Volker Boos und Phil Scales von American Sport MG „Wir möchten uns in Mönchengladbach sozial engagieren“

Interview | Mönchengladbach · American Sports MG vereint mit American Football, Baseball, Cheerleading und Bowling vier in den USA beliebte Sportarten in einem Verein. Im Interview sprechen die Verantwortlichen über die Baupläne für die Platzanlage in Odenkirchen-Süd, was der Verein der Stadt bieten möchte und wieso es noch kein Basketballteam gibt.

Volker Boos (l.), Vorstandsmitglied bei American Sports Mönchengladbach und Football-Trainer Phil Scales (r.)

Volker Boos (l.), Vorstandsmitglied bei American Sports Mönchengladbach und Football-Trainer Phil Scales (r.)

Foto: Sebastian Kalenberg

Seit fünf Jahren ist Phil Scales Trainer des Wolfpacks – dem Football-Team im Verein ‚American Sports Mönchengladbach‘ (ASMG). Volker Boos ist Gründungsmitglied und Teil des Vorstandes. Im Interview erzählen sie von gemeisterten Herausforderungen, aktuellen Probleme und zukünftigen Zielen.

Herr Scales, Herr Boos: Was war wichtiger für den Verein: Die neue Platzanlage in Odenkirchen-Süd oder der Aufstieg in die Oberliga?

Phil Scales Das ist nicht miteinander zu vergleichen. Aktuell sind wir weiterhin quasi eine Reisegruppe: Odenkirchen ist zwar nun unser festes Heim, im Winter müssen wir aber wieder umziehen, da wir dort keine Trainingsmöglichkeit haben. Und in den kommenden Jahren wird viel auf der Anlage umgebaut. Für mich war der Aufstieg aber extrem wichtig. Als ich im Februar 2018 angefangen habe, war das einzige Ziel, die Klasse in der Verbandsliga zu halten. Im zweiten Jahr ging es um den Aufstieg, den uns die Cologne Crocodiles im letzten Spiel aber ruiniert haben. Und dann gab es zwei Jahre wegen Corona keinen richtigen Spielbetrieb. Das war frustrierend. Die Jungs und der komplette Verein haben mit dem Aufstieg nun gezeigt, dass sie bereit für den nächsten Schritt sind.

 Das Wolfpack hat in dieser Saison den Aufstieg in die Football-Oberliga gefeiert.

Das Wolfpack hat in dieser Saison den Aufstieg in die Football-Oberliga gefeiert.

Foto: Joss Wehrmann

Volker Boos Für unseren Verein ist es ein positiver und wichtiger Schritt, dass wir nun eine eigene Platzanlage haben, die auch die entsprechende Größe für eine Entwicklung hat. Das war vorher nicht so. Wir sind bei unserer Gründung im Dezember 2011 ohne eigene Platzanlage gestartet und in den Folgejahren durch die Stadt getingelt. Eine eigene Anlage, ein fester Platz, hat auch viel mit Identifikation zu tun, denn dadurch, dass wir durchs Stadtgebiet gezogen sind, wusste niemand, wo Football in Mönchengladbach eigentlich gespielt wird. 2015 sind wir dann auf der vom SV Dohr aufgegebenen Anlage untergekommen, danach wurde der Platz in Mülfort frei. Und vor zwei Jahren sind wir dann endlich und zum letzten Mal umgezogen. Wir arbeiten daran, dass alle Menschen in der Stadt wissen, dass hier in Odenkirchen-Süd American Football gespielt wird.

Aktuell muss die Mannschaft wieder im Stadtgebiet wandern. Was bedeutet das auch im sportlichen Alltag?

Scales Aktuell haben wir eine Platzsperre in Odenkirchen, da der Platz aufgeweicht und nur einseitig beleuchtet wird. Für das, was wir haben, müssen wir dankbar sein – und Odenkirchen-Süd ist eine massive Bereicherung für uns. Aber aus Trainersicht bin ich natürlich sehr unzufrieden mit den Bedingungen. Wir sind einer der größten Vereine in Mönchengladbach und haben eine massive Anzahl an Erwachsenen und Kindern. Und dann steht uns kein Kunstrasenplatz zur Verfügung. Die U10, U13, U16, U19 und unsere Ladies müssen aktuell nach Mülfort ausweichen, unsere Herren-Mannschaft hat in drei Wochen nur dreimal trainiert. Und das auch nur, weil wir auf den Ascheplatz in Odenkirchen-Süd ausgewichen sind. Zum Glück rücken jetzt unsere Freunde von Grün-Weiß-Holt wieder etwas zusammen für uns, da können wir dahin, dafür sind wir sehr dankbar. Aus Trainersicht ist alles etwas schwerfällig und ich bin nicht begeistert. Ich würde mir vonseiten der Stadt schnellere Lösungen und Unterstützung wünschen.

Ihr Verein besteht nicht nur aus Football, sondern ebenfalls aus Cheerleading, Cheerdance, Bowling und Baseball. Wie sieht die Platzsituation für die anderen Abteilungen Ihres Vereins aus?

