Mönchengladbach Sechs-Monats-Überraschung aus Amsterdam

Mönchengladbach · Mit ihrer siebten Performance verabschiedet sich die 24. Kunststipendiatin Rosa Sijben aus Gladbach.

 Bei der Schluss-Performance von Rosa Sijben (links) fuhren Teilnehmer mit Süßigkeiten auf Tabletts die Rolltreppe im Vitus-Center hinauf.

Bei der Schluss-Performance von Rosa Sijben (links) fuhren Teilnehmer mit Süßigkeiten auf Tabletts die Rolltreppe im Vitus-Center hinauf.

Foto: Isa Raupold

Es ist schon erstaunlich, in welch kurzer Zeit die vom Kulturbüro der Stadt unterstützte niederländische Stipendiatin Rosa Sijben die Herzen der Menschen in Mönchengladbach und der Umgegend erobert hat. Mit einer typischen Sijben-Performance verabschiedete sie sich nun vor großem Publikum von der Stadt und den vielen Menschen, von denen sie in den vergangenen Monaten "unglaublich viel Hilfe und Aufmerksamkeit erhalten" habe. "Danke" sei das Wort, das sie in den vergangenen Tag am allermeisten verwendet habe. Das Stipendium der Wilberz-Stiftung sei, so Sijben, eine äußerst interessante Erfahrung und eine unglaublich gute Zeit gewesen. Ein halbes Jahr hat Rosa Sijben im Atelier an der Steinmetzstraße gelebt und gearbeitet.

Zum Zeitpunkt dieses Rückblicks saßen schon alle Gäste auf ihren Stühlen im oberen Stockwerk des Vitus-Centers und kauten Lakritz, Zuckerstangen und ähnliches. Man könnte sagen, sie vertilgten genüsslich Kunst. Aber der Reihe nach.

Zunächst wurden stilvoll arrangierte Tabletts mit ebendiesem farblich sortierten, bunten Zuckerwerk auf Sockeln im Untergeschoss des Vitus-Centers präsentiert. Plötzlich - fast wie bei einem Flashmob - traten einige Männer und Frauen aus der Gruppe der Gäste nach vorne, nahmen sich je eines der Tabletts, unter ihnen auch Rosa Sijben, und fuhren mit ihnen die Rolltreppe hinauf. Nach kurzer Zeit durften die Gäste folgen. Oben angekommen, defilierte die Schar der Besucher an den Tabletts und ihren Trägerinnen und Trägern vorbei wie an prominenten Würdenträgern. Kosten war erlaubt. Die Objekte aus der Kunstperformance waren in Bewegung geraten und endeten so, wie sie begonnen hatten: als Essbares.

Die letzte der sieben Interventionen aus der Reihe "Things are happening" lautete: #7. Personal Invitation. Rosa Sijben ließ ihre vergangenen Aktionen Revue passieren. Fragte sich und das Publikum nach den "Dingen" und ihrer Bestimmung, ihren eventuell vorhandenen Möglichkeiten, Entscheidungen zu treffen, fragte sich, ob Dinge unabhängig von der Wahrnehmung des Betrachters existieren, ob Dinge starr oder lebendig seien. Es wurde richtig philosophisch. Rosa Sijben reflektierte ihre Pilates-Aktion vor den Polke-Bildern im Museum Abteiberg, bei denen sie das Gefühl gehabt habe, dass die Dinge (die Bilder) in Dialog zu den Menschen getreten seien.

Apropos Dialog: Dr. Thomas Hoeps, Leiter des städtischen Kulturbüros, fand begeisterte Worte für die Stipendiatin. Er nannte sie "die Sechs-Monats-Überraschung", die sich selbst und alle in ihrer Umgebung an Grenzen geführt habe. Sie habe künstlerisch arbeitend die unterschiedlichsten Menschen (und Orte) zusammengebracht; sie habe dafür gesorgt, dass sich die Wahrnehmung für Dinge und nebenher auch für Mönchengladbach geändert habe; und schließlich habe sie eine höchst poetische Note in ihre Arbeiten gebracht.

Hoeps schloss, in Abwandlung einer Sijben-Performance, seine Rede so: "We love you!" Und Sijbens Schlusswort lautete: "Ich freue mich, mit Euch ein Glas zu heben!"

Übrig bleibt von den flüchtigen sieben Performances ein Objekt mit längerer Haltbarkeit: ein Stickerbuch mit Fotos der Performances und einem Text.

(b-r)
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