Mönchengladbach Prozess: Der Handwerker war kein guter Kaufmann

Mönchengladbach · Der gescheiterte Unternehmer kam nach Insolvenz vor Gericht mit einer Bewährungsstrafe von 20 Monaten davon.

Nach einem wochenlangen Prozess vor der Wirtschaftsstrafkammer des Mönchengladbacher Landgerichts hat gestern der Staatsanwalt wegen fahrlässiger Verletzung der Buchführungspflicht und gewerbsmäßigen Betruges in zwei Fällen für den Angeklagten (51) eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten mit Bewährung gefordert. Obwohl der Wegberger in der Vergangenheit bereits als Betrüger aufgefallen war, erhielt der Angeklagte gestern noch einmal Bewährung. Er hatte ein komplettes Geständnis abgelegt. Für 2009 fehlte eine abgeschlossene Bilanz. Dafür war der Angeklagte als faktischer Geschäftsführer seiner Unternehmen verantwortlich. Von seinen Mitarbeitern wurde er als Betriebsleiter angesehen. Aber er hat eine Lese- und Rechtschreibschwäche und keine unternehmerischen Fähigkeiten, so hieß es gestern im Gerichtssaal. Inzwischen ist der 51-Jährige nicht mehr selbstständig tätig. Als Betrüger hatte er Forderungen übergeben, die tatsächlich noch nicht fällig waren. Lieferungen waren noch gar nicht erfolgt. Dazu hatte der Angeklagte von einem Mitarbeiter gefälschte Gefälligkeits-Gutscheine überreicht. Im zweiten Betrugsfall ging es um einen Versuch.

Die Wirtschaftsstrafkammer schloss sich dem Anklagevertreter in der Wertung des Falles an und verurteilte den Wegberger zu einem Jahr und acht Monaten mit Bewährung. Ende 2010 kam es im Unternehmen des Angeklagten zur Insolvenzeröffnung, hieß es im Gerichtssaal. Der Angeklagte, der als exzellenter Handwerker galt, stellte Halterungen (Trapezblechschuhe) für die Solaranlagen auf den Dächern her. Der Markt sei damals vollständig überhitzt gewesen, so der Kammervorsitzende in der Urteilsbegründung. Der Angeklagte habe nur eine unvollständige Bilanz vorgelegt. Die Haftstrafe muss der Angeklagte nicht verbüßen. Sie wurde ihm für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Aber er muss 3600 Euro an die Staatskasse zahlen. Doch der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer machte dem Angeklagten am Ende eindringlich klar: "Wenn die Insolvenzverschleppung mit in der Anklage gewesen wäre, hätte es heute keine Bewährung mehr gegeben. Inzwischen ist die Insolvenzverschleppung verjährt". Der Wegberger hat aber aus seinem Privatvermögen 350 000 Euro als Wiedergutmachung zahlen müssen.

(RP)
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