Boos Unsere Cheerleading- und Cheerdance-Abteilung trainiert in der Halle, die Großen bei Möglichkeit auch draußen. Unsere Bowling-Abteilung ist in einem Bowlingcenter in Mönchengladbach beheimatet. Und unsere Baseballer sind seit 2018 auf der Sportanlage in Mülfort untergekommen. Dort haben wir mit eigenen Mitteln und eigenem Schweiß ein wirklich ordentliches Baseballfeld aufgebaut. Allerdings gibt es auf der Anlage in Mülfort kein Licht, keine Umkleiden und keine Toiletten. Zu den Spielen müssen wir Dixi-Klos aufstellen. Wir werden das dort mit langfristiger Perspektive weiterentwickeln.

 Cheerleading und Cheerdancing war schon früh Teil beim ASMG

Cheerleading und Cheerdancing war schon früh Teil beim ASMG

Foto: Joss Wehrmann

Die Baseballer werden also nicht auf die Anlage nach Odenkirchen-Süd wechseln?

Boos Wir können mit der Abteilung nicht umziehen, denn Baseball braucht ein großes Feld. Es wird auf einem Viertelkreis-Sektor gespielt, das Feld ist da genauso lang wie breit. Die Länge wäre bei einem derart doppelt genutzten Fußballplatz nicht das Problem, aber das Baseballfeld braucht idealerweise auch fast hundert Meter an Breite. Und dafür ist Mülfort richtig gut, denn dort sind rechts und links noch Ausweichfläche vorhanden. Dadurch hat der Platz annähernd die nötige Breite. Gemessen an unseren Möglichkeiten in der Stadt ist es für Baseball dort optimal.

 Die Blackcaps spielen in Mülfort Baseball.

Die Blackcaps spielen in Mülfort Baseball.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Was ist künftig alles auf der Anlage in Odenkirchen-Süd geplant?

Boos Die Anlage ist groß und bietet bereits viel der Infrastruktur, die wir benötigen. Wir müssen das Ganze nur noch ein bisschen weiterentwickeln. Der dortige Ascheplatz wird umgewandelt in einen Kunstrasenplatz, voraussichtlich im Jahr 2024. Im Sportentwicklungsplan der Stadt ist die Priorisierung festgeschrieben, jetzt geht es noch um die Gelder. Der Wille von Stadt und Politik ist aber da. Der Kunstrasenplatz bekommt dann eine Doppelmarkierung für Football und Fußball. Denn der Fußball bleibt auf der Anlage mit dem FC Güdderath erhalten – das ist von uns auch mehr als gewünscht, da die Anlage weiter auch durch die Öffentlichkeit genutzt werden soll. Und da kommt man um Fußball in Deutschland nicht herum. Wir wollen uns dort gegenseitig befruchten: möglichst vielen Interessierten die für sie in Frage kommende Sportart anbieten. Wir wollen auch unsere Schul- und Sozialprojekte auf der Anlage durchführen, deshalb sollen die sanierungsbedürftigen Hartplätze als erstes durch Kunstrasenplätze ersetzt werden. Diese Flächen können dann auch der Fußball und der Freizeitsport nutzen. Auch ein Theorieraum soll entstehen.

Wie ist das Feedback auf die Schul- und Sozialprojekten des Vereins?

Sclaes Das ist sehr gut. Wir haben alleine in diesem Jahr über 1000 Kinder aus den Schulen in Mönchengladbach trainiert und in den vergangenen drei Monaten 300 Kinder aus dem Sozialbereich. Also Jugendliche, die beispielsweise mit der sozialen Integration Probleme haben und entsprechende Einrichtungen aufsuchen.

Was wird mit den Jugendlichen gemacht?

Scales Wir spielen mit ihnen American Football! So können sich die Jugendlichen auf der einen Seite sportlich auspowern, auf der anderen Seite bringen wir ihnen über einen klassischen Drill auch Dinge wie Disziplin bei. Aktuell sind in der Gruppe 40 Kinder, da herrschte vor vier Wochen noch viel Chaos. Jetzt stehen die schon in einer Reihe aufgestellt, wenn meine Coaches und ich kommen. Diese Kinder brauchen Beschäftigung und Unterstützung – und die neue Anlage würde uns dabei sehr helfen.

Werfen wir einen Blick in die Historie: Wie kam es 2011 überhaupt zur Gründung von American Sports MG?

Boos Mönchengladbach hat ja eine lange Geschichte im American Football. 1981 gab es schon die Mustangs, später die Mavericks. Viele aus unserem heutigen Verein waren bei den Mavericks Mitglied. Dort war aber viel auf das Bundesliga-Team fokussiert, sodass wir uns irgendwann im Jahr 2011 mit einigen Eltern, Jugendtrainern und Teilen der zweiten Mannschaft zusammengesetzt und einen eigenen Verein gegründet haben. Zum Glück haben wir das, was eigentlich als Parallelangebot gedacht war, damals gemacht, denn kurz danach mussten die Mavericks Insolvenz anmelden. Über Nacht waren wir mit 17 Leuten, die ‚American Sports Mönchengladbach‘ gegründet haben, der einzige Football-Verein in der Stadt. Natürlich haben wir da schnell die Spieler und Trainer aufgenommen, die in Mönchengladbach weiterspielen wollten. So hat sich dieser Verein von Anfang an sehr gut entwickeln können – mit einer kompletten Jugendabteilung und einem Herrenteam in der untersten Liga.

