Mönchengladbach Prozess: Widersprüchliche Zeugenaussagen

Mönchengladbach · Auch gestern war in dem Schwurgerichts-Prozess, in dem sich ein Pole (25) wegen versuchten heimtückischen Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten muss, immer wieder die Rede von reichlich Wodkagenuss. Bereits in der Anklage heißt es, dass der 25-Jährige, der noch nicht lange in Viersen lebt, die Tat im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen habe, weil er damals einen Alkoholpegel von mindestens drei Promille hatte.

Am ersten Prozesstag hatte der Verteidiger für seinen Mandanten eine Erklärung abgegeben. Am 3. August vergangenen Jahres hielt sich der Angeklagte mit drei Männern in einer Viersener Wohnung auf. Bereits im Garten wurde viel Bier und Wodka getrunken. Bald sei es zwischen dem Angeklagten und einem polnischen Mittrinker zum Streit gekommen. "Wir haben uns beschimpft. Er hat meine Mutter beleidigt", hatte sich der Neu-Viersener erinnert. Später sei die Runde in der Küche gelandet. Das Streitgespräch sei immer heftiger geworden. "Der Andere sollte endlich den Mund halten. Dann bin ich auf ihn zugegangen, habe die Kontrolle verloren und habe zugestochen", hatte der 25-Jährige bereits zu Prozessbeginn erklärt. Mit einem Küchenmesser soll der Angeklagte im August das Opfer im Oberkörper verletzt haben. Das Messer blieb in der Wunde zurück. Fluchtartig verließ der Angeklagte die Wohnung.

Gestern erinnerten sich zwei Landsleute des 25-Jährigen an die wodkareiche Party in der Viersener Wohnung. "Wir waren alle betrunken", meinte ein 55-jähriger Zeuge. Doch das Messerstich-Opfer habe sich immer wieder mit dem Angeklagten aggressiv gestritten. "Aber die Tat selbst habe ich nicht gesehen", so der Zeuge. Dann sei das Opfer aus der Küche und aus dem Haus gerannt. Er sei hinterher gelaufen und habe noch das Messer aus der Wunde gezogen. Im Gerichtssaal wusste der 55-Jährige plötzlich nicht mehr, ob er das tatsächlich getan hatte. Bei der Polizei hatte sich der Mittrinker ganz anders erinnert. "Das Messer lag auf dem Tisch. Der 25-Jährige hat sofort und schnell auf den Polen eingestochen". So war die Aussage des Zeugen bei der Polizei festgehalten worden. Als ihn der Vorsitzende des Schwurgerichts auf die unterschiedlichen Aussagen aufmerksam machte, versuchte der 55-Jährige das mit dem Hinweis auf eine tschechische Dolmetscherin zu erklären. Mit der Übersetzung habe es bei der Polizei Probleme gegeben.

Auch ein anderer Mittrinker hatte unterschiedlich ausgesagt. Bei der Polizei hatte er sich noch erinnert, dass der 25-jährige Pole nach der Tat zu ihm gekommen sei und gesagt habe, dass er "Scheiß gebaut" habe. Gestern klang das ganz anders. Der Angeklagte sei damals gekommen und habe erklärt: "Ich hab mich mit dem anderen zerstritten und ihn mit dem Messer geschlagen". Dann sei er verschwunden. Für diesen Widerspruch machte auch dieser Zeuge Probleme mit der Dolmetscherin verantwortlich.

(RP)
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