Mönchengladbach Post: Politik ist nicht käuflich

Mönchengladbach · Interview mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Norbert Post über die Sponsoring-Affäre der CDU, den zunehmenden Druck von Lobbyisten, die Schnittmengen mit den Landes-Grünen und die Arbeit des neuen Gladbacher CDU-Fraktionschefs, Dr. Hans Peter Schlegelmilch.

Die SPD wirft dem NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers vor, käuflich zu sein. Der kontert und sagt, dass die Aussagen von Hannelore Kraft über Hartz-IV-Empfänger zynisch seien. Sind wir bereits mittendrin im Landtagswahlkampf?

Post Nein. Das ist noch das übliche politische Geschäft. Der Brief, der in der CDU-Geschäftsstelle konzipiert wurde, durfte so nicht geschrieben werden. Das war falsch. Das steht außer Frage, es hat nie einen Vertrag dazu gegeben. Jürgen Rüttgers hat deutlich gemacht, dass er nicht käuflich war und es auch nie sein wird. Ich sage deutlich und nehme das auch für mich in Anspruch: Politik darf nicht verkauft werden. Das betrifft Gespräche und auch Inhalte. Das ist oft ein Minenfeld, denn die Lobbyisten arbeiten mittlerweile mit großen Mannschaften. Politisch haben wir natürlich Frau Kraft knallhart gefragt. Denn wir wollten wissen, ob sie mit den Linken zusammen arbeitet.

Und: Wissen Sie's?

Post Sie äußert sich ja ausweichend, also hält sie sich diese Möglichkeit offen. Die Linke strebt eine Verfassungs-ändernde Grundordnung an. Deshalb wird die Partei auch vom Verfassungsschutz beobachtet. Und wer sich das Programm der Linken anschaut, stellt schnell fest: Das ist ein Wolkenkuckucksheim. Darauf darf man nicht reinfallen.

Politische Erfolge werden wahlentscheidend sein. Was können CDU/FDP für sich verbuchen?

Post Wir haben zum Beispiel vier Jahre lang den Haushalt konsolidiert. Nur so war es möglich, in der Wirtschafts- und der sich anschließenden Finanzkrise die Konjunktur anzukurbeln Es wird oft vernachlässigt, dass das Land Millionen Euro an eigenen Konjunkturhilfen zur Verfügung gestellt hat. Und wir helfen auch weiterhin mit Bürgschaften für Unternehmen, die noch in der Krise sind. Wir haben den Unterrichtsausfall in Schulen verringert und mehr Lehrer eingestellt. Unsere Bilanz ist gut, wir sind in die Erste Liga aufgestiegen. Die erste Halbzeit ist gut, aber wir brauchen noch eine zweite Halbzeit, um vieles zu verwirklichen. Landespolitisch ist uns nichts auf die Pfanne zu hauen.

Was wurde verwirklicht?

Post Wir haben die Betreuung von unter Dreijährigen in Kindergärten von 11000 auf 90000 Plätze ausgedehnt. Wir haben die Sprachförderung verbessert und dafür gesorgt, dass halb soviel Unterricht ausfällt. Wir werden uns noch stärker auf die Herausforderungen einstellen, die eine älter werdende Gesellschaft verlangt und entsprechend eingreifen. Wir haben uns darum gekümmert, dass junge Menschen Ausbildungsstellen finden: Die Unternehmen brauchen sie, denn der Facharbeitermangel wird in den nächsten Jahren voll durchschlagen.

Das wird womöglich auch alles von einem Regierungsbündnis unterschrieben, das von Rot-Rot-Grün gebildet wird. Was passiert, wenn diese Koalition NRW regiert?

Post Das wäre für NRW ein Schlag ins Kontor. Das würde klar bedeuten: Dann würde den Menschen wieder suggeriert, der Staat könne alles regeln. Dabei nähme er Freiheit weg und ersetzte sie durch staatliche Vorgaben. Wir lassen zum Beispiel Mütter und Vätern die Möglichkeit, ihr unter dreijähriges Kind im Kindergarten betreuen zu lassen. Fatal wäre es, wenn dies zu einem "Muss" würde. Wir haben gerade erlebt, wie Gewerkschaften und Arbeitgeber Lösungen gefunden haben, die von einer großen Solidarität geprägt waren. Dies ist richtig gedachte soziale Marktwirtschaft. Rot-Rot-Grün will eine Planwirtschaft, die vom Staat majorisiert wird. Wir wollen auch keine vom Staat bezahlte Arbeit, sondern den Unternehmen die Chance geben, sich auf dem Markt zu behaupten. Die Einheitsschule, die Rot-Rot-Grün favorisiert, lehnen wir ab: Es darf nicht zur flächendeckenden Auflösung von Gymnasien, Realschulen und Hauptschulen kommen. Aber wir werden den Elternwillen stärker berücksichtigen.

Der neue Partner der CDU in der kommenden Wahlperiode des Landtags könnten die Grünen sein. Gibt es mit ihnen genügend Schnittmengen?

Post Bei Arbeit, Soziales und Gesundheit ja. Bei Wirtschaft haben sich die Grünen bewegt – darauf lässt sich etwas aufbauen. Die größten Reibungspunkte sehe ich beim Thema Schule. Die Grünen wollen die Einheitsschule, wir nicht. Aber wenn sich beide Seite bewegen, können wir uns sicher irgendwo treffen. Allerdings drängen die Grünen auf ein Rundum-Sorglospaket, das sie dem Bürger vormachen wollen. Das wäre Unsinn, so etwas ist nicht zu verwirklichen. In dieser Hinsicht muss ich mir bei einer Koalition mit der FDP gar keine Sorgen machen. Wichtig für mich ist: Die Mitte muss – wie beim Baum der Stamm – stimmen, die Mitte der Menschen, die all das erarbeiten, was Staat verteilt, sonst geht jeder Halt verloren. Und die Mitte wird repräsentiert von der CDU.

Was wird aus Norbert Post, wenn er seinem Landtagswahlkreis wieder gewinnt?

Post Das muss man abwarten. Arbeit, Soziales und Gesundheit ist ein großer Schwerpunkt, für den ich in der Fraktion zuständig bin und der viel Einsatz verlangt. Ich würde mich auch gerne wieder mehr in der Schulpolitik engagieren. Und der Bereich Finanzen hält einen in der Realität immer fest.

Sie sind noch CDU-Kreisvorsitzender und CDU-Ratsherr. Wie beurteilen Sie die Arbeit der Ampel in Mönchengladbach? Was sagen Sie zum Start des neuen CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Hans Peter Schlegelmilch?

Post Zur Ampel: Sie wird 95 Prozent ihrer Versprechen für dieses Jahr nicht halten. In der Schulpolitik hat sie einen großen Wurf und eine sechste Gesamtschule angekündigt. Es gibt weder einen großen Wurf noch eine sechste Gesamtschule. Und beim Einkaufscenter laviert die Ampel so lange herum, um die Entscheidung auf die Zeit nach der Landtagswahl zu verschieben. Wenn bei einer Ampel alle Lichter brennen, gibt es Unfälle. Zu unserem neuen Fraktionsvorsitzenden: