Mönchengladbach Sie alle waren einmal Gladbacher Bahnhöfe

Mönchengladbach · Ab Mitte des 19. Jahrhunderts florierte in Gladbach der Handel, und es entstanden immer mehr Bahnhöfe. Viele sind verschwunden.

So sahen die Mönchengladbacher Bahnhöfe vor 100 Jahren aus
11 Bilder

So sahen die Mönchengladbacher Bahnhöfe vor 100 Jahren aus

11 Bilder
Foto: Stadtarchiv M�nchengladbach

Der Rheydter Hauptbahnhof ist heute nicht mehr im besten Zustand, und das stählerne Ungetüm vor dem Gladbacher Pendant ist auch nicht gerade eine Augenweide. In Odenkirchen wich das Bahnhofsgebäude einem Parkplatz, und das Bahnsteigdach ist marode. An den anderen Haltestellen im Stadtgebiet steigen nur einige Pendler ein und aus. Doch das war nicht immer so. Das heutige Mönchengladbach war einmal eine Gegend, in der es von Bahnhöfen nur so wimmelte. Das lag vor allem an der florierenden Industrie des 19. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des vergangenen. Im Laufe der Zeit entstanden im heutigen Stadtgebiet zwölf Bahnhöfe. Die meisten von ihnen sind heute verschwunden und ihre Existenz nur noch in Straßennamen erhalten.

Mönchengladbach damals und heute
34 Bilder

Mönchengladbach damals und heute

34 Bilder

Die Geschichte, dass die Eisenbahn überhaupt nach Mönchengladbach kam, begann im Jahr 1830. Damals gab es erste Ideen, eine Bahntrasse von Köln nach Antwerpen zu bauen. Acht Jahre später wurde mit ihrem Bau begonnen, der am 15. Oktober 1843 fertiggestellt war. Da gab es bereits eine Strecke, ganz in der Nähe. Sie führte von Düsseldorf nach Erkrath. Damals wurden die Trassen noch von privaten Gesellschaften betrieben. So konkurrierte die Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn-Gesellschaft mit der Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft und der Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft. Eine der wichtigsten war jedoch die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft mit ihrem Präsidenten Gustav Mevissen. Er stieß den Bau vieler Streckenverläufe im Rheinland an.

1851: Strecke Gladbach-Viersen wird eröffnet

Der entscheidende Moment für Gladbach kam im Jahr 1847. Damals eröffnete die Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft eine Strecke von Duisburg nach Hamm mit der der Duisburger Hafen seinen Aufstieg begann. Die linksrheinische Industrie förderte die Entstehung der Ruhrort-Crefeld-Kreis Gladbacher Eisenbahngesellschaft. Schon 1844 gab es die Bestrebung, eine Strecke von Aachen nach Düsseldorf über Rheydt zu führen. Betrieben werden sollte die Strecke von der Aachen-Düsseldorfer Eisenbahn-Gesellschaft, die ihren Sitz in Gladbach hatte. 1847 legte man fest, dass Gladbach die Endstation der Trasse nach Krefeld wird und Rheydt eine Station an der Strecke Aachen-Düsseldorf bekommt.

Freizeit: 46 Dinge, die man in Mönchengladbach erlebt haben sollte
48 Bilder

46 Dinge, die man in Mönchengladbach erlebt haben sollte

48 Bilder

Am 15. Oktober 1851 war es soweit: Die Strecke Gladbach - Viersen wurde eröffnet. Ein Jahr später wurde die Strecke über Rheydt nach Aachen verlängert. Der erste Gladbacher Centralbahnhof erstreckte sich von der Lüpertzender Straße bis zur Breitenbachstraße. Weil er ein Inselbahnhof war, hatte er dort einen Zugang, wo heute in der Stützmauer des Bahndamms an der Goebenstraße ein Rundbogen ist. 1853 wurde die Strecke von Aachen nach Düsseldorf endgültig fertiggestellt. Die Bedeutung Gladbachs bekam durch die Gründung der Gladbacher Spinnerei- und Weberei AG im Jahr 1855 Gewicht. Seitdem profitierte die Stadt von der Bahn. Auch in Rheydt war ein Bahnhof entstanden, der jedoch anders aussah als der heutige. Sein Empfangsgebäude lag zwischen den Gleisen zwei und drei und war hochmodern ausgestattet.

Die Bahnhöfe von damals hatten mit den Bahnhöfen von heute nicht viel gemein

Der Bahnhof Wickrath glich im Stil dem Rheydter. Er hatte einen Wartesaal und Räume für die Fahrkartenausgabe und ein Restaurant. Wann er genau entstand, ist heute nicht mehr genau zu belegen. Handel wurde dort schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts getrieben. Von 1866 bis 1874 entstanden im Stadtgebiet immer mehr Bahnstrecken. Damit einher gingen die Bauten weiterer Bahnhöfe. In Rheindahlen entstand ein Bahnhof seitlich zu den Schienen, der aus einem zweigeschossigen Ziegelbau und einem Güterschuppen bestand. Der Bahnhof Geneicken lag in einer ländlichen Gegend. Der Straßenname "Am Gerstacker" zeugt noch heute davon. Er war ein kleines Fachwerkgebäude mit einem eingeschossigen Mittelteil und zwei Seitenflügeln. Im benachbarten Güterschuppen wurden Kohle, Holz und Textilien verladen.

Hier verlief die historische Stadtmauer
7 Bilder

Hier verlief die historische Stadtmauer

7 Bilder

Der erste Zug passierte am 1. Februar 1870 den Bahnhof. In Müllfort, so die damalige Schreibweise, entstand im selben Jahr an der Steinsstraße ein Banhof im klassizistischen Stil mit einem zweigeschossigen Mittelbau und zwei Seitenflügeln. Er galt als Umschlagplatz für Kohle, Koks, Leder, Textilien, Malz und Ziegelsteine. Den Baustil ahmte man in Odenkirchen nach. Eröffnet wurde der Bahnhof 1870. Auch hier florierte der Handel mit Gütern. Neben Kohle, Holz, Baumwolle, Lohe, Leder und Watte, handelte man mit Getreide und Wein. Ab 1905 bestand daher eine Strecke nach Morr. Dort gab es einen großen Güterbahnhof, der architektonisch beinahe einem Kirchenbau glich. Betrieben wurde er in den ersten Jahren unter dem Namen Rheinischer Bahnhof Rheydt. Der dort ursprünglich geplante Personenbahnhof war da schon wieder geschlossen, weil er zu groß geraten war.

Mit der Zeit gab es immer mehr Bahnhöfe

Einen weiteren Güterbahnhof gab es in Speick. 1890 wurde er durch eine Kurzstrecke an den Bahnhof Rheydt angeschlossen. Da er seit 1878 auch als Personenhaltestelle genutzt wurde, gab es einen Zugang über die heutige Bahnstraße, die Landgrafenstraße und die Kamillianerstraße. Ein Bahnhof mit zwei Wartesälen und einem Restaurant entstand in Dünn. Am 31. Januar 1907 wurde er in Bahnhof Neuwerk umbenannt, das alte Gebäude abgerissen und ein neues gebaut. Einen weiteren Umbau gab es in Herrath. Weil in Wickrath der Handel florierte, wurde der dortige Haltepunkt 1905 umgestaltet. 1931 entstand schließlich ein richtiger Bahnhof, dessen Gaststätte bis in die 70er bewirtschaftet wurde. 1911 entstanden weitere Haltestellen in Günhoven und Genhausen. Während die Station in Günhoven nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegeben wurde, ist die Anlage in Genhausen noch vorhanden.

Mit dem Ersten Weltkrieg geriet der Aufschwung ins Stocken - und nach dem Zweiten begann der Niedergang der Bahnhöfe. In Mülfort, Speick und Morr waren die Bahnhöfe zerstört. Daher wurde die Anlage in Morr 1955 abgerissen und künftig als Abstellgleis genutzt. Speick wurde ebenfalls aufgegeben. Heute befindet sich dort ein Schrottplatz. Mülfort sollte in den 50ern geschlossen werden, doch die IHK setzte sich für den Erhalt ein. Der Güterverkehr wurde erst am 30. April 1964 eingestellt. Der letzte Personenzug rollte am 31. Januar 1985, demselben Tag, an dem auch in Geneicken der Betrieb endete.

Während der Bahnhof Mülfort abgerissen wurde, dient der Geneickener Bahnhof heute als Restaurant. Drei Jahre zuvor war bereits der Personenverkehr in Neuwerk beendet worden. In den 90ern endete auch der Güterverkehr. In Wickrath wurde der Bahnhof von diversen Unternehmen genutzt. Der Herrather Bahnhof ist seit 1992 in Privatbesitz. In Odenkirchen gibt es zwar noch Bahnverkehr, doch das Bahnhofsgebäude wich im vergangenen Jahr einem Parkplatz.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort