Mönchengladbach Psychothriller um einen rätselhaften Tod

Mönchengladbach · In Südengland spielt der neue Roman der Gladbacher Autorin Susanne Goga. "Der verbotene Fluss" handelt von seltsamen Begebenheiten im Leben einer adligen Familie um 1890. Eine Gouvernante fühlt sich zum Detektiv berufen.

Dieser Roman spricht nicht nur von einem Fluss, er ist ein solcher. So verhalten, so ausnehmend behutsam er in seiner stilsicheren, wohlgesetzten, fast aristokratisch verfeinerten Schilderung dahinströmt, begleiten die Lektüre immerfort düstere, geheimnisvolle, unheimliche Unterströmungen. Verstohlenes Gruseln durchzieht den neuen Roman der in Rheydt lebenden Schriftstellerin Susanne Goga (46).

In "Der verbotene Fluss" geht es um eine verschwundene Mutter und Ehefrau, Lady Ellen Clayworth, von der ihre Familie und Bekannte annehmen, dass sie den Freitod im Fluss Mole (bei Dorking) gewählt hat. Ihr Ehemann Sir Andrew wird von einer Mischung aus Trauer, Verzweiflung und Scham hin und her gerissen. Als Abgeordneter belastet das Gerücht, seine Ehe sei problematisch gewesen, den zu aggressiven Ausbrüchen neigenden Politiker über die Maßen. Er verbietet allen, über die Verstorbene zu reden.

Doch eine junge Frau aus Berlin macht ihm einen gründlichen Strich durch die Rechnung: Die Hauslehrerin Charlotte Pauly tritt eine Anstellung als Gouvernante im Anwesen der Clayworths, Chalk Hill, an. Und lernt Emily näher kennen, die sie täglich zu unterrichten hat. Ein Mädchen, das tief verstört ist über den Verlust der geliebten Mutter. Seltsame Dinge scheinen nächtens in dem viktorianischen Haus im Herbst 1890 vor sich zu gehen. Stück um Stück gerät Charlotte in den Sog eines Geheimnisses, das sie unbedingt lüften will.

Susanne Goga hat sich tief in die Zeit und Mentalität der Menschen im England um 1890 eingelesen und -gefühlt. Authentizität spricht aus ihren Schilderungen der Architektur, Lebensweise, Mode und spleenigen Ticks der englischen Upper Class ausgangs des 19. Jahrhunderts. Irgendwann beginnt der Leser die ausgebreiteten Puzzle-Stücke selbsttätig zusammenzusetzen und ahnt Zusammenhänge: Verbindungen zwischen der aufkommenden Mode des Spiritismus, der Wirkung bestimmter Medikamente und der verschlossenen Natur des Hausherrn Andrew.

"Das Thema der Erforschung übernatürlicher Phänomene war in dieser Epoche besonders stark ausgeprägt", sagt Susanne Goga, "vor allem in Großbritannien, daher der Schauplatz." Den sich möglicherweise einstellenden Verdacht, die Autorin habe mit ihrem Roman an die populäre Fernsehserie "Downton Abbey" andocken wollen, weist Goga vehement von sich: "Mit Downton Abbey hat mein Buch nicht das Geringste zu tun", erklärt sie.

Das Geniale am Plot: Susanne Goga verirrt sich nicht ins Genre Fantasy, solide Ratio durchdringt ihre Schilderung von Séancen, Telepathie und Nachtwandeln. Der Londoner Theaterkritiker Tom Ashdown bringt den Auflösungsprozess um die verschwundene Ellen in Gang, nachdem ihn die Society of Psychical Research, die bis heute existiert, beauftragt hat, im Haus der Clayworths die Ursachen für das unerklärliche Verhalten der kleinen Emily zu erforschen. Dabei hilft ihm Charlotte nach Kräften. Der Clou am Schluss verschenkt das Ende nicht an Banales, sondern überrascht zutiefst. Auch weil nicht alle Rätsel offengelegt werden.

Etwa ein Jahr lang hat Goga an ihrem spannenden Buch gearbeitet. "Im Frühjahr 2012 habe ich alle wichtigen Schauplätze in Dorking und Umgebung wie auch in London besucht", betont sie. Sie räumt im Nachwort ein, dass es eine literarische Inspiration für das Buch gibt: Im Roman "Jane Eyre" von Charlotte Brontë (1816 bis 1855) fand sie Anregungen. Etwa die Rahmenhandlung, dass "eine Gouvernante in ein englisches Herrenhaus kommt und dort auf düstere Geheimnisse stößt". Dennoch: "Der verbotene Fluss" ist nach den Kriminalromanen um den Kommissar Leo Wechsler das beste Buch, das Susanne Goga publiziert hat.

(RP)
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