Hockey Daran geht ein Verein kaputt

Zweitligist Rot-Weiß Köln hat mit finanzieller Unterstützung des Kölner Rechtsanwalts Dr. Stefan Seitz für die Feldsaison 2007/2008 vier Weltmeister verpflichtet: Christopher und Philipp Zeller, Timo Weß und Tibor Weißenborn. Wird das Konzept aufgehen?

Hilgers Für die Spieler ist es zunächst einmal eine Belohnung ihrer harten sportlichen Arbeit, da ihre Verträge auch berufliche Perspektiven enthalten. Die Frage ist, ob das auch alles so funktioniert. Es kann viel passieren wie Verletzungen, familiäre Probleme etc. Ich denke, die ganze Geschichte ist nicht zu Ende gedacht.

Und sportlich?

Hilgers Es ist schön, dass die Zeller-Brüder und Tibor Weißenborn, die ja jetzt in Holland spielen, wieder in Deutschland sein werden. Man kann auch davon ausgehen, dass Rot-Weiß Köln mit dieser Mannschaft aufsteigen und dann auch in der Bundesliga oben dabei sein wird. Allerdings spielen vier Nationalspieler im Olympia-Jahr 2008 zweitklassig. Es sind auch noch weitere Nationalspieler im Gespräch. Das ist für Bundestrainer Markus Weise sicher nicht optimal. Philipp Crone, der ja in München auch in der Zweiten Liga spielt, musste vor der WM in Mönchengladbach verdammt viel aufholen. Für den Rheydter SV ist das aber eine interessante Sache, denn das Kölner Star-Team wird in der Zweiten Liga gegen den RSV spielen.

Wäre ein solches Modell auch für den Gladbacher HTC eine Option?

Hilgers Auch einige unserer Spieler, beispielsweise Jan-Marco Montag, wurden angesprochen, haben aber gleich gesagt: Wir bleiben beim GHTC, weil wir uns da wohl fühlen und ebenso berufliche Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass sich die Spieler mit dem Klub identifizieren. Das wird, denke ich, bei Rot-Weiß nicht so sein. Die Geschichte ist ohne Herz und Seele und nicht durchdacht. Daran kann ein Verein kaputt gehen. Die Kölner sind beispielsweise in der A-Jugend Deutscher Meister geworden. Aber welche Perspektiven haben die jungen Spieler jetzt? Sie haben doch keine Chance, wenn ihnen solche Hochkaräter vorgesetzt werden. Sie werden quasi weggejagt. So eine Sache macht die Strukturen in einem Verein kaputt. Es geht doch darum, eine gesunde Mischung zu haben.

Dennoch: Wenn ein Geldgeber sagen würde: Herr Hilgers, ich bringe Ihnen fünf, sechs Nationalspieler. Würde Sie als GHTC-Manager nicht sagen: Ich mache das?

Hilgers Ich hätte vielleicht zwei Spieler genommen, sonst würde ich das gesamte Gefüge zerstören. Sie müssten dann aber auch voll in den Verein integriert werden und vor allem in die Mannschaft passen. So wie Rot-Weiß Köln das macht, ist das gesunde Maß überschritten.

Im Fußball ist es nicht selten, dass sich Großsponsoren eine Mannschaft "kaufen". Siehe FC Chelsea oder, wenn auch in anderer Ausprägung, TSG Hoffenheim. Für den Hockeysport ist das aber ein Erdbeben, oder?

Hilgers Das ist eine Sensation. Da sind Summen im Spiel, die im deutschen Hockey bislang unbekannt waren. Sonst würden die Spieler ja nicht aus Holland, wo viel gezahlt wird, zurückkommen. Es geht da um große sechsstellige Beträge. Fußball ist eine andere Welt, da ziehen Stars Tausende von Zuschauern an. Das ist beim Hockey nicht so, da geht es vor allem um strukturelle Arbeit im Verein. Zudem gibt es bei Chelsea und Hoffenheim ein richtiges Vereinskonzept.

Wurde eine Art Ehrenkodex verletzt?

Hilgers In der Bundesliga haben die Westvereine ständigen Kontakt. Und wir haben vereinbart, dass wir uns nicht einfach Spieler wegnehmen, auch Rot-Weiß Köln war dabei. Für Krefeld, den amtierenden Meister, könnte die Sache verheerende Folgen haben. Neben Timo Weß geht sein Bruder Benjamin zu Rot-Weiß. Mal abwarten, was mit Matthias Witthaus ist. Zudem studieren 80 Prozent der CHTC-Spieler in Köln. Wer weiß, wer noch wechselt. Timo Weß hat seine Entscheidung der Mannschaft von heute auf morgen mitgeteilt, es war für das Team ein Schock.

Karsten Kellermann sprach mit GHTC-Manager Michael Hilgers.

(RP)
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