Interview Florian Kunz „Wir konzentrieren uns auf Talente in unserer Region“

Mönchengladbach · Florian Kunz hat in seiner Hockeykarriere nahezu alles erreicht. Er war Weltmeister, fünffacher Europameister, Deutscher Meister, hat bei den Olympischen Spielen 2004 Bronze gewonnen und war 2001 Welthockeyspieler. Heute ist der ehemalige Spielführer der Deutschen Hockey-Nationalmannschaft Vorsitzender des Gladbacher HTC. RP-Mitarbeiter Tobias Knüfermann sprach mit dem 46-Jährigen über die am Sonntag (14 Uhr) mit einem Heimspiel gegen Schwarz-Weiß Neuss beginnende Saison in der 2. Hockey-Bundesliga.

 Florian Kunz sieht seinen Gladbacher HTC gut aufgestellt. Am Sonntag beginnt die Saison in der 2. Hockey-Bundesliga.

Florian Kunz sieht seinen Gladbacher HTC gut aufgestellt. Am Sonntag beginnt die Saison in der 2. Hockey-Bundesliga.

Foto: Ilgner

Herr Kunz, wann sehen wir die Hockeyherren des GHTC nochmal in der 1. Bundesliga?

Kunz Das kann ich so nicht sagen. Wir haben einen Drei-Jahres-Plan aufgestellt, in dem wir uns kontinuierlich steigern wollen. Im besten Fall stehen wir danach wieder in der ersten Liga. Das ist aber noch ein langer Weg.

Die großen Erfolge liegen lange zurück. 2000 gab es den Deutschen Pokalsieg, 2001 Platz zwei im Europapokal, und 2002 wurde die Deutsche Meisterschaft gefeiert. Wieso ist man von solchen Erfolgen heute so weit entfernt?

Kunz Die Hockeywelt hat sich verändert. Viele deutsche Vereine investieren eine Menge, entwickeln Konzepte und eifern den Niederlanden und Belgien nach. In den Ländern hat der Hockeysport einen ganz anderen Stellenwert und es geht für Hockeyverhältnisse um richtig viel Geld. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, dass wir einen anderen Weg gehen wollen. Wir konzentrieren uns auf die Talente unserer Region, wollen eine gute Arbeit leisten und verstärken uns nur sehr punktuell mit ausländischen Spielern. Aber natürlich müssen auch wir uns den Marktbedingungen anpassen. Dazu investieren wir und sehen es auch als unsere Pflicht an, den Servicegedanken für unsere Spieler zu erhöhen. Da geht es um solche Dinge wie Unterstützung bei Jobs oder Praktika. Wir arbeiten im Hintergrund mit acht Personen rund um unsere Zweitligaherren. Natürlich ehrenamtlich. Auch bei den 1. Damen haben wir jetzt ein Konzept entwickelt, das uns mittel- und langfristig in die Zweite Liga führen soll.

Die 1. Bundesliga ist bereits vor zwei Wochen gestartet. Bei den zwölf Vereinen spielen mittlerweile über 40 ausländische Nationalspieler, die die Qualität deutlich anheben. Der Anteil wird Jahr für Jahr größer. Wie will der GHTC da mit einer guten Jugend mithalten?

Kunz Es geht nicht darum, auf „Teufel komm raus“ etwas zu erreichen. Das ist ein Prozess, den man step by step gehen muss. Aktuell ist es uns gelungen, einen dritten hauptamtlichen Trainer zu gewinnen. Neben Tomasz Spalek und Nils Helbig konnten wir Karol Podzorski für uns gewinnen, der über ein Jahrzehnt beim Düsseldorfer HC immer wieder große Erfolge gefeiert hat. Alle drei sind absolut hockeyverrückt und machen weit mehr als gewöhnliche Trainer. Zusätzlich wird dies noch durch Hanna Röhrs, unsere Hockeykoordinatorin, unterstützt. Aus meiner Sicht sind wir jetzt im Jugendbereich extrem gut aufgestellt. Auch wenn wir ein leistungsorientierter Familienklub sind, wollen wir allen Leistungsklassen eine optimale Betreuung bieten, also auch den sogenannten Breitensportlern. Auch in diesem Bereich haben wir in den letzten Jahren, sowohl im Hockey als auch im Tennis, viel investiert. Dass wir hier auf einem guten Weg sind und unser Konzept fruchtet, zeigt die aktuelle Mitgliederentwicklung.

