Der neue Kreisvorsitzende Tim Stettner „Vereine sollen den Fußball aktiv mitgestalten“

Interview | Fußball · Der neue Vorsitzende des Fußballkreises Mönchengladbach-Viersen, Tim Stettner, spricht im Interview über den notwendigen Umbruch in den Vereinen, die Ziele seiner Amtszeit und die zunehmenden Spielabbrüche in den vergangenen Wochen.

 Tim Stettner ist der neue Vorsitzende des Fußballkreises Mönchengladbach-Viersen.

Tim Stettner ist der neue Vorsitzende des Fußballkreises Mönchengladbach-Viersen.

Foto: Sebastian Kalenberg

Am Montagabend wurde Tim Stettner einstimmig zum neuen Vorsitzenden des Fußballkreises Mönchengladbach-Viersen gewählt und tritt damit die Nachfolge von Yvonne Cremer an. Was hat der 40-Jährige in seiner neuen Rolle als Chef des Kreises vor?

Herr Stettner, als neuer Kreisvorsitzender sind Sie auf drei Jahre gewählt worden: Welche Themen wollen Sie in Ihrer Amtszeit in den Mittelpunkt stellen?

Tim Stettner Mich umtreibt eine zentrale Frage: Wie kriegen wir die Vereine und ihre Sportler aktiviert, damit sie sich selber mehr einbringen? Ich wünsche mir, dass die Verantwortlichen das Heft des Handelns wieder mehr in die Hand nehmen und sich nicht nur auf andere verlassen.

Was meinen Sie damit konkret?

Stettner Wenn Vereine Probleme erkennen, sei es in der Schiedsrichter-Gewinnung, der Gewaltprävention oder im organisatorischen Umgang, dann sollten sie nicht tatenlos zusehen, sondern konstruktive Lösungen vorschlagen und handeln. Es wäre schön, wenn die Vereine ihre teils passive Konsumentenrolle ablegen würden, um den Fußball in der Region aktiv mitzugestalten. Mitmachen ist angesagt. Dafür möchten wir als Fußballkreis die Rahmenbedingungen schaffen und den Dialog führen. Es ist nicht alles perfekt, deshalb freue ich mich über jeden, der konstruktiv meckert.

Hat die Pandemie Einfluss darauf genommen, dass einige Vereine wie eingeschlafen wirken?

Stettner Auf der einen Seite habe ich schon das Gefühl, dass einige Vereine jetzt wieder aktiviert werden müssen. Da geht es weniger um den Spielbetrieb, sondern mehr um das Vereinsleben an sich. Dabei wollen wir unterstützen. Auf der anderen Seite konnte ich in den vergangenen Monaten bei vielen Vereinen aber auch einen Umbruch beobachten. Da haben, auch durch die Pandemie ausgelöst, viele junge Menschen Verantwortung übernommen – und das finde ich sehr gut. Nicht nur in unseren Gremien, sondern auch bei den Vereinen im Kreis, ist der Altersdurchschnitt deutlich gesunken.

Und das erleichtert eine Ausrichtung für die Zukunft?

Stettner Auf jeden Fall. Es ist gut, dass da ein Wandel stattfindet und sich die Jugend mehr einbringt. Dabei geht es auch nicht darum, dass man die älteren Menschen loswerden will. Auch sie sind natürlich ein wichtiger Teil. Aber oft scheidet in Vereinen eine Schlüsselfigur aus und niemand steht parat, um die Aufgaben zu übernehmen. Deshalb ist es für einen Umbruch wichtig, dass die jüngere Generation in ihre Aufgaben wächst.

Apropos in Aufgaben hineinwachsen: Wann haben Sie entschieden, dass Sie als Nachfolger von Yvonne Cremer kandidieren wollen?

Stettner Die Personalplanungen haben im Spätherbst begonnen, als Yvonne in das Präsidium des FVN berufen worden ist und klar war, dass sie als Kreisvorsitzende nicht weitermachen wird. Die Entscheidung zu meiner Kandidatur habe ich mir aber nicht leicht gemacht, sondern eine Weile darüber nachgedacht: Wofür stehe ich denn? Was ist der Schwerpunkt meiner Arbeit? Und welche Punkte gehe ich an, wenn ich Kreisvorsitzender werden sollte? Als mir das klar war, habe ich entschieden, dass ich es machen will.

Yvonne Cremer war die einzige Frau an der Spitze eines Fußballkreises im FVN, nun ist Nina Siebert als neue Kreisgeschäftsführerin Ihre Stellvertreterin. Ist der Kreis ein gutes Pflaster für Frauen? 

Stettner Das kann man sagen. Mit Nina haben wir eine Fußballverrückte im positiven Sinne gewonnen, die auch gerne mit anpackt und frischen Wind mitbringt. Auch außerhalb des Kreisvorstandes haben wir in den anderen Gremien aktive Frauen, die sich einbringen. Wie zum Beispiel Sandra Weckauf im Kreisjugendausschuss, die ein wahrer Aktivposten ist. Natürlich ist es im Mengenverhältnis manchmal schwerer, Frauen zu finden, die sich dafür begeistern lassen. Umso schöner finde ich es, dass wir diese Konstanz bei uns im Kreis haben.

Konstant sind auch die Zahlen der aktiven Schiedsrichter, die im Vergleich zu anderen Kreisen nicht merklich abgenommen haben. Ist da trotzdem noch Luft nach oben?

Stettner Definitiv. Auch wenn wir weniger Probleme als andere Kreise haben, gibt es auch bei uns Seniorenspiele in der Kreisliga C, die nicht mit einem Schiedsrichter besetzt werden. Auch im Jugendbereich fehlen Unparteiische. Das wäre früher undenkbar gewesen. In den 90er-Jahren wurden sogar zu Spielen der E-Junioren offizielle Schiedsrichter geschickt.

Sie waren selber lange als Schiedsrichter aktiv. Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um neue Schiedsrichter zu akquirieren?

Stettner Die klassische Ansprache hat sich verändert: Wir müssen die Neulinge da abholen, wo sie sind, und das funktioniert vor allem digital. Bei der Rekrutierung neuer Schiedsrichter geht über die Online-Kanäle wie Instagram und Co. sicherlich noch viel mehr. Auch wenn wir den Zahlen nach kein Nachwuchsproblem haben, wollen wir auf diesem Wege trotzdem noch mehr junge Menschen erreichen und ihnen zeigen, wie prägend und förderlich das Hobby des Schiedsrichters für das Leben ist.

Zuletzt gab es auf einigen Plätzen unschöne Szenen, die zu Spielabbrüchen führten. Was sagen Sie zu dieser Entwicklung?

Stettner Es gibt ein akutes Problem mit Gewalt und Respektlosigkeiten, dabei werden zunehmend Grenzen überschritten. Wir wollen als Kreis deutliche Signale senden und klarmachen, dass wir so etwas nicht akzeptieren werden. Wer dabei Hilfe braucht, wird sie bei uns immer bekommen.

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