GHTC-Spieler erinnen sich an den Europapokalsieg 1997 „Wir wollten uns in Reading nur nicht blamieren“

Hockey · Vor 25 Jahren reiste der Gladbacher HTC als deutscher Hockey-Pokalsieger zum Europapokal ins englische Reading. Nur nicht blamieren, lautete die Devise des Außenseiters. Doch dann sorgten die „Crazy Gladbachs“ für ein Stück Hockey-Geschichte. Die Protagonisten erinnern sich.

 Als Außenseiter fuhr der GHTC 1997 zum Europapokal nach Reading – und kam als Sieger zurück.

Als Außenseiter fuhr der GHTC 1997 zum Europapokal nach Reading – und kam als Sieger zurück.

Foto: Jochen Weingartz

Wenn am Wochenende die Deutschen Hockey-Nationalmannschaften im Mönchengladbacher Hockeypark vorbeischauen und vier Länderspiele absolvieren, dann ist es mal wieder Zeit für große Momente. Die besten deutschen Krummstockartisten werden gegen Spanien (Herren) und die USA (Damen) für internationales Flair und Weltklassehockey sorgen. Davon hat der Hockeypark schon viel erlebt, wobei vor allem die Hockey-Weltmeisterschaft 2006 im Gedächtnis geblieben ist.

 Gladbacher HTC Hockey Europapokal der Pokalsieger 1997

Gladbacher HTC Hockey Europapokal der Pokalsieger 1997

Foto: Jochen Weingartz

Um den Hockey-Vereinssport ist es seitdem in der Stadt dagegen etwas ruhiger geworden. Der Gladbacher HTC, immerhin sechsfacher Deutscher Meister, ist seit einiger Zeit nur noch in der Zweiten Bundesliga aktiv. Vor 25 Jahren war das noch anders. Als Bundesligist spielte der GHTC in der deutschen Spitze eine gute Rolle und gewann am 31. März 1997 im englischen Reading sensationell den Europokalpokal der Pokalsieger. Die Herren-Mannschaft sorgte damit für den, bis heute, größten Erfolg in der GHTC-Vereinsgeschichte.

 Bei den Feierlichkeiten war auch die RP dabei.

Bei den Feierlichkeiten war auch die RP dabei.

Foto: Arndt Küskes

Noch heute liegt spürbar ein Knistern in der Luft, wenn die Beteiligten über die vier Ostertage vor 25 Jahren in Reading, westlich von London, erzählen. Jochen Weingartz, Spielführer der Pokalsieger, zeigt sich immer noch fasziniert: „Was wir damals geleistet haben, ist einfach unbeschreiblich und etwas ganz Besonderes. Wir haben Gladbacher Hockey-Geschichte geschrieben und das Turnier unseres Lebens gespielt.“ Auch Jan Klatt, damals jüngster Spieler im Team und heute Trainer der GHTC-Herren, hat ausnahmslos positive Erinnerungen: „Wir hatten einfach eine unfassbare Mannschaft, die spielerisch richtig stark war und zusätzlich die Gabe hatte, unglaublich zu fighten.“

 Coach Bernd Schöpf.

Coach Bernd Schöpf.

Foto: Arndt Küskes

Schon die Qualifikation für das Endrundenturnier ging 1996 als große Überraschung durch. Im Deutschen Pokal-Halbfinale setzten sich die Gladbacher auf eigenem Platz und vor knapp 2000 Zuschauern nach Siebenmeterschießen mit 6:5 gegen den UHC Hamburg durch. Im Endspiel gelang dem GHTC dann ein 3:2-Sieg gegen den haushohen Favoriten Harvestehuder THC aus Hamburg, der damals unter anderem den wohl besten Hockeyspieler, Shahbaz Ahmed aus Pakistan, in seinen Reihen hatte. So ging es für 16 Spieler an Ostern 1997 mit Kleinbussen durch den neuen Euro-Tunnel ins englische Reading, wo vier Tage, ganz England-untypisch, strahlender Sonnenschein herrschte. Vor der Anfahrt musste aber noch eine Hürde genommen werden, wie Libero Thomas Krauß zu berichten weiß: „Der GHTC konnte sich so eine Reise eigentlich gar nicht leisten. Also haben wir eine Sammelaktion gestartet, woran sich glücklicherweise viele Mitglieder beteiligten.“

