Serie Was Macht Eigentlich? Rolf Mayer: Er vererbt alles dem Sport

Mönchengladbach · Er ist ein Funktionär, der nie im Blickpunkt stehen mag, sondern still und zuverlässig als Ehrenamtler seine Arbeit tut. Seit 34 Jahren für den Handball, und 22 Jahre als Geschäftsführer des Stadtsportbunds - der ihn dann aber nicht mehr wollte.

Das ist so typisch Rolf Mayer: Da redet man stundenlang mit ihm über sein Leben, das nicht spektakulär ist, von dem aber der Sport in Mönchengladbach seit dreieinhalb Jahrzehnten profitiert. Und dann kommt so ganz nebenbei etwas heraus, über das der 72-Jährige nie groß geredet hat - weil es ihn in den Blickpunkt rücken würde. Und das hat er nie gemocht und mag es auch heute nicht. Dieser Bericht hier mag ihm deshalb wohl nicht so ganz gefallen. Doch die Geschichte Rolf Mayers ist es wert, jetzt einmal veröffentlicht zu werden.

Er hat vor zwei Jahren die Rolf-Mayer-Stiftung gegründet. Aus den zunächst investierten 50.000 Euro gehen die, ob der Situation am Finanzmarkt momentan nur kleinen, jährlichen Erträge an den Rheydter Turnverein 1847 und den Handballkreis Mönchengladbach. Zwei Vereine, in die er viel Herzblut und Zeit gesteckt hat. Und dann ist da noch sein Testament. Da Rolf Mayer keine "natürlichen" Erben hat, als Einzelkind ohne Partner und Nachkommen, geht sein Vermögen an eben diese Stiftung zugunsten der beiden Vereine. Das Kapital muss erhalten bleiben, die Erträge werden ausgeschüttet.

Es sind zwar keine Millionen, die da vererbt werden. Doch Rolf Mayer, der immer still und bescheiden gelebt hat, ist kein armer Mann. Der gelernte Fernmelde- und studierte Nachrichtentechniker konnte es sich leisten, 1998 als Angestellter der Entwicklungsabteilung für Textilmaschinen beim Gladbacher Traditionsunternehmen Schlafhorst (das heute nur noch Geschichte ist) mit 55 Jahren in den Vorruhestand zu gehen: "Die Abteilung wurde damals nach Übach-Palenberg verlegt, ich wollte nicht Tag für Tag zwei Stunden lang fahren. Ich bekam eine gute Abfindung, habe mein eigenes Haus, von den Eltern geerbt, habe keine Familie, hatte genügend gespart und habe immer sparsam gelebt, bis heute."

Sein Leben war stets Arbeit: für Schlafhorst die bezahlte, dazu die durchaus beachtliche ehrenamtliche im Sport. Ein Engagement, in das er eher zufällig gerutscht ist. Er hat als Junge, der vom ersten Lebensjahr bis heute an der Friedrich-Ebert-Straße lebt, nicht wie damals die meisten Jungs Fußball gespielt: "Höchstens mal ein wenig bei uns auf dem Hof." Zum Sport hat ihn 1958 (da war er 15) seine Mutter getrieben: "Du musst etwas machen." Er entschied sich für Handball; da lag der Rheydter Turnverein mit dem Handballfeld am Jahnplatz (damals wurde noch Feldhandball gespielt) nicht so weit weg. Den Fußballplatz des Rheydter Spielvereins gleich auf der anderen Straßenseite ließ Rolf Mayer links liegen.

