Mönchengladbach Schneiders Kunst: Verbot erzürnt Gladbacher

Mönchengladbach · Was sich im Vorfeld der Kasseler Kunstschau "documenta 2012" abspielt, erzürnt viele Kunstliebhaber und Künstler. Wir haben mit Galeristen über Gregor Schneider gesprochen.

Werke von Gregor Schneider
7 Bilder

Werke von Gregor Schneider

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Dietmar Löhrl betreibt seit 1980 eine Kunstgalerie in Mönchengladbach. Zu den von ihm vertretenen Künstlern gehören der Bildhauer Stephan Balkenhol und der Rheydter Konzeptkünstler Gregor Schneider.

Was sich im Vorfeld der Kasseler Kunstschau "documenta 2012" abspielt, bringt Löhrl auf die Palme: Sowohl an einer Skulptur von Balkenhol, die auf dem Kirchturm einer katholischen Kirche in Kassel steht, als auch an einem von Gregor Schneider geplanten Projekt vor oder in der evangelischen Karlskirche in Kassel stört sich die Documenta-Leiterin Carolyn Christov-Bakargiev. Erfolgreich intervenierte sie bei dem künstlerischen Vorhaben von Gregor Schneider. Darauf zog die Kasseler Kirche ihr Angebot zurück.

Üble Zensur — skandalös

"Das ist eine Form von übler Zensur", die die Documenta auszuüben versucht", wettert Galerist Löhrl. "Wenn Kunstakteure darauf hin arbeiten, andere Kunst zu verhindern, ist das absolut skandalös!" So etwas habe mit dem Anspruch künstlerischer Freiheit nichts zu tun.

Er hält das Vorgehen für ein "Eigentor" der Documenta-Chefin. Löhrl war der erste Kunstförderer, der den damals 15-jährigen Gregor Schneider in seiner Galerie arbeiten ließ. Vor 20 Jahren ermöglichten die Löhrls Schneider im Alten Haus Zoar eine erste Einzelausstellung. Susanne Titz, Leiterin des Museums Abteiberg, war gestern ausdrücklich nicht zu einer Stellungnahme bereit.

Der Mönchengladbacher Künstler Thomas Virnich hat vor zehn Jahren — ebenso wie Balkenhol jetzt — parallel zur Documenta — seinen großen "Turm zu Babel" in einer katholischen Kirche gezeigt. Der damalige Documenta-Macher, Okwui Enwezor, habe sich daran überhaupt nicht gestört. "Ich finde es sehr schlimm, dass die Leitung der evangelischen Kirche, die ja Gregor Schneider eingeladen hatte, sich nicht durchsetzt", sagt der Künstler. "Das ist ein deutliches Zeichen für Schwäche, und offenbar will man sich der allgemeinen Documenta-Gläubigkeit anpassen."

Lobby offenbar nicht groß genug

Vaago Weiland findet es "immer wieder hochinteressant zu sehen, wie der Kunstmarkt funktioniert". Er selbst bewege sich nicht auf Messen, in Galerien und auf großen Kunstevents. "Denn ich weiß: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um." Er glaubt, dass Schneiders Lobby offenbar nicht groß genug ist, um gegen die Macht der Documenta-Betreiber zu kämpfen. "Ich weiß, dass da getreten, gehackt und gebissen wird. Das ist geradezu ekelhaft." Die evangelische Kirche in Kassel habe es offenbar vorgezogen, sich nicht mit der diesjährigen Documenta-Chefin Carolyn Christov-Bakargiev anzulegen. "Dabei hätte sie durchaus die Macht dazu", meint Weiland. Seinem Künstlerkollegen rät er, mit seiner Kunst einfach an einen anderen Ort zu gehen. "Wenn die ihn nicht wollen, haben sie Pech gehabt.

(RP/rl)
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