein verbessern können. Wir müssen zum Beispiel dringend unseren Vorstand verjüngen und brauchen mehr Leute, die nachwachsen und Verantwortung übernehmen. Das Thema ist aber nicht ausgeschlossen – gerade, da wir eine gute Zusammenarbeit mit dem LAZ haben.

Welche weiteren Punkte wollen Sie noch angehen?

Mayer Wir wollen den Jugend- und Schülerbereich weiter aufbauen und dort stabiler werden. Es ist aber ja nicht so, dass wir zu wenig Nachwuchs haben – wir haben ja fast einen Aufnahmestopp. Man muss die Leute aber auch unterbringen können, wir brauchen daher ebenso Trainer. An diesem Bereich müssen wir arbeiten und mehr Trainer bekommen.

Van Ool Wir müssen auf jeden Fall die Eltern mehr mit ins Boot holen. Wir haben zum Beispiel 2021 Jahr zum ersten Mal eine Vereinsmeisterschaft durchgeführt, bei denen die Eltern gegen die Kinder antreten mussten. Das ist richtig gut angenommen worden und das wollen wir auf jeden Fall beibehalten.

Mayer Vor vielen Jahren hatten wir schon einmal Vereinsmeisterschaften, das ist aber irgendwann eingeschlafen. Gertrud hat es wieder zum Leben erweckt – vor allem zusammen mit den Eltern. Wir wollen den gesamten Verein damit stärker positionieren. Und unser Vereinsleben mehr fördern.

Im kommenden Jahr findet die Deutsche Senioren-Meisterschaft in Mönchengladbach statt (12. bis 13. August). Kann das ein Signal für die Leichtathletik in der Stadt setzen?

Mayer Auf jeden Fall. Da sind ja nicht nur die ganz Alten dabei, sondern Sportler ab 35 Jahre. Wir sind froh, dass wir die Veranstaltung haben.

Am 18. Februar findet zudem nach zwei Jahren Pause wieder der Karnevalslauf statt – das große Event Ihres Vereins. Dieses Mal mit neuer Strecke. Warum?

Van Ool Zum einen wegen des 40-jährigen Jubiläums. Und zum anderen, weil der Lauf in Hardt stattfindet. Das war nicht immer ganz einfach. Bestenfalls sollte die Strecke während des Laufs von Autos überhaupt nicht befahrbar werden, das war aber leider nicht möglich. Daher brauchten wir immer viele Helfer als Streckenposten. Das war aber immer schwierig. Nun haben wir eine Strecke, bei der wir nicht mehr so viele Helfer brauchen. Und die Strecke ist auch schöner – meine persönliche Meinung – weil sie nun auch ein bisschen durch den Wald führt, mehr Natur sowie kürzere Wege zum Start bietet und weiterhin extrem schnell ist.

Wie sieht die neue Strecke aus?

Van Ool Alle Starts, mit Ausnahme des Starts über die Ein-Kilometer-Strecke, finden auf dem Karrenweg statt. Der Ein-Kilometer-Lauf wird am Vossenbäumchen gestartet. Neu ist, dass die Strecke nach der Einführungsrunde vom Vossenbäumchen an der Kreuzung Am Kirschbaum geradeaus in den Wald führen wird. Von dort biegt man links ab auf den Wacholderweg bis zur nächsten Kreuzung am Wehresbäumchen. Von dort führt die Strecke bis zum Karrenweg. Hier befindet sich für alle Strecken das Ziel.

Mayer Die Vorfreude ist sehr groß und wir hoffen, dass wir gute Anmeldezahlen haben. Wir nennen es ja immer Karnevalslauf, womit der Lauf über fünf Kilometer gemeint ist. Und da laufen auch ganz viele Leute mit Kostümen mit. Da freuen wir uns wieder drauf. Uns ist es zudem gelungen, die NEW als Hauptsponsor für den Zehn-Kilometer-Lauf zu gewinnen. Da freuen wir uns natürlich drüber.

van Ool Was nur schade ist: Wir hatten zwar 2020 einen leichten Anstieg, aber insgesamt ist die Beteiligung der Schüler und Jugendliche am Karnevalslauf gering. Gerade von den Schulen. Wir haben in Hardt die Gesamtschule, Grundschule sowie zahlreiche Kindergärten, da erhoffen wir uns einen größeren Zuspruch. Hier werden wir in diesem Jahr noch einmal einen neuen Anlauf unternehmen.

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