Interview Sarah Abu Sabbah „In Jordanien kommen 20.000 Zuschauer zur Frauen-Nationalmannschaft“

Interview · Mit 14 Treffern führt Stürmerin Sarah Abu Sabbah von Borussia Mönchengladbach die Torschützenliste der Regionalliga an. Im Interview spricht sie über ihre Erlebnisse mit der jordanischen Nationalmannschaft, bittere Abstiege mit der Borussia und ihre Ziele für die Zukunft.

 Sarah Abu Sabbah am Ball für Borussia Mönchengladbach. Für Bayer Leverkusen bestritt sie 2016 ihr erstes Bundesligaspiel. Insgesamt kommt sie auf 17  Bundesliga-Einsätze.

Sarah Abu Sabbah am Ball für Borussia Mönchengladbach. Für Bayer Leverkusen bestritt sie 2016 ihr erstes Bundesligaspiel. Insgesamt kommt sie auf 17  Bundesliga-Einsätze.

Foto: Heiko van der Velden

Frau Abu Sabbah, neben Borussia Mönchengladbach spielen Sie durch Ihre doppelte Staatsbürgerschaft auch für die jordanische Nationalmannschaft. Wie ist es dazu gekommen?

 Sarah Abu Sabbah spielt seit 2018 für Borussia Mönchengladbach.

Sarah Abu Sabbah spielt seit 2018 für Borussia Mönchengladbach.

Foto: Christian Verheyen

Sarah Abu Sabbah Als ich 2015 noch bei Leverkusen gespielt habe, haben sich Scouts der jordanischen Juniorinnen-Nationalmannschaft ein Spiel angesehen. Ich wusste damals gar nicht, dass sie vor Ort sind. Sie haben mich spielen sehen und ich habe ihnen anscheinend gefallen. (lacht) Über meinen Vater haben sie Kontakt zu mir aufgenommen und ich wurde dann erstmals zu einem Lehrgang eingeladen. Der war sogar in München. Seitdem werde ich regelmäßig zu Länderspielen und Lehrgängen eingeladen.

2016 waren Sie für die U17-Nationalmannschaft bei der WM in Jordanien dabei und haben das einzige jordanische Tor erzielt. Wie haben Sie den Moment in Erinnerung?

Abu Sabbah Ich muss immer noch lächeln, wenn ich daran zurückdenke. Diesen Moment und die anschließenden Emotionen werde ich nie vergessen. Es fühlt sich so an, als ob es gestern gewesen wäre. Mein Tor zum 1:0 gegen Mexiko war kein Schlechtes. Und als Stürmerin das einzige Tor im Turnier für die eigene Nationalmannschaft zu schießen – und das im eigenen Land vor über 15.000 Zuschauern – war ein überragendes Gefühl.

Was sind Ihre Ziele mit der jordanischen Nationalmannschaft?

Abu Sabbah Wenn man eine U17-WM gespielt hat, möchte man auch an der Frauen-Weltmeisterschaft teilnehmen. Das ist auf jeden Fall mein großes Ziel. Leider hat die Qualifikation für 2023 knapp nicht geklappt.

Wie erleben Sie den Frauenfußball in Jordanien?

Abu Sabbah Der Frauenfußball ist in Jordanien viel populärer als der Männerfußball. Da wird viel mehr Werbung für gemacht. Bei Heimspielen der jordanischen Frauen-Nationalmannschaft kommen schon mal 20.000 Zuschauer, um diese anzufeuern. Jordanien ist im Vergleich zu anderen arabischen Ländern fußballerisch, aber auch politisch gesehen, sehr modern. Frauenfußball gibt es hier seit mittlerweile knapp 20 Jahren und er ist innerhalb kürzester Zeit sehr populär geworden. Wir werden auch vom jordanischen Prinzen unterstützt. Dadurch hat der Frauenfußball einen hohen Stellenwert im Land.

Sehen Sie sich und die Nationalmannschaft als Inspiration für arabische Mädchen, die in der Welt des Sports erfolgreich sein wollen?

Abu Sabbah Auf jeden Fall. Nach Länderspielen bekommen wir regelmäßig viele Rückmeldungen. Da schreiben uns dann Frauen auch schon mal, dass sie auch so gerne Fußball spielen möchten, dass sie durch uns dazu gekommen sind und wir sie inspiriert haben. Es ist schön zu sehen, dass wir mit unserer Lust, Fußball zu spielen, andere dazu inspirieren, das Gleiche zu tun.

