FV Mönchengladbach nach dem Abstieg Höhenflug, Absturz und nun Neuaufbau

Fußball-Niederrheinliga · In den ersten Jahren nach Gründung 2020 erlebte der FV Mönchengladbach fast nur erfolgreiche Zeiten. Der Sprung in die Regionalliga verlief jedoch ernüchternd, mit folgenreichem Abstieg. Wie der Verein den Neustart in der Niederrheinliga angeht und daran wachsen will.

Lena Edle von Pollak kam im Sommer vom CfR Links und ist eine von sechs Neuzugängen beim FV Mönchengladbach in dieser Saison.

Lena Edle von Pollak kam im Sommer vom CfR Links und ist eine von sechs Neuzugängen beim FV Mönchengladbach in dieser Saison.

Foto: Heiko van der Velden

Das warnende Beispiel ist der FC Schalke 04. Zumindest zieht Marco Ketelaer diesen Vergleich: Abstieg aus der einen Spielklasse, gefolgt von einem großen Umbruch in der Mannschaft, und plötzlich steht man ebenso in der neuen Liga auf einem Abstiegsplatz, im Fall von Schalke der 2. Bundesliga. So kann es im schlechtesten Fall eben auch laufen. Entsprechend ist Trainer Ketelaer mit der Situation für den FV Mönchengladbach – wenn auch in anderen sportlichen Sphären als der FC Schalke 04 unterwegs – einigermaßen zufrieden. Denn nach dem Abstieg aus der Regionalliga gab es ebenfalls einen großen Umbruch, doch nach sieben Spieltagen steht der FV mit Platz sieben zumindest im soliden Tabellenmittelfeld der Niederrheinliga. Das löst zwar keine Euphorie aus, sorgt anderseits aber auch nicht für Missstimmung. „Wir sind uns bewusst, dass es kein einfaches Jahr wird. Wir sind ambitioniert, sind aber auch realistisch genug, um zu wissen, dass wir nicht um die Tabellenspitze spielen“, so Ketelaer.

Die vergangenen Monate waren die erste große Bewährungsphase für den noch jungen Verein, der sich 2020 als Frauen-Abteilung des 1. FC Mönchengladbach gründete, die im alten Verein keine Perspektive mehr hatte. Seitdem gab es um den FV Mönchengladbach fast nur Erfolgsmeldungen, mit dem Aufstieg aus der Niederrhein- in die Regionalliga im Sommer 2022 als Höhepunkt.

Im Nachhinein erwies sich die dritthöchste Frauen-Spielklasse sportlich jedoch als eine Nummer zu groß für den FV: Mit zehn Punkten aus 24 Spielen stieg man als Schlusslicht direkt wieder ab. Insbesondere in der Rückrunde zeigte die Mannschaft teilweise Zerfallserscheinungen, in den letzten Saisonwochen setzte es unter anderem ein 0:7 gegen Bayer Leverkusen II und ein 0:8 gegen den VfR Warbeyen. „Die Ergebnisse waren erschreckend. Es klappte gar nichts mehr. Ein Gegentor für uns und das Spiel war gelaufen“, sagt Ketelaer, einst Co-Trainer von Martina-Voss Tecklenburg beim FCR Duisburg und später Cheftrainer beim Bundesligisten.

Marco Ketelaer, Trainer des FV Mönchengladbach.

Marco Ketelaer, Trainer des FV Mönchengladbach.

Foto: Heiko Van der Velden

Rund um Ostern schien zudem der Abgang des Trainers festzustehen: Ketelaer lag ein Angebot des Vereins Yangon United aus der ersten Liga in Myanmar in Asien vor. Die Flüge waren bereits gebucht. Aufgrund von Unruhen im Land sagte er dem Verein kurzfristig jedoch wieder ab. Der sportlichen Situation der Mannschaft hat dies trotzdem nicht geholfen, Ketelaer verhehlt das nicht.

Im Sommer folgte dann der große Schnitt im Kader: 13 von 23 Spielerinnen verließen den Verein, fast alles Stammkräfte, mit viel Erfahrung – darunter Eva Opdenbusch, Kyra Densing, Verena Schoepp und Michelle Wassenhoven, die ihre Karrieren vorerst beendeten. Die Suche nach Neuzugängen erwies sich indes als schwierig.

Da der Umbruch sich bereits während der Vorsaison abzeichnete, klinkte sich Ketealer gegen Ende mehrere Wochen aus, um die neue Saison zu planen. Er knüpfte Kontakte, sichtete Spielerinnen, holte sich aber vor allem Absagen. „Der Negativtrend hat es nicht einfacher gemacht. Zudem gab es Gerüchte, die Mannschaft fällt komplett auseinander. Die Gesprächsgrundlage wird dann immer dünner“, sagt Ketelaer zu seinen Erfahrungen zu jener Zeit. Top-Kräfte konnte er so nicht zum Verein lotsen. „Wir haben dann Spielerinnen gesucht, die Bock haben, die Ziele haben, und menschlich passen. Diese Spielerinnen sind auch gekommen. Das hat perfekt funktioniert. Die Stimmung und das Miteinander in der Mannschaft sind richtig gut“, sagt Ketelaer nun.

Insgesamt sechs externe Neuzugänge konnte man gewinnen, die restlichen Kaderplätze füllte man mit Spielerinnen aus der Jugend und der Reserve auf. Zusammen mit vorhandenen Leistungsträgern wie Alina Honold, Alina Eick oder Kristina Birmes, die an Bord blieben, musste Ketelaer in der Vorbereitung daraus eine neue Mannschaft formen. „Wir haben nicht nur an Masse, sondern auch an Qualität und Erfahrung verloren. Wir haben nun eine sehr junge Mannschaft, teilweise sind die Spielerinnen noch 16 oder 17 Jahre alt. Wir müssen von Woche zu Woche wachsen“, so Ketealer.

Mit drei Siegen und elf Punkten nach sieben Spielen sieht er das Team derzeit im Soll. Anders als vor zwei Jahren, als der FV im Aufstiegsjahr den Rest der Liga überrollte, muss nun jeder Punkt erkämpft werden, wie beim 3:2-Sieg gegen den SV Heißen oder dem 2:1-Erfolg gegen GSV Moers. Das Derby gegen die Reserve von Borussia Mönchengladbach, aktuell Tabellenführer, verlor der FV vor einigen Wochen mit 2:3.

Der Trainer gibt zu: In den ersten Jahren nach Vereinsgründung lag der Fokus vor allem auf der ersten Mannschaft. Nun soll die Arbeit am gesamten Klub mehr in den Mittelpunkt rücken. „In der Jugend sind wir bereits gut unterwegs. Dort wollen wir weiter bestätigen, was wir bislang abgeliefert haben. Wichtig wäre es, dass die zweite Mannschaft den Sprung höher in die Landesliga schafft“, sagt er. Neben Ketelaer im sportlichen Bereich sind Uwe Röhrhoff und Marc Hocks administrativ die treibenden Kräfte beim FV. „Es wäre schön, wenn wir uns noch breiter aufstellen könnten. Andere Vereine haben uns da etwas voraus. Wir versuchen, das mit wenigen Leuten zu kompensieren“, so Ketelaer.

Und eine Rückkehr in die Regionalliga? Für Ketelaer ist das erst in ein paar Jahren ein Thema: „Ich bin lieber realistisch: Wir dürfen von der jungen Mannschaft jetzt keine Dinge verlangen, die unrealistisch sind.“ In der Niederrheinliga sieht er sein Team derzeit optimal aufgehoben, um sich zu entwickeln.

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