 Gladbacher HTC Hockey Historie Europapokal der Pokalsieger 1997

Gladbacher HTC Hockey Historie Europapokal der Pokalsieger 1997

Foto: Arndt Küskes

Angekommen in England stand gleich das erste Spiel gegen den HC Avoca (Irland) auf dem Programm. Wie an jedem Morgen hatte der GHTC immer das erste Spiel des Tages („Die wollten die Deutschen ärgern und haben uns immer früh spielen lassen“ – Arndt Küskes). Zum Auftakt machte das Team von Trainer Bernd Schöpf mit den Iren beim 5:0 kurzen Prozess. Für Achim Krauß war schon das nicht zu erwarten: „Wir sind komplett unbedarft und ohne Ansprüche dorthin gefahren und wollten den DHB möglichst nicht blamieren und absteigen.“ Auch der zweite Auftritt ging mit einem 6:2-Erfolg über SKA Jekaterinburg leicht von der Hand. So folgte am dritten Tag das Gruppenendspiel um die Finalteilnahme gegen Real de Polo Barcelona. Am Abend zuvor schaute sich der GHTC gemeinsam eine Partie des spanischen Spitzenteams an und war sichtbar beeindruckt, wie Jochen Weingartz erzählt: „Die haben extrem schnelles und gutes Hockey gespielt. Wir waren fest davon überzeugt, dass wir keine Chance haben.“

 Die „Crazy Gladbachs“ schrieben Geschichte.

Die „Crazy Gladbachs“ schrieben Geschichte.

Foto: Jochen Weingartz

Doch es kam komplett anders. Die Gladbacher zerlegten den Favoriten in der ersten Halbzeit nach allen Regeln der (Hockey)-Kunst, führten zur Pause mit 4:0 und siegten nach 70 Minuten mit 4:3. Der Höhepunkt sollte aber einen Tag später im Finale gegen die Gastgeber vom HC Reading folgen, das vor 3000 Zuschauern mit 7:2 (2:1) und einer regelrechten Machtdemonstration gewonnen wurde. Bei der abschließenden Ehrenrunde gab es nicht nur anerkennenden Applaus von den fairen Engländern für die „Crazy Gladbachs“, sondern auch immer wieder Blicke in den wolkenfreien Himmel, wo sich ein seltenes Naturschauspiel abspielte. Der am meisten beobachtete und hellste Komet des 20. Jahrhunderts „Hale-Bopp“ konnte mit bloßem Augen erkannt werden und hatte ausgerechnet am Morgen nach dem Finalsieg seinen Perihel (größte Entfernung zur Sonne). Jochen Weingartz hat das nie vergessen: „Wir haben immer wieder zu Hale-Bopp geschaut und haben uns gefragt, was der Komet mit uns gemacht hat. Die Verbindung hatte was Magisches.“

Am kommenden Samstag (26. März) wird Hale-Bopp mit Sicherheit wieder Gesprächsthema sein, wenn sich die Europapokalsieger von vor 25 Jahren im GHTC zum Jubiläum treffen, wie Organisator Arndt Küskes erzählt: „Wir haben einen Event-Tag geplant, wo der Großteil der Jungs und viele Beteiligte anwesend sein werden. In diesem Rahmen werden wir auch eine Partie gegen ein Krefelder Team absolvieren und sozusagen das Finalspiel gegen Reading nochmal spielen.“ Im Rahmen des Jubiläums werden sicher einige Anekdoten herausgekramt und diskutiert. Ob dabei das mysteriöse Verschwinden des 50 Quadratmeter großen Plakats, das am Eingang der Vereinsanlage des HC Reading den Europapokal wochenlang ankündete und einige Tage später in Gladbach auftauchte, gelöst werden kann, ist allerdings mehr als fraglich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort