Kolumne Mensch Gladbach Ja, ist denn heut’ schon Karneval?

Mönchengladbach · In Gladbach soll für einen verkaufsoffenen Sonntag der 11.11. auf den 10.11. gelegt werden. Und in Rheydt machen städtische Ästhetikhüter dem Einzelhandel das Leben schwer. Närrisch!

Hoppediz Erwachen lockt am 11.11. Tausende Besucher - 2018 gab es zu diesem Anlass einen verkaufsoffenen Sonntag.

Hoppediz Erwachen lockt am 11.11. Tausende Besucher - 2018 gab es zu diesem Anlass einen verkaufsoffenen Sonntag.

Foto: Denise Brenneis

So schön Veränderung ist, auf manches muss einfach Verlass sein. Und im Rheinland ist das im Zweifel der Karneval: Start ist am 11.11., vorbei ist alles am Aschermittwoch. Dazwischen werden Rathäuser von Narren gestürmt, ziehen Züge durch die Städte, wird geschunkelt, gebützt, gesungen, getanzt. Mönchengladbach schert an einigen Stellen aus: Das Rathaus wird nicht Altweiber von den Möhnen gestürmt, sondern Rosenmontag von allen Narren. Manchmal bleibt das Rathausinnere dem Sturm der Jecken sogar ganz verschlossen. Dass hier der Zug erst am Veilchendienstag zieht, ist ja ein Markenzeichen. Aber der Anfang und das Ende des Karnevals blieben unangetastet. Bisher. Doch jetzt wird’s wirklich närrisch: Der 11.11. ist in Gefahr!

In der Bezirksvertretung Nord diskutierten die Politiker am Mittwoch über verkaufsoffenen Sonntage für dieses Jahr. Sonntags dürfen Geschäfte nur dann öffnen, wenn es parallel einen Anlass, also ein Ereignis gibt, das mehr Besucher zieht als das Einkaufsvergnügen. Manche Veranstaltungen eignen sich dafür besser, andere weniger. Der 11.11. mit Hoppediz Erwachen gehört zur ersten Kategorie. Und 2018 fiel kalenderbedingt der besucherstarke Karnevalsstart auf einen Sonntag. Günstig für den Einzelhandel in der Gladbacher Innenstadt. Damit auch ja nichts schiefgeht mit dem Einkaufssonntag, zogen die Karnevalisten sogar vom Kapuzinerplatz an die Hindenburgstraße.

Ein Christdemokrat fragte nach, ob das auch dieses Jahr denkbar sei. Nun fällt der nächste 11. November absehbar auf einen Montag. Während wir uns gedanklich schon über den Antrag auf Montagsöffnung amüsierten, setzte der Vertreter der zuständigen städtischen Behörde noch eins drauf: „Wir überlegen, den 11.11. auf den 10.11. zu legen.“ Der Obernarr Hoppediz soll einfach früher geweckt werden. Hauptsache  Sonntag. Und 2020? Legen wir den 11.11. auf den 9.11., ein Jahr später auf den 8.11. – und so fort, bis der 11.11. endlich wieder ein Sonntag ist? Was schaltjahrbedingt übrigens erst 2029 der Fall sein wird. Bei allem Verständnis für die Nöte des Einzelhandels: Da hat wohl ein Jeck zu früh das Rathaus gestürmt.

Ebenso närrisch ist das, was in Rheydt vor sich geht. Dort kämpft die Innenstadt massiv mit Leerständen in den Ladenzeilen. Es gibt Programme, mit denen das Rathaus versucht, dagegen anzukämpfen. Gleichzeitig macht man den verbliebenen Geschäften das Leben schwer, weil Hüter irgendwann formulierter ästhetischer Standards unerbittlich auf die Satzung pochen. Wer den Namenszug seines Ladens an der falschen Stelle aufhängt oder gar bestehende Schilder mit dem eigenen Schriftzug überklebt, bekommt die volle Härte der Ordnungskräfte zu spüren. Ob es danach schöner aussieht? Egal. Es geht ums Prinzip.

Wie wäre es mal mit der berühmten rheinischen Lösung? Weder ins eine noch ins andere Extrem ausschlagen. Leben und leben lassen. Ein Auge zudrücken. Fünfe grade sein lassen. Nur den Auftakt zum Karneval verlegen – das geht im Rheinland nicht. Ein nicht allzu närrisches Wochenende!

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