Tierpark Odenkirchen Tschüss, Schnuller

Mönchengladbach · Soll der Schnuller abgelegt werden, können Eltern mit ihren Kindern sogenannte Schnullerbäume aufsuchen. Die Idee kommt aus Dänemark und soll die Entwöhnung erleichtern. Auch im Tierpark Odenkirchen gibt es einen solchen Baum.

 Im Tierpark Odenkirchen steht ein Schnullerbaum. Louniz mit Mutter Tanja Binder-Rütten hängt seinen dort auf. Mit dabei sind Vater Andy Binden und Schwester Dalyn Binden.

Im Tierpark Odenkirchen steht ein Schnullerbaum. Louniz mit Mutter Tanja Binder-Rütten hängt seinen dort auf. Mit dabei sind Vater Andy Binden und Schwester Dalyn Binden.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Wenn Eltern ihren Kindern den Schnuller abgewöhnen wollen, können sie sogenannte Schnullerbäume aufsuchen. Die Idee kommt aus Dänemark und soll die Entwöhnung erleichtern. Auch im Tierpark Odenkirchen gibt es einen solchen Baum.

Auf den letzten Metern scheint das Vorhaben von Familie Binder zu scheitern. Mit Louniz sind Mutter Tanja und Vater Andy im Tiergarten Odenkirchen in Mönchengladbach. Der Zweijährige ist aufgeregt, zeigt auf den Luchs im Käfig und auf einen freilaufenden Pfau. Dann will er auf den Arm - und stellt die gefürchtete Frage: "Wo ist denn mein Nucki?" Die Familie ist heute nicht einfach so hier. Sie hat ein Ziel: den Schnullerbaum.

Wie bei vielen Kleinkindern steht bei Louniz die Entwöhnung vom Schnuller an. Damit ihm das leichter fällt, hat sich die Familie entschieden, den Schnullerbaum zu nutzen. Daran können Kinder ihre Schnuller aufhängen. Dazu gibt es eine Geschichte, um den Abschied zu erleichtern. Mal kommt die Schnullerfee und bringt den Schnuller anderen Kindern, mal passt - wie bei Louniz - das Borussia-Maskottchen Jünter ab jetzt darauf auf. Die Idee kommt aus Dänemark. Schon in den 1920er Jahren wurde der erste Baum dieser Art auf der dänischen Insel Thuro aufgestellt. Mittlerweile ist die spielerische Entwöhnung auch in Deutschland verbreitet: Ähnliche Bäume gibt es etwa in Düsseldorf, Köln, Mülheim an der Ruhr und Ratingen.

"Idee ist einfach charmant"

Der Baum in Odenkirchen steht seit 2012, gestiftet wurde er von der Frauenorganisation "Ladies' Circle". Der damalige Tierparkchef Norbert Oellers war sofort begeistert: "Die Idee ist einfach charmant und der Baum bis heute sehr beliebt." Das bestätigt Tiergartenleiterin Kathrin Ernst. Alle paar Monate wird der Baum geleert - allerdings nie komplett. "Wir wollen die Kinder ja nicht verschrecken, die nochmal wiederkommen und ihren Schnulli suchen." Oellers ist noch immer fast jede Woche im Tiergarten zu Besuch. Oft trifft er dabei Kinder, die ihre Schnuller am Baum aufhängen.

So wie Louniz, der an einem schönen Frühlingstag seinen mit dem Emblem von Borussia Mönchengladbach verzierten Schnuller in der Hand hält. Tanja Binder-Rütten redet ihrem Sohn gut zu. "Komm, wir hängen den Schnulli jetzt auf. Du brauchst ihn ja gar nicht mehr." Dann ist es so weit: Louniz läuft um den Baum herum, bestaunt die vielen Schnuller und entscheidet sich für ein Ästchen in Greifhöhe. Vorsichtig hängt er seinen Schnuller daran. Damit er diesen bei einem späteren Besuch wiederfinden kann, hat Mutter Tanja ein graues Band mit seinem Namen daran befestigt. Zum Abschied bekommt der "Nucki" noch ein Küsschen, dann ist es geschafft. Zur Belohnung gibt es ein Borussia-Shirt und eine Sonnenbrille.

Familie Binder hat den Zweijährigen gut auf diesen Moment vorbereitet. Wie Tanja Binder-Rütten erzählt, schläft Louniz seit einigen Wochen meist ohne Schnuller ein. "Da haben wir gedacht: Jetzt können wir es probieren", sagt Binder-Rütten. Von dem Baum habe sie gelesen und Louniz sei von der Idee begeistert gewesen. Damit haben die Binders alles richtig gemacht, sagt Kinderpsychologin Coletta Scharf. Sie empfiehlt, mit der Entwöhnung erst zu beginnen, wenn das Kind selbst einen Impuls dazu gegeben hat. Der Schnuller sei ebenso wie das Nuckeln am Daumen oder an einem Kuscheltier Ausdruck des Bedürfnisses, sich selbst zu beruhigen. "Eigentlich ist das sogar ein Fortschritt", sagt Scharf, "schließlich beginnt damit die Unabhängigkeit von der Mutter."

"Jetzt möchte ich ein Eis"

Einen Zeitpunkt, ab dem die Entwöhnung erfolgen sollte, gibt es der Psychologin zufolge nicht: "Kinder sind unterschiedlich lange auf Saughilfen angewiesen." Wenn das Kind zu sprechen beginne, sollten Eltern versuchen, es mit Worten zu beruhigen - beim Einschlafen etwa durch eine Gutenachtgeschichte oder ein Lied. Dann seien körperliche Beruhigungshilfen weniger nötig, und die Entwöhnung vom Schnuller könne beginnen. Eine Geschichte wie die vom Schnullerbaum oder der Schnullerfee sei eine gute Variante, sagt Scharf. Zudem sollten Eltern für Ersatz sorgen - etwa durch ein Kuscheltier oder eine Schmusedecke. Am wichtigsten sei, sich an den Bedürfnissen des Kindes zu orientieren: "Das Kind sollte der Wegweiser sein. Ohne ein solches Zeichen hilft auch der Schnullerbaum wenig."

Bei Louniz hat alles geklappt. Schon kurz nach dem Aufhängen interessiert sich der Zweijährige mehr für sein T-Shirt und die giftgrüne Sonnenbrille. Zum Abschied dreht er sich noch einmal zu seinem Schnuller um. "Tschüss", sagt er, winkt und hat schon etwas Neues im Sinn: "Jetzt möchte ich ein Eis."

(kess)
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