Unfall in Neuss Schützenbruder stürzte in den Tod - Angeklagter bekommt Geldstrafe

Neuss · Mit einer Geldstrafe ist am Neusser Amtsgericht der Prozess um ein tödliches Schützen-Unglück zu Ende gegangen. Ein Zugkamerad des Opfers muss 5525 Euro bezahlen - wegen fahrlässiger Tötung.

Die juristischen Aspekte des dramatischen Falles rückten am Montag am Amtsgericht schnell in den Hintergrund. Vielmehr beschäftigten sich alle Beteiligten mit der menschlichen Tragödie. Ein Schützenzug aus Mönchengladbach-Bettrath, dessen Mitglieder am Montag in großer Zahl im Verhandlungssaal saßen, hatte am „Vatertag“ 2017 auf einem Firmengelände im Neusser Hafen den Zugkönig ermitteln wollen. Der Besitzer des Geländes war Mitglied des Zuges und hatte seinen Kameraden das Areal zur Verfügung gestellt. Die Stimmung war ausgelassen, es wurde Alkohol getrunken, das Wetter war gut. Als der König ermittelt war, wollten ihn seine Kameraden hochleben lassen. „Ich habe den Gabelstapler aus dem Gebäude gefahren“, erinnerte sich der Angeklagte vor Gericht. Daraufhin sei der neue Zugkönig in eine nicht gesicherte Gitterbox gestiegen und habe sich in die Höhe heben lassen.

Schützen gedenken beim Zapfenstreich ihres toten Kameraden
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Schützen gedenken beim Zapfenstreich ihres toten Kameraden

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Foto: Knappe, Jörg

Zunächst ging alles gut, dann begann der 37-jährige Familienvater in der Box zu tanzen und stürzte in die Tiefe. Dabei zog er sich tödliche Verletzungen zu, seine Kameraden erlitten einen schweren Schock. „Sie wissen, dass Sie hier massiv gegen die Unfallverhütungsvorschriften verstoßen haben“, redete Staatsanwältin Britta Zur dem Angeklagten ins Gewissen - das allerdings schien nicht nötig, denn der 39-Jährige zeigte sich im Prozess in höchstem Maße betroffen.

Gleich mehrfach entschuldigte er sich, ihm stockte immer wieder die Stimme. „Mir tut das unendlich leid“, sagte der Angeklagte, „ich würde alles tun, um das ganze rückgängig zu machen.“ Bis heute habe er das Geschehen nicht verkraftet, er sei in psychologischer Behandlung: „Ich verstehe nicht, wie ich das ganze überhaupt zulassen konnte.“ Womöglich hatte der Alkohol hier eine wichtige Rolle gespielt: Laut Gericht hatte der Angeklagte 1,1 Promille Alkohol im Blut, sein getöteter Zugkollege sogar 1,3 Promille. „Er war regelrecht voll“, meinte Staatsanwältin Zur, „deshalb hat das Opfer auch selbst zu dieser Tragödie seinen Teil beigetragen. Das, was da passiert ist, war einfach eine Riesendummheit mit ganz dramatischen Folgen.“

Am Ende verständigten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf ein mildes Urteil. Die zuständige Amtsrichterin verurteilte den Angeklagte zu 85 Tagessätzen a 65 Euro, alles in allem muss der Mann damit 5525 Euro zahlen. „Ich hoffe, dass er irgendwann damit umgehen kann“, meinte Verteidiger Iyad Nassif, „mein Mandant und das Opfer kannten sich seit 25 Jahren. Es war einer seiner engsten Freunde. Es ist eine unendlich traurige Geschichte.“

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