Lokalsport Die Faustkämpfer leben die Integration

Boxen · Der Box-Klub vereint viele Nationalitäten. Die jugendlichen Athleten lernen schnell Deutsch und sind auch sportlich erfolgreich. Beispiele sind der 18-jährige Syrer Diar Abdi und der 16-jährige Armenier Ailas Khudagan.

 Mehr als Boxen: Diar Abdi (links) und Ailas Khudagan haben im Verein viel gelernt.

Mehr als Boxen: Diar Abdi (links) und Ailas Khudagan haben im Verein viel gelernt.

Foto: Lisa Tellers

"Irgendwann abends standen die Jungs hier bei uns vor der Türe und haben gefragt, ob sie nicht bei uns in den Verein eintreten könnten", erinnert sich Karl-Heinz Hahn, Vorsitzender der Faustkämpfer Mönchengladbach. Mittlerweile hat er einen ganzen Ordner mit Neuanmeldungen anlegen müssen, weil sein Verein binnen eines Jahres so großen Zuspruch erhalten hat.

Der 18-jährige Diar Abdi ist einer der Jungs, die sich bei Freunden und in der Schule durchgefragt haben, um endlich einem Box-Verein beizutreten, bei dem sie regelmäßig trainieren können. Diar Abdi ist in Aleppo geboren und hat bis zuletzt in Kobanê gelebt, wo Ende 2014 der IS die Stadt angriff. Seit gut zwei Jahren lebt er nun in Mönchengladbach und macht sein Fachabitur am Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung. Eine kaufmännische Ausbildung strebt er nach seinem Schuldabschluss an.

Neben einer guten schulischen Ausbildung war das Boxen im Verein immer sein Traum. "In meiner Stadt gab es keinen Box-Klub. Ich habe mir im Fernsehen immer die Profi-Kämpfe angeschaut, und seitdem möchte ich unbedingt Profi-Boxer werden. Mein Vater hat mir damals einen Boxsack gekauft, und ich habe mit Youtube-Videos versucht, mir das Boxen ein bisschen selber beizubringen", erzählt Abdi.

Umso erstaunlicher ist es, dass der 18-Jährige ohne professionelle Ausbildung und mit gerade mal vier Kämpfen auf dem Buckel im Dezember vergangenen Jahres die Goldmedaille bei den Rhein-Ruhr-Wupper-Meisterschaften gewann. Für den Vorsitzenden Hahn war das allerdings keine Überraschung: "Gerade die südländischen Jugendlichen haben eine ganz andere Körperhaltung und einen anderen Bewegungsablauf. Im Boxen geht viel über Schnelligkeit. Damit haben sie schon die halbe Miete, dann fehlt ihnen nur noch die Technik und die Taktik. Diar ist zudem sehr intelligent und ehrgeizig", lobt Hahn seinen Schützling. In diesem Jahr soll er schon an den Niederrheinmeisterschaften teilnehmen.

Mit seinen 18 Jahren muss er jetzt im Seniorenbereich boxen, trotzdem traut sich Diar einiges zu: "Ich kann mich überhaupt nicht vergleichen mit der Person, die ich vor drei Jahren war, und der Person, die ich jetzt bin. Die Leute hier in Deutschland haben so viel Zeit in mich investiert, und auch der Verein hat mir unglaublich in meiner Persönlichkeitsentwicklung geholfen, dafür bin ich wirklich dankbar. Ich traue mir jetzt viel zu. Ich trainiere jeden Tag und bin sehr diszipliniert", sagt Abdi in perfektem Deutsch.

Die Faustkämpfer Mönchengladbach leben die Integration. Zu Spitzenzeiten waren bis zu 15 verschiedene Nationen im Verein. Die Sprache war nie ein Problem, die Jugendlichen haben schnell Deutsch gelernt und waren sehr aufnahmefähig. So auch Ailas Khudagan: Der 16-jährige armenische Flüchtling ist seit einem Jahr im Verein und hat bei den Rhein-Ruhr-Wupper-Meisterschaften die Silbermedaille gewonnen. "Man hat mir hier sehr geholfen, die Sprache zu lernen, es war dadurch einfacher als gedacht. Auch in der Schule komme ich ganz gut mit", erzählt Ailas. Geboxt hat er vorher auch noch nie, jetzt hat er den Sport lieben gelernt und kommt mindestens vier Mal pro Woche zum Training. Eigentlich wollte er das Boxen nur als Hobby ausüben, durch die Kreismeisterschaften hat ihn aber nun der Ehrgeiz gepackt, professionell zu boxen.

Um die Jugend muss sich der Verein also keine Sorgen machen. In den vergangenen Jahren stellten die Faustkämpfer immer Deutsche Meister. Aktuell trainieren zwei in Mönchengladbach. Wenn der Ehrgeiz und die Disziplin Ailas und Diar weiterhin so packen, und beide das Boxen und die Schule unter einen Hut kriegen, traut Hahn den beiden eine große Zukunft zu. Vielleicht wird dann Diars großer Traum vom Profi-Boxer in den kommenden Jahren Wirklichkeit.

(lite)
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