Wie sind Sie eigentlich zum Fußball gekommen?

Abu Sabbah Mit etwa sieben Jahren habe ich angefangen, im Verein zu spielen. Zuvor hatte ich schon in der Grundschule in jeder freien Minute auf dem Pausenhof gekickt, meisten mit den Jungs. Direkt neben meiner Grundschule gab es einen Fußballverein, den FC Tannenhof. Einer der Trainer hat mich immer mit den Jungs spielen sehen und dann irgendwann meine Mutter angerufen und gefragt, ob ich nicht Lust hätte, in seine Mannschaft zu kommen. Meine Mutter war anfangs nicht so begeistert, weil sie mit Fußball nicht so viel anfangen konnte. Nachdem der Trainer aber nicht locker ließ, hat meine Mutter mich doch hingeschickt.

Wie war es, mit Jungs zusammen Fußball zu spielen?

Abu Sabbah Eigentlich ziemlich cool. Am Anfang war es etwas schwierig für mich. Ich war früher noch sehr zierlich und noch kleiner als die Jungs, die viel körperbetonter gespielt haben als die Mädels, aber ich konnte mich schnell einbringen.

Vom FC Tannenhof ging es über den FCR 01 Duisburg (heute MSV) und die SGS Essen zur Saison 2015/16 zu Bayer Leverkusen. Wie war der Wechsel zu einem Bundesligisten?

Abu Sabbah Das war für mich ein sehr großer Schritt. In den ersten Tagen in Leverkusen war ich sehr nervös, weil ich im Alter von 15 Jahren direkt mit der ersten Mannschaft mittrainieren durfte. Gespielt habe ich zunächst vor allem in der U17 und mit 16 Jahren habe ich dann mein Bundesligadebüt gegeben.

Bei Ihrem Bundesligadebüt im März 2016 verlor Leverkusen allerdings 0:6 gegen Potsdam.

Abu Sabbah Das Spiel selbst war eines zum Vergessen. Trotzdem erinnere ich mich natürlich sehr gerne an diesen Tag zurück. Denn für mich war es etwas ganz Besonderes, mit 16 Jahren in der Bundesliga zu spielen.

Im Juni 2018 folgte Ihr Wechsel zum damaligen Bundesliga-Aufsteiger Borussia Mönchengladbach. Warum?

Abu Sabbah Ich habe in Leverkusen einen Kreuzbandriss erlitten und bin zwar gut zurückgekommen, wollte nach der Verletzung aber etwas Neues ausprobieren. Passenderweise kam dann das Angebot aus Gladbach. Es hat mir direkt gefallen bei Borussia und ich bin bis heute sehr glücklich im Verein.

Die Saison 2018/19 endete jedoch mit dem Abstieg. Wie war die Situation damals für Sie?

Abu Sabbah Das war für mich eine komplett neue und auch schwierige Erfahrung. Natürlich ist es alles andere als schön abzusteigen, nichtsdestotrotz konnte ich als junge Spielerin auch viel daraus lernen. Als Mannschaft haben wir uns dann in der 2. Bundesliga auch schnell wiedergefunden.

Im Sommer folgte trotzdem gleich der nächste Abstieg in die Regionalliga. Haben Sie in diesem Zuge über einen Vereinswechsel nachgedacht?

Abu Sabbah Der Abstieg in die Regionalliga war sehr schmerzhaft. Es war ein komisches Gefühl, das ich jetzt gar nicht mehr so richtig beschreiben kann. In diesem Zusammenhang waren auch mal Gedanken an einen Wechsel da. Es gab auch Angebote von verschiedenen Erst- und Zweitligisten. Mir wurde dann aber eines ziemlich schnell klar: Wir sind alle zusammen als Mannschaft abgestiegen, dann gilt es auch, als Mannschaft in der Regionalliga anzutreten, dort gemeinsam erfolgreich zu sein und im besten Fall um den Aufstieg zu kämpfen.

Sie sind nun 22 Jahre alt. Sehen Sie die Chance, noch einmal in der Bundesliga zu spielen?

Abu Sabbah Das ist schon ein Traum von mir – und auch ein Ziel. Mein Fokus liegt aber allein auf der aktuellen Saison in der Regionalliga. Nach der Winterpause wollen wir dort weitermachen, wo wir zuletzt aufgehört haben und die Rückrunde erfolgreich gestalten.

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