Mönchengladbach Prozess: "Weihwasser" nicht von der Polizei sichergestellt

Mönchengladbach · Mutter von fünf Kindern muss sich wegen Raubes vor Gericht verantworten. Die 33-Jährige bestreitet die Tat.

Auch gestern saß die Mönchengladbacherin (33), die Mitglied einer mobilen ethnischen Minderheit sein soll, schweigend vor dem Schöffengericht auf der Anklagebank. Die Staatsanwältin wirft ihr vor, im Februar 2013 die Betreiberin (32) einer kleinen Gladbacher Boutique, um teuren Schmuck und 2500 Euro beraubt zu haben. Doch die als "Kartenlegerin" und "Hellseherin" auftretende Angeklagte hatte bereits zu Prozessbeginn von einem Verteidiger sinngemäß erklären lassen: "Eine solche Tat hat nie stattgefunden".

Aber die Besitzerin des Textilgeschäfts hatte am 11. März 2013 die Polizei informiert. Die Angeklagte habe ihr als "Hellseherin" eine schlechte Zukunft prophezeit. Das könne sich nur ändern, wenn sie 5000 Euro besorge. Die 32-Jährige beschaffte nicht nur Schmuck und Geld, sondern auch die geforderte Decke, Kerzen und Eier. Zu dem eigentlichen Ereignis wurden im Geschäft Schmuck und Geld auf der Decke ausgebreitet und Eier darüber aufgeschlagen.

Die Geldbeschafferin bekam von der Angeklagten eine Flüssigkeit, "Weihwasser" genannt. "Mir wurde schummrig, dann wurde ich bewusstlos", hatte das Opfer berichtet. Als die Frau erwachte, waren nicht nur die "Hellseherin", sondern auch Schmuck und Geld weg.

Gestern wurden Polizeibeamte und Freundinnen des Opfers als Zeugen gehört. Ihnen habe sie erzählt, was die Angeklagte damals mit ihr gemacht habe, so die Boutique-Betreiberin. Allerdings hatte sie der Polizei zunächst nicht die Wahrheit gesagt, weil sie sich geschämt habe. Das war den Polizeibeamten aufgefallen. Sie schickten die Freundin ins Nebenzimmer. Dann sagte die 32-Jährige die Wahrheit und schilderte der Polizei, was sie mit der "Hellseherin" erlebt habe. Dabei musste die Polizei eingestehen, dass sie das Gefäß mit dem "Weihwasser" nicht sichergestellt hat. Tatsächlich soll es K.-o.-Tropfen enthalten haben.

Ein Verteidiger beschwerte sich über schlechte polizeiliche Ermittlung und empfahl einem 24 Jahre alten Polizeibeamten, "doch besser einen anderen Beruf zu ergreifen". Im Gerichtssaal wurde gestern bekannt, dass die Angeklagte bereits mit einer ganz ähnlichen Tat aufgefallen und wegen Betruges zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Den Schaden von 3500 Euro zahle sie bereits zurück. Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP)
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