Mönchengladbach Rheydter Zentrum soll Denkmal werden

Mönchengladbach · Hochwertige Architektur, die einmalig im Rheinland ist: Denkmalexperten sind begeistert und heben die Qualität der Rheydter City hervor. Die Stadt entwickelt eine Denkmalbereichssatzung, damit das Zentrum ein Vorzeigeprojekt bleibt.

Rheydt auf einer Stufe mit der Metropole Frankfurt: Das ist bemerkenswert, hat aber nichts damit zu tun, dass Rheydt ein Finanzzentrum ist. Nein, Rheydt hat eine bemerkenswerte Architektur aus den 50er Jahren, die es in dieser Komplexität im weiteren Umkreis nur noch in Frankfurt und Kassel gibt. Expertin Dr. Elke Janßen-Schnabel vom Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) ist begeistert, nachdem sie sich das Leitl-Ensemble im Rheydter Zentrum für ein Gutachten genau angeschaut hatte. "Das ist von hochwertiger architektonischer Qualität", sagte sie bei einer Veranstaltung im Rheydter Rathaus. An die Rheydter und Hausbesitzer gewandt, fügte sie hinzu: "Sie können auf das architektonische Gesicht von Rheydt sehr stolz sein." Die Stadt will nun bis zum Herbst eine Denkmalbereichssatzung erarbeiten und die Politiker darüber entscheiden lassen.

Bereits Stadtplaner Prof. Kunibert Wachten, der mit den Bürgern das Innenstadtkonzept entwickelt hat, war von der Architektur angetan. Er hatte bereits vor einigen Jahren den Hinweis gegeben, sie stärker zu betonen und zu einem Markenzeichen Rheydts zu machen. Gutachter Dr. Stephan Strauß vom Fachbüro "Historische Bauwerke" stellte bei der Veranstaltung in seiner Bestandsanalyse dar, wie die markanten Strukturen der Hauptstraße und die typische "Kammbebauung" entstanden. Denn Rheydt, ein ehemaliges Straßendorf, das mit der Industrialisierung zur wirtschaftlichen Blüte und vielen Gründerzeitbauten fand, war nach dem Zweiten Weltkrieg zu rund 80 Prozent zerstört.

Es war der Stadtplaner Alfons Leitl (1909 bis 1975), ein ehemaliger Architektur-Journalist, der den Auftrag bekam, Rheydt neu entstehen zu lassen. Anders als etwa Wesel und Emmerich, die ähnlich stark zerstört waren und das "Alte" wieder aufbauten, ging Leitl einen anderen Weg. Er wollte das Stadtbild Rheydts durch eine einheitliche Linie neu ordnen und die wenigen verbliebenen historischen Gebäude geradezu "verstecken". Das ging so weit, dass er das Rathaus abreißen oder einen Neubauriegel als Sichtschutz vor das Rathaus setzen wollte – das verhinderten aber Bürger und Politiker. Und damit niemand die Architektursprache des Leitl-Teams störte, gab es 1947 und 1948 sogar ein Bauverbot für die Innenstadt. Daran hielten sich alle.

Am Ende konnte Leitl nicht alle Vorstellungen aus seinem Generalbebauungsplan von 1947 durchsetzen: Statt der vorgesehenen dreistöckigen Querbauten zwischen den nach vorne ragenden Hauptgebäuden wurde zum Beispiel nur zweistöckig gebaut. Aber die künstlerische Vision ist allgegenwärtig: klar strukturierte Fensterfronten, Vor- und Rücksprünge und bemerkenswerte Details wie etwa die rautenförmig verlegten braunen Kacheln. Nicht nur an der Hauptstraße wirkte Leitl. Auch das Atlantis-Haus und der Bahnhof mit seinem Platz davor geht auf seine Konzeption zurück.

Und noch etwas ist für diese Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bereits sehr bemerkenswert. LVR-Denkmalexpertin Dr. Elke Janßen-Schnabel hob hervor, dass Planer Leitl sein Konzept in enger Kooperation mit Politikern und Bürgern entwickelt hat: "Das hatte Vorbildcharakter für andere Städte."

(RP)
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