Wie sehen die Zahlen aus?

Kunz Wir haben die Mitgliederzahlen in den letzten Jahren um 40 Prozent gesteigert und liegen aktuell bei knapp 1000 Mitgliedern. Das hatten wir so in der Form noch nie. Da wir ein Tennis- und Hockeyklub sind, ist es besonders erfreulich, dass sich beide Sparten dank des Engagements der ehren- und hauptamtlichen Helfer so gut entwickeln.

Damit muss man doch bei potenziellen Sponsoren beste Karten haben. . .

Kunz Es ist extrem schwer Sponsoren zu finden, obwohl unser Klub und die Sportarten sehr interessante Zielgruppen bieten. Man läuft nicht gerade offene Türen ein, wenn man nicht gerade Borussia heißt. Die Medienwelt und das öffentliche Interesse hat der Fußball für sich gepachtet. Alle anderen Sportarten laufen nur nebenher und können diesen finanziellen Aufwand ohne Sponsoren nur noch schwer bewältigen. Sinnbildlich ist Mönchengladbach. Früher hatten wir verschiedenste Sportarten wie zum Beispiel Judo, die in der Bundesliga vertreten waren. Heute gibt es neben Fußball nur noch Tennis und Hockey in der Bundesliga. Das war es schon. Natürlich sind wir stolz darauf, dass wir dies über einen solch langen Zeitraum geschafft haben, aber für den Sport in Mönchengladbach ist das traurig und unglaublich schade.

 Florian Kunz als Spielführer der Deutschen Hockey-Nationalmannschaft. Hier feiert er seinen Treffer zum 1:1 beim 2:1-Finalsieg bei der WM 2002 gegen Australien.

Florian Kunz als Spielführer der Deutschen Hockey-Nationalmannschaft. Hier feiert er seinen Treffer zum 1:1 beim 2:1-Finalsieg bei der WM 2002 gegen Australien.

Foto: direvi

Vor einigen Jahren gab es im Hockeypark richtig große Hockeyspektakel. Jetzt hat das Stadion schon lange kein Hockey-Event mehr gesehen. Was ist da los?

Kunz Wir hatten alle großen Turniere hier. Weltmeisterschaft, Europameisterschaft, Champions Trophy und Deutsche Meisterschaften. Das waren tolle Events. Man kann aber nicht davon ausgehen, dass solche Veranstaltungen jährlich nach Deutschland und eben Mönchengladbach vergeben werden. Es gibt mindestens zwölf andere Nationen, die daran genauso interessiert sind. Aber auch ohne Hockey-Spektakel ist der Hockeypark als Event-Tempel eine unglaubliche gute Sache für die Stadt. Was Michael „Micki“ Hilgers da rausholt, ist sensationell. Aber vielleicht passiert hier ja demnächst wieder etwas im Bereich Hockey.

Der Gladbacher HTC wird im nächsten Jahr 100 Jahre alt. Wird kräftig gefeiert?

Kunz Das ganze Jahr 2019 steht unter diesem Motto. Wir haben verschiedene Aktionen und Veranstaltungen geplant. Besonders wichtig ist für uns aber die Tatsache, dass wir endlich unseren neuen Kunstrasen bekommen. Derzeit arbeiten wir noch an der Finanzierung des Eigenanteils. Ich bin mir aber sicher, dass wir im Sommer den neuen Teppich liegen haben. Natürlich werden wir auch an unsere zahlreichen Erfolge der Vergangenheit erinnern, aber das 100-Jährige ist für uns vielmehr der Startschuss für den Beginn einer erfolgreichen Zukunft.

Die Herren starten am Sonntag mit einem Heimspiel gegen SW Neuss in die Zweitliga-Saison. Was kann man erwarten?

Kunz Ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir uns nach der Hinrunde in der oberen Tabellenhälfte wiederfinden können. Vom Talent und von der Zusammensetzung ist das möglich, aber man muss das halt auch auf den Platz bringen.

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