Premiere in Mönchengladbach Wilhelm Tell in 90 Corona-Minuten

Mönchengladbach · Endlich wieder Schauspiel: Nach einer Lesung kann Darsteller Paul Steinbach in „Wilhelm Tell“ wieder sein gesamtes Können zeigen. Die Premiere ist heute, Freitag, 1. Oktober.

 Da ist er, der Apfel: „Wilhelm Tell“ von Friedrich Schiller ist seit Freitag in einer Bearbeitung von Matthias Gehrt und Thomas Blockhaus in Mönchengladbach zu sehen.

Da ist er, der Apfel: „Wilhelm Tell“ von Friedrich Schiller ist seit Freitag in einer Bearbeitung von Matthias Gehrt und Thomas Blockhaus in Mönchengladbach zu sehen.

Foto: Matthias Stutte

Paul Steinbach muss dann doch ein wenig ausholen. Denn die Frage, warum er Schauspieler wurde, führt den heute 41-Jährigen, der seit gut zehn Jahren mit seiner unverwechselbaren, körperlichen wie stimmlichen Prägnanz das Schauspielensemble unseres Theaters prägt, in die fernen Zeiten eines ersten Krippenspiels, der Schauspiel-AG am Gymnasium und zu einem Casting für eine ZDF-Serie, zu der den zwölfjährigen Münchner Bub seine Mama schleppte, nachdem er sich allein nicht trauen wollte.

„Nach der Zusage dieses schöne Gefühl, das hab‘ ich damals noch nie gehabt“, sagt Steinbach heute in dem Wissen: Es hat ihn nie mehr losgelassen, dieses Glück, Schauspieler zu sein. So, wie er war: zurückhaltend, ruhig, schon mit zwölf ein bisschen rundlich. „Ich werde nie ein Hemd sein“, sagt er mit einem Augenzwinkern und fügt an: „Ich habe immer Sport gemacht, mein Körper war mir wurscht. Ich bin ich.“ Nach der Schule hatte er zunächst „was Anständiges“ studiert, dann aber, obwohl die Eltern wenig begeistert waren, doch die Schauspielschule besucht, nachdem er immer und immer wieder bei seinen Bewerbungen gerade keine Abfuhr erhielt.

Die Badische Landesbühne in Bruchsal (2005-07) steht, nachdem er im Schauspielstudio Gmelin gelernt und direkt den oberbayrischen Lore Bronner Förderpreis erhalten hatte, ebenso in seiner Vita wie das Theater in Trier (2007-10). Nach Krefeld kam er 2010 mit seiner schwangeren Frau und blieb. Inzwischen ist die Tochter elf, der Sohn sieben, ein Hund komplettiert die Familie.

„Ich habe mich hier eingelebt, meine Kinder sind hier geboren, wir fühlen uns wohl“, umschreibt der Mann sein augenblickliches Lebensgefühl, der ab heute, Freitag, 1. Oktober, als Wilhelm Tell in Schillers gleichnamigem Schauspiel auf der Bühne stehen wird. Was nicht heißt, dass Steinbach für den Rest seines Lebens am Niederrhein hängen bleiben will. „Ich möchte schon auch mal irgendwann vor einer Kamera stehen, auch wenn ich das offenbar bisher noch nicht so sehr gewollt habe“, sagt der Mann, den eine Schauspieler-Datenbank mit 51 Produktionen in 17 Theaterjahren ausweist. „Sind sicher mehr Stücke“, schränkt er die Aussagekraft dieser Daten ein. Und nennt, gefragt nach Plänen, Zukunft: den Hamlet als „schöne Rolle“, die ihm noch fehlt in seiner Sammlung.

Etwas zu forcieren ist jedoch nicht so Paul Steinbachs Sache. Die Dinge hätten sich meist gefunden in seinem Leben. Da wären wir ja fast beim Tell, der in der Legende wie bei Schiller irgendwie hinein rutscht in die Staats-Heldenrolle. „Der Tell ist immer da, wenn man ihn braucht“, beleuchtet Steinbach den ihm vertrauten Aspekt der Bühnenfigur. „Aber er ist im Grunde kein politischer Mensch. Der Tyrannenmord ist eher privat. Und da bin ich dann doch anders.“ Der jugendliche Steinbach war schon in seiner Handballmannschaft Kapitän, ist auch im Gemeinschaftstheater seit vielen Jahren einer von zwei Sprechern des Schauspielensembles. Er vertritt im Theaterbetrieb die Interessen seiner Kollegen und weiß: „Es kommt auf die Schnittmengen an, gemeinsam sind wir stark.“ Das war etwa bei der Wahl des zukünftigen Schauspieldirektors so, die ja ohne Einflussnahme der Leitungsebene aus dem Ensemble heraus erfolgte. „Dass wir alle im Theater an einem Strang ziehen, das ist die Zukunft“, sagt er. Dazu gehöre auch, dass jeder seine Stärken einbringt. Ihm ist da wichtig: lebenslang zu lernen, von den jungen wie den alten Kollegen Impulse aufzunehmen. Und das, was die Schauspielschule angefangen hat: die Person des Schauspielers auseinanderzunehmen und neu zusammenzusetzen, ein Körper-Selbst-Bewusstsein zu schaffen, diese Fähigkeit weiter zu erhalten. „Das täte jedem gut“, sagt er.

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