Handball, aktiver jedenfalls, wurde aber nicht sein Leben: "Ich war kein Supersportler, habe nur in der A-Jugend und dann in der Reserve des RTV gespielt." Aber er ließ sich als fleißiger Helfer und später als Organisator gewinnen: 1981 erstmals als Jugend-Staffelleiter des Handballkreises, in dem er 1983 Zweiter und 1994 Erster Vorsitzender wurde - was er bis zum 18. November 2015 blieb, an dem in seinem bisherigen Stellvertreter Bernhard Langenberg von Borussia ein jüngerer Nachfolger gefunden wurde. Und dann ist da natürlich sein RTV 1847, ältester Sportverein der Stadt mit stolzen 1300 Mitgliedern, bei dem Rolf Mayer seit nun schon 31 Jahren Geschäftsführer ist. Ein Ende soll aber in Sicht sein: "Ich habe versprochen, noch zwei Jahre weiterzumachen."

Mindestens ein Jahr früher als geplant Schluss war für ihn indes beim Stadtsportbund, nach 22 Jahren als Geschäftsführer. 1990 hatte ihn Hans Lemmen, Handballer vom VfL Welfia und Präsident des Dachverbands aller Mönchengladbacher Sportvereine, für dieses Amt geworben. Rolf Mayer war einer, der auch hier mit viel Fleiß und Engagement den Job ausfüllte, im Hintergrund am liebsten, sich für keine Arbeit zu schade war.

Bis es zum "Knall" kam, Mayer trat im April 2012 zurück. "Es gab Ärger mit Präsident Bert Gerkens. Er glaubte, ich könnte die Geschäftsstelle nicht mehr richtig organisieren. Da habe ich gesagt: ,Mach es doch selbst'", erklärte er der RP, als sein Schritt bekannt wurde. "Wir sind dabei, die Geschäftsstelle umzustrukturieren, auch, weil es neue Anforderungen vom Landessportbund gibt", sagte Gerkens. Immerhin: Ein Jahr später wurde Rolf Mayer Ehrenmitglied des Stadtsportbundes. Das Verhältnis zum Stadtsportbund hat sich entspannt.

Rolf Mayer muss sich nun erst einmal zurechtfinden: "So viel habe ich nun nicht mehr zu tun", sagt er nach seinem Rücktritt als Vorsitzender des Handballkreises - das kleine Fragezeichen ist herauszuhören. "Doch einen kleinen Job habe ich ja noch." Eben als Geschäftsführer des Rheydter Turnvereins, der er noch mindestens zwei Jahre bleiben will. Das hat er ebenso versprochen wie die Zusage, Bernhard Langenberg, seinen Nachfolger als Vorsitzender des Handballkreises, einzuarbeiten. Und die Abstimmung mit dem Sportamt der Stadt über die ganzen Hallenzeiten für den kompletten Meisterschafts-Spielbetrieb des Kreises, die macht er auch noch.

Und nun hat Rolf Mayer ja auch mehr Zeit, sich seinem verbliebenen anderen Hobby zu widmen: den Briefmarken. Die seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 7. September 1949 hat er komplett. Jedes Vierteljahr erhält er von der Post alle Neuerscheinungen. "Nur Berlin und die DDR, da fehlt mir noch etwas."

Auch diese Sammlung fällt nach seinem Tod laut Testament an seine Stiftung. Und wohl ebenfalls die Märklin-Modelleisenbahn, die eine etwa zwei mal drei Meter große Platte füllt. Rolf Mayer hat die ersten Teile als Kind zu Weihnachten bekommen und sie jahrzehntelang erweitert - bis er "vor etwa zehn, 15 Jahren" den Spaß daran verlor. Alle Teile samt Platte sind aber, gut verpackt, noch da. Und vielleicht befällt ihn nun doch noch mal die Lust, alles wieder auszupacken ...

Da ist der allwöchentliche Stammtisch im RTV-Turnerheim. Fünf Mann sind es noch. Und 2016 steht wieder eine Jahrestour an: Nach Hamburg soll es gehen. Es wäre wohl auch gut, wenn Rolf Mayer noch einmal den Rat seiner Mutter von 1958 beherzigen würde: "Du musst Sport treiben." Doch dazu fehlt ihm der richtige Anstoß.

(RP)
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