Zu Gast beim ASV Dojo Mönchengladbach „Zenkutsu Dachi“, „Seiken Morote Tsuki“
Karate · Kyokushin ist ein traditioneller Karatestil mit Vollkontakt. Im ASV Dojo Mönchengladbach lernen die Mitglieder mehr als nur den Sport kennen.
Wer an der Künkelstraße 44 in Mönchengladbach eine Autowerkstatt, ein KFZ-Ersatzteilegeschäft und einen Reifenhändler links liegen lässt, der kann an diesem Montagabend im Dezember eine laute Stimme in dem kleinen Hinterhof vernehmen. „Zenkutsu Dachi“, „Seiken Morote Tsuki“, schallen japanische Wörter durch die Abenddämmerung. Ganz am Ende des dunklen Hinterhofes auf der Künkelstraße 44 befindet sich nämlich das ASV Dojo Mönchengladbach – und dort fliegen beim Kyokushin-Karatetraining nicht nur verbal die Fetzen.
Die laute, auf japanisch rufende Stimme gehört zu Ronny Stahl. Seit 2013 ist er Mitglied beim ASV, seit 2015 führt er das Dojo und den Verein als Vorsitzender. Außerdem leitet er als Träger des 2. Dan im Kyokushin-Karate das Training der Erwachsenen- und Jugendgruppen. „Kyokushin ist eine Stilrichtung im Karate mit vollem Körperkontakt“, erklärt Stahl. „Kämpfen macht also schon den größten Teil aus. Das sieht in manchen Situationen natürlich sehr hart und gefährlich aus, ist es in Wahrheit aber gar nicht.“
Grundlegend für diese Art des Karatesportes sind die sogenannten vier K: Dazu zählt „Kihon“, (Grundlagen und Techniken), „Kata“ (Ablauf und Kombination dieser Techniken), „Kumite“ (Kampf- und Wettbewerbsform) und Kondition, also Ausdauer. Im Kinder- und Jugendtraining, das Ronny Stahl an diesem Montag leitet, stehen zunächst die ersten beiden K-Aspekte im Vordergrund. Stahl gibt Kommandos – allesamt auf japanisch – und die jungen Schülerinnen und Schüler müssen die dahintersteckenden Haltungen, Schlag-, Block- und Beintechniken ausführen. „Es ist ein wenig wie Vokabeln lernen“, erklärt Marc Mispelkamp, ebenfalls Mitglied und Kämpfer beim ASV. Im Anschluss wenden die Nachwuchs-Karatekämpfer ihre erlernten Techniken an – in der Trainingssituation natürlich mit Schlagpolstern. Wie es sich im Kampf anfühlt, das hat der Nachwuchs vom ASV aber ebenfalls zuletzt schon erfahren dürfen – mit Erfolg. Sascha Stahl, der 14-jährige-Sohn von Dojo-Chef Ronny Stahl, ist im November in Neustadt bei Hannover Deutscher Jugendmeister seiner Altersklasse geworden. Und das in der Kategorie „Kumite“, also dem Kampf.
Bei Kyokushin geht es aber mehr als nur um das reine Kämpfen, wie Ronny Stahl erklärt: „Auch, wenn wir ein modernes Dojo sind, wahren wir natürlich die japanischen Traditionen des Sportes, zum Beispiel beim gemeinsamen Ankommen und der Begrüßung zum Auftakt des Trainings. Wir vermitteln den Jugendlichen – aber auch den Erwachsenen – Dinge wie Disziplin, Respekt und ein gesundes Selbstbewusstsein.“ Im sportlichen Sinne fördere Kyokushin die Hand-Augen-Koordination und das Körpergefühl, schon bei den Jüngsten: Deshalb gibt es im ASV Dojo zwei Kindergruppen, mit dem fünfjährigen Maxim ist an diesem Montag auch einer der jüngsten Mitglieder beim Training dabei.
Richtig intensiv wird es in der „Rocky-Balboa-Boxhalle im Hinterhof“ – wie Ronny Stahl das Dojo liebevoll nennt – beim Erwachsenentraining ab 20 Uhr. Das leitet ausnahmsweise Arian Vitia, der vor kurzer Zeit seinen ersten schwarzen Gürtel erhalten hat. „Wir kämpfen hart, aber wir kämpfen sauber“, ruft er und ergänzt vielsagend: „Und habt kein Mitleid“. Beim Kumite wird im ASV Dojo gekeucht und geschwitzt. Immer wieder sind Anfeuerungsrufe von Vitia zu hören. „Beißt auf die Zähne. Lasst die Arme oben und nicht langsamer werden“, pusht er die Gruppe. Ins Gesicht schlagen ist beim Kyokushin verboten, Tritte sind dorthin allerdings erlaubt – sowie Schläge in die anderen Körperregionen. Und die sorgen mitunter für Schmerzen. „Klar kriegt man auch mal blaue Flecken“, sagt Mispelkamp. „Aber mit der Zeit gewöhnt sich der Körper an diese Belastung.“
43 aktive Mitglieder hat der kleine Kampfsport-Verein. Das Dojo auf der Künkelstraße haben sie 2016 in Eigenleistung und ohne finanzielle Unterstützung von außen aufgebaut. „Vorher war das eine Schlosserei. Bis auf die Toilette haben wir alles rausgerissen und von Grund auf neugemacht“, sagt Stahl. Das alles ehrenamtlich, nach der Arbeit und ohne Bezahlung, versteht sich. „Dahinter steckt eine Leidenschaft, dafür machen wir das.“