Mönchengladbach Projektraum EA 71: Friederike Hinz lässt es grünen und blühen
Mönchengladbach · Eine ganze Wand ist aus- und erfüllt von farbigen Tuschezeichnungen auf Papier. Auf allen sind leuchtend gelbe oder grüne Wiesenpflanzen zu sehen.
Betritt man in diesen Tagen den Projektraum EA 71 an der Eickener Straße 71, ist es, als komme man aus dem eisigen Winter in einen blühenden Frühling: Eine ganze Wand ist aus- und erfüllt von farbigen Tuschezeichnungen auf Papier. Auf allen sind leuchtend gelbe oder grüne Wiesenpflanzen zu sehen. Mal klein, mal groß, mal als Solitär, mal in Gruppen, mal realistisch und genau ausgearbeitet, mal skizzenhaft, auch mal wie zum Musterblatt gestempelt. Mal verwandeln sich die Wiesenpflanzen zu einer Farblandschaft ohne erkennbare Struktur. Alle Blätter zeigen die Nahrung des Hasen, der 70 Kräuter, Gräser, Blumen, Feldfrüchte, Knospen und Baumrinde frisst, wie Hinz weiß. Sie sind mit Hasenschwänzen gemalt (die man auch in der Ausstellung sehen kann).
"Killing Field" - so nennt die c/o-Künstlerin Hinz, geboren 1960 in Lüttelforst, ihre Ausstellung im EA 71 und verweist damit auf ein, ja, man könnte es schon künstlerisches "Lebensthema" nennen - immerhin bearbeitet sie es seit 35 Jahren: die Hasen, die lebenden (sowie deren Lebenswelt und Nahrung) und auch die toten, die überfahrenen Hasen, die massenweise auf den Landstraßen zu finden sind.
"10 Jahre Massaker" lautet beispielsweise der Titel eines Linoldrucks auf Leinwand als Unikat in einer überwältigenden Größe von 170x270cm, der flüchtende Hasen zeigt. Hasen werden verjagt, aber mit einem solchen Bild deutet Hinz auch die Vertreibung zahlloser Menschen an.
"Ich habe meine Lieblingsarbeiten ausgewählt", erklärt die Malerin Friederike Hinz und fügt hinzu, dass sie einige davon regelrecht "versteckt" habe. Man muss schon aufmerksam durch den scheinbar so kleinen und übersichtlichen Galerieraum des Projektraumes EA 71 gehen, um tatsächlich auch die Arbeiten neben dem Fenster oder an der Decke des Raumes zu entdecken.
Zu den Lieblingsarbeiten gehört auch "Feldforschung FF MON.810-Februar". MON steht für den Gentechnikkonzern Monsanto. Das Ölbild zeigt ein abgeerntetes Maisfeld aus der Perspektive eines Feldhasen. Forscher gehen davon aus, dass der Sichtradius des Hasen 360 Grad beträgt. Er verfügt also über einen Panoramablick, sieht allerdings nur 10 Prozent genau vor bzw. hinter sich scharf. Durch die enorme Breite des Bildes (400 cm) kann der Betrachter durch das Feld spazieren, begegnet den scharf gemalten ebenso wie den verschwommenen Partien und übernimmt den Blick des Hasen. Um Wahrnehmung geht es auch in dem Foto des rot gestrichenen Hochsitzes. Er steht auf einem Feld in Lüttelforst, und vor einem guten halben Jahr strich Hinz ihn rot. Was für den Menschen eine Signalfarbe ist, macht für den Hasen, der kein Rot sehen kann, keinen Unterschied.
Der Projektraum EA 71 an der Eickener Straße 71 ist bis zum 29. Januar jeweils Samstag und Sonntag von 12 bis 16 Uhr geöffnet.