Mönchengladbach Sexualmord-Prozess: Angeklagter lehnt Sachverständige ab

Mönchengladbach · Der 68-Jährige wirft den Rechtsmedizinern mangelnde Sachkompetenz und dem psychologischen Gutachter Voreingenommenheit vor.

Spurensicherung am Tatort in Wickrath.

Spurensicherung am Tatort in Wickrath.

Foto: Reichartz

Eigentlich sollte im Verfahren um den mutmaßlichen Sexualmord in Wickrath gestern mit den Plädoyers begonnen werden, doch der Prozess wird sich weiter hinziehen. Die beiden Anwälte des 68-jährigen Angeklagten hatten bereits neue Beweisanträge gestellt, jetzt folgten Anträge, Sachverständige wegen Befangenheit abzulehnen.

Zunächst aber wurden gestern im Gerichtssaal SMS-Nachrichten vorgelesen, die sich der Angeklagte und das spätere Opfer geschickt haben und die durchaus auf eine innige Verbindung schließen lassen: "Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben", "Ich liebe dich so sehr", "Ich werde dich immer lieben und auch nie für eine andere Frau verlassen". Sexuelle Anspielungen gab es auch in den Nachrichten, die gewechselt wurden, alles gespickt mit Herzchen.

Die Liebe des Angeklagten zu seiner Lebensgefährtin und seinem späteren Opfer sei im psychologischen Gutachten überhaupt nicht in Betracht gezogen worden, Fahrlässigkeit auch nicht, erklärte der Verteidiger des 68-Jährigen. Laut Anklage soll der Rentner seine alkoholisierte Freundin am 7. November vergangenen Jahres sexuell so schwer missbraucht haben, dass sie an inneren Blutungen starb.

Der Sachverständige habe den Angeklagten vorverurteilt, sagte der Anwalt. Er habe mehrfach von "vergleichbaren Tätern" gesprochen. Außerdem habe der Gutachter, der von einer "pervers-sadistischen Tat" sprach, nichts davon gewusst, dass die Lebensgefährtin am Abend vor ihrem Tod von einem Barhocker gefallen sei und sich dabei einen Halswirbel gebrochen habe. Doch nicht nur den psychologischen Sachverständigen lehnt der Angeklagte wegen Befangenheit ab. Die Rechtsmediziner seien ein "verlängerter Arm der Ermittlungsbehörden" und deshalb voreingenommen. Sie hätten die Auswirkungen des Sturzes vom Hocker bei der Untersuchung des Leichnams in keiner Weise in ihren Überlegungen mit einbezogen, erklärte der Anwalt. Die Fachärzte hätten nur von schwerster Gewalteinwirkung auf den Unterleib gesprochen und die inneren Verletzungen verbunden mit dem enormen Blutverlust als einzige Todesursache gesehen.

Ein Rechtsmediziner hatte im Prozess geschildert, dass vor allem im Schlafzimmer des Angeklagten alles voller Blutspuren gewesen sei. An der Wand des Zimmers habe er charakteristische Schleuderspuren und Blutspritzer entdeckt. Der Angeklagte müsse mit einem Werkzeug ausgeholt und es mit Tempo bewegt haben. Nach den Worten des Verteidigers hätten die Rechtsmediziner bei ihren Untersuchungen und Rückschlüssen wichtige Parameter ignoriert. Das könne man auch als mangelnde Sachkompetenz werten. Über die Anträge will das Gericht noch entscheiden. Gestern wurden zwei neue Prozesstermine angesetzt.

(gap)
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