Und die weiteren Abteilungen sind dann aus dem Verein heraus entstanden?

Boos Nur teilweise. Cheerleading und Cheerdance kam relativ schnell dazu, weil es einfach zum American Football dazugehört und ein toller Sport ist. Bei den Baseballern war die Entwicklung ein wenig anders. Es gab im Mönchengladbacher Stadtpark ein paar Jungs, die sich privat die Bälle zugeworfen haben. Die mussten sich dann tatsächlich auch mehrere Male vor der Polizei rechtfertigen, wieso sie Baseball-Schläger dabeihaben. Als sich in dieser Hobbymannschaft höhere, sportliche Ambitionen entwickelten, sind die Jungs an uns herangetreten und haben uns dann gefragt, ob wir ihnen eine Heimat im Verein bieten können, als eigene Abteilung. Auch das hat sich seit 2014 prima entwickelt. Die Bowling-Abteilung ist hingegen wieder aus dem Verein heraus entstanden. Wer sich für amerikanische Sportarten interessiert und in ein Alter kommt, in dem der Körper nicht mehr so gut funktioniert (lacht), der sucht sich eine Alternative. Und statt zum Kegeln gehen diese Leute dann Bowlen. Mittlerweile haben wir bei den ‚Crazy Pins‘ 13 aktive Mitglieder, die auch an Ligen und Meisterschaften teilnehmen, einmal pro Jahr sogar ein großes Charity-Turnier veranstalten.

Den Basketball deckt ihr als sehr beliebte amerikanische Sportart noch nicht ab: Wieso gibt es da keine Abteilung im Verein?

Scales Uns geht es ja vor allem darum, den amerikanischen Sportarten hier in Mönchengladbach ein Betätigungsfeld zu bieten. Aber Basketball ist in Deutschland ja ohnehin schon sehr etabliert und erfolgreich. Trotzdem können wir uns für die Zukunft vorstellen, dass es auch bei uns im Verein ein Basketball-Team geben wird. Es gab zuletzt sogar Gespräche mit einer Mannschaft, die sich uns als Abteilung anschließen wollte. Allerdings haben wir momentan keine weiteren Kapazitäten frei. Wir müssen erst die Projekte in den anderen Abteilungen zu Ende bringen, bevor wir uns daran wagen können. Es ist weniger eine Frage nach ‚was wir wollen‘, sondern eher ‚was wir können‘.

Nach dem Aufstieg der Footballer wird es in der kommenden Saison in der Oberliga weitergehen. Wie laufen die Kader-Planungen für diese Herausforderung?

Scales Wir führen aktuell Gespräche mit potenziellen neuen Coaches und Spielern, die wir zum Probetraining einladen. Dort schauen wir dann auf die spielerische Qualität und Leistung. Wobei ich ganz klar sage, dass das nicht das ausschlaggebende Kriterium ist.

Sondern?

Scales Der Spieler muss ins Team passen. Das Familiengefühl ist mir extrem wichtig. Im Team, aber generell im ganzen Verein. Wer sich nicht ans Wolfpack anpasst, hat keine Chance – egal ob er aus der ersten oder siebten Liga kommt. ‚Football is family‘ und das macht diesen Verein so großartig. Aus diesem Grund habe ich mich vor fünf Jahren auch dazu entschieden, nach Mönchengladbach zu kommen. Die familiäre Atmosphäre und der Ansatz, Spieler aus der Jugend zu integrieren, statt immer nur neue Leute von außen zu holen für den schnellen Erfolg, hat mich total überzeugt. Wir möchten auch die Kinder und Jugendlichen aus den Schul- und Förderprogrammen langfristig bei uns aufnehmen. Viele Mitglieder haben eine bewegte Vergangenheit und wurden vom Verein von der Straße geholt. Im Football gibt es für jeden Platz. Manchmal, wenn ich unsportlich wirkende Jugendliche auf der Straße sehe, die im Sportunterricht sicherlich nie als Erster gewählt werden, dann gehe ich auf sie zu und lade sie ein, bei uns American Football auszuprobieren.

Boos Und genau darin sehen wir auch eine unserer Aufgaben. Wir sind stolz und freuen uns über sportlichen Erfolg: Die Football-Herren sind aufgestiegen, die Damen spielen erfolgreich in der 2. Bundesliga. Aber das ist eher zweitrangig. Wir möchten uns als Mönchengladbacher Sportverein mit über 400 Mitgliedern in der Stadt sozial und gesellschaftlich engagieren. Insbesondere die amerikanischen Sportarten bieten eine große Chance, um Werte zu vermitteln. Dabei geht es um Respekt, Disziplin, Wertschätzung, Leistungsbereitschaft, Kameradschaft. Ich möchte behaupten, dass wir besonders mit dem American Football und unserer Arbeit am Ende auch Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu ‚besseren Menschen‘ machen können.

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