Lokalsport Dribblings werden mit Memory kombiniert

Fußball · Bei Blau Weiß Wickrathhahn gibt es die erste Inklusions-Fußballmannschaft in Mönchengladbach. Sie traf Ex-Profi Marcell Jansen.

Lokalsport: Dribblings werden mit Memory kombiniert
Foto: Lisa Tellers

Die Wahrnehmungs- und Konzentrationsspiele stehen bei diesem Training ganz klar im Vordergrund. Es ist ein besonderes Training, ein völlig anderes, als man es eigentlich von den zahlreichen Fußballplätzen gewöhnt ist. Der Fußball steht nicht die ganze Zeit im Vordergrund. Erst in den letzten zehn Minuten kommt der Ball in der 60-minütigen Einheit zum Einsatz. Es ist das Training der ersten Inklusionsfußballmannschaft in Mönchengladbach.

Eine gemischte Mannschaft im Alter von sechs bis elf Jahren spielt zusammen Fußball. Viele der Kinder mit Besonderheiten haben Trisomie 21 (Down-Syndrom), einer davon ist Jonathan Tietenberg. Seine Eltern haben vor gut zwei Jahren die Inklusionsmannschaft bei Blau Weiß Wickrathhahn gegründet. "Mein Mann Rolf hatte schon immer einen großen Bezug zu Fußball, er trainiert selber die B-Junioren bei Wickrathhahn. Wir hatten damals den Wunsch, Jonathan die Möglichkeit zu bieten, in einem Verein Fußball zu spielen. Wir sind dann mehr oder weniger ins kalte Wasser gesprungen, denn wir wussten ja gar nicht, wie wir das genau angehen sollten", erinnert sich Uschi Tietenberg. Ein Coach aus Krefeld, der ebenfalls eine Inklusionsmannschaft trainiert, kam damals vorbei und gab den Tietenbergs Tipps und Anregungen, wie sie ihr neues Projekt angehen könnten.

 Trainer Rolf Tietenberg (links) und Uschi Tietenberg (2. von rechts) geben der Inklusionsmannschaft viel Zuwendung.

Trainer Rolf Tietenberg (links) und Uschi Tietenberg (2. von rechts) geben der Inklusionsmannschaft viel Zuwendung.

Foto: Lisa Tellers

Zwei Jahre später umfasst ihre Inklusionsmannschaft nun zehn Personen. "Wir probieren immer wieder neue Sachen aus. Entscheiden viel aus der Intuition heraus. Bei einer Inklusionsmannschaft ist immer die Schwierigkeit, die Mischung zu finden, dass sich einerseits die Kinder ohne körperliche Beeinträchtigung nicht langweilen, und andererseits die Kinder mit Besonderheiten gefordert werden", erklärt Rolf Tietenberg. Klassische Fußballübungen wie Dribblings werden mit einem Memory oder einem Würfelspiel kombiniert, sodass alle Kinder gefordert werden, und immer wieder der Teamgeist gestärkt wird.

Die meisten Kinder ohne Behinderung kommen mit ihren Geschwistern, die das Down-Syndrom oder andere Besonderheiten haben, zum Training. "Wir haben hier viele Geschwisterpaare beim Training. Es gibt auch Kinder, die keine Geschwister mit Behinderung haben und trotzdem zu uns kommen. In normalen Fußballmannschaften wird auf Leistung geachtet, viele Kinder kommen dort nicht mit und kommen dann zu uns. Hier können sie einfach mitspielen und gehören dann zu den guten Spielern", sagt Rolf Tietenberg. Dass diese oft Rücksicht auf ihre Mannschaftskollegen mit Behinderung nehmen müssen, macht ihnen nichts aus. Auf die Eltern ist die Inklusionsmannschaft besonders angewiesen. Gerade die Kinder mit Down-Syndrom brauchen immer wieder Auszeiten während des Trainings und möchten sich bei ihren Eltern zurückziehen.

Die Nachfrage ist riesig, es gäbe noch viel mehr Kinder, die gerne bei der Inklusionsmannschaft mit trainieren würden. "Wir haben auch immer Anfragen von älteren Kindern, die mitspielen wollen. Wir müssen bei zehn aber Schluss machen, sonst werden wir den Kindern nicht mehr gerecht", sagt Uschi Tietenberg. Erst kürzlich gab es für diese zehn Kinder ein echtes Highlight. Der Elternverein Kleeblatt 21 organisierte ein Treffen mit dem Ex-Borussen Marcell Jansen, der bei den Kindern mächtig Eindruck hinterlassen hat. Immer wieder kommt von Jonathan die Frage auf, wann denn endlich wieder Marcell Jansen käme. "Das Treffen war wirklich schön für die Kinder. Herr Jansen war total offen und natürlich", erzählt Uschi Tietenberg. Das nächste Highlight soll aber schon bald folgen. Ein Fußballturnier nur für Inklusionsmannschaften möchte Blau Weiß Wickrathhahn veranstalten. Da es vor zwei Jahren nur fünf Inklusionsmannschaften in ganz Nordrhein-Westfalen gab, werden auch niederländische Teams angefragt - dort sind ohnehin Inklusionsmannschaften weiter verbreitet. Dann kann sich Wickrathhahn auch endlich in einem Fußballspiel gegen starke Teams messen.

(lite)
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