Bilanz aus der Region In NRW traf der Streik Köln am härtesten

Köln · Flüge wurden gestrichen und im Berufsverkehr sorgte der Verdi-Warnstreik für großes Chaos: Der Verkehr auf den Autobahnen um Köln und in der Innenstadt kam zeitweise zum Erliegen. Ein Überblick über die Auswirkungen in unserer Region.

Bilder vom Verdi-Streik am 10. April 2018 in NRW-Städten
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Der Verdi-Streik am 10. April 2018 in der Region

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Foto: Mathias Schumacher

Verdi hat am Dienstag zum Streik in NRW aufgerufen und sorgte so für Stillstand in vielen Städten: In Köln machte es zwischen 7.30 Uhr und 10 Uhr schlicht keinen Unterschied, ob man als Pendler raus aus der Stadt wollte oder rein. Die Brücken, die großen Zufahrtsstraßen und die Autobahnen im Stadtgebiet wie die A1, die A3, die A4 und die A57 waren völlig überlastet.

Wer klug war, stieg aufs Rad um. Erst am späten Vormittag beruhigte sich die Verkehrssituation. Im Feierabendverkehr dürfte sich das Chaos wiederholen. Auch auf den Autobahnen A59 und A559 aus Richtung Flughafen Köln/Bonn standen die Autos und Lkw Stoßstange an Stoßstange.

Am Flughafen wurde wegen der streikenden Feuerwehr aus Sicherheitsgründen der Flugbetrieb zwischen 8 und 11 Uhr komplett eingestellt. Köln/Bonn war einer von vier Flughäfen in Deutschland, die im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst bestreikt wurden.

"Hauptsache, wir kommen heute noch an"

Vor dem Flughafen vertrieb sich ein Ehepaar mit seinen beiden Hunden die Zeit mit einem Spaziergang. Ihr Flug nach Palma de Mallorca wurde vom Vormittag auf 12 Uhr verschoben. "Hauptsache, wir kommen heute noch hin", sagte die Frau. In den Terminals blieb das große Chaos aus: Viele hatten sich rechtzeitig über die geänderten Flugpläne informiert. Andere vertrieben sich die Zeit in den Shops und Cafés.

Auch am Kölner Hauptbahnhof verirrten sich nur ein paar wenige in die U-Bahn-Stationen der "Kölner Verkehrs-Betriebe" (KVB). "Ich muss nach Ossendorf zu einem Seminar", sagt ein Mann. Dass fast alle Bahnen am Morgen in den Depots blieben, wusste er nicht. "Dann fahr ich halt wieder nach Hause", sagt er. Oben bei den S-Bahnen und an den Gleisen der Deutschen Bahn war es dafür etwas voller. Die Großbaustelle auf der Bahnstrecke zwischen Köln und Düsseldorf sorgte für zusätzliche Probleme. Bis zum 19. Mai fallen deshalb ohnehin schon Züge aus — die, die fahren, waren am Dienstag umso voller.

Draußen am Bahnhofsvorplatz beim Taxistand standen die Leute auch Schlange. Zwei junge Reisende stiegen einfach auf das Rikscha-Taxi um, Ziel: Zülpicher Platz. "Das schaffe ich in zehn Minuten", versprach der Rikscha-Radler.

Nachdem beim ersten Verdi-Streik vor rund drei Wochen viele Verständnis für die Streikenden hatten, zeigten sich die Pendler am Dienstag etwa in Duisburg genervt. "Die sollen jetzt erst einmal verhandeln", sagte Sybille Kahn, die von Hagen aus auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz im Duisburger Westen am Hauptbahnhof gestrandet war. "Ich bin ja grundsätzlich dafür, dass jeder streiken darf. Nur darf das auch nicht zur Schikane für die Pendler ausarten."

Die Duisburger Taxifahrer zählten zu den wenigen Profiteuren der Ausstände. Dementsprechend zufrieden gaben sie sich: "Für uns sind solche Streiks natürlich nicht schlecht", sagte Taxifahrer Harald Bohm. "Das Geschäft läuft super. Die Zentrale hatte für heute extra zusätzliche Fahrer angefordert." Zufrieden war auch der Duisburger Verdi-Chef Thomas Keuer: "Die Beteiligung an den Ausständen ist so hoch, wie wir es uns erwartet haben."

Schon seit dem frühen Morgen streikten die Mitarbeiter der DVG, der Wirtschaftsbetriebe und der Stadt. Auch viele Kita-Mitarbeiter hätten sich beteiligt. "Da in Duisburg heute keine Kundgebungen stattfinden, sind viele der Streikenden nun auf dem Weg zu den zentralen Kundgebungen in Köln." Aus Duisburg seien allein mehr als 40 Busse in Richtung Köln aufgebrochen. "Ich denke, dass wir mit dem Streik heute ordentlich Druck vor der nun anstehenden Verhandlungsrunde aufbauen konnten."

Der Bahnhofsvorplatz am Mönchengladbacher Hauptbahnhof war am Morgen wie leergefegt. An den Steigen hielt an diesen Morgen kein einziger Bus. Die Züge der Deutschen Bahn rollten allerdings an. Wer aus Gladbach raus musste, stieg auf das Auto um. Die Straßen waren deutlich voller als an normalen Tagen. Das merkte auch Stadtsprecher Dirk Rütten auf seinem Arbeitsweg. "Ich bin mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. Es hat wegen der von Autos verstopften Straßen aber deutlich länger gedauert", sagt er.

Auch die städtischen Kitas wurden am Dienstag in Mönchengladbach bestreikt, Hausmeister an Schulen und Hauspost-Kuriere der Stadt hatten ebenfalls ihre Arbeit niedergelegt. Der Unterricht an den Schulen fand aber statt — auch die Verpflegung der Schüler war gesichert, wie Sprecher Rütten sagte.

In Solingen fuhren auch nur die wenigen Buslinien, die privat oder von der Rheinbahn betrieben werden. Ein Taxifahrer am Solinger Bahnhof sagte allerdings, es sei am Morgen genauso ruhig wie sonst gewesen. Er konnte kein Zusatzgeschäft machen. Viele Schüler und Pendler waren in Solingen zu Fuß unterwegs. Am städtischen Klinikum in Solingen war von den Auswirkungen des Streiks kaum etwas zu spüren. Laut eines Sprechers hatte der Streik aber nur geringe Auswirkungen auf die Patienten. Die Ambulanz und die OP-Säle arbeiten normal. Der Betriebsrat bestätigte, dass einige Kollegen mit einem Bus nach Köln zur Kundgebung gefahren sind.

Dort kamen am späten Vormittag etwa 15.000 Streikende auf dem Heumarkt zusammen. Mit Trillerpfeifen und Musik demonstrierten sie für eine Lohnerhöhung von 6,5 Prozent, mindestens aber 200 Euro.

(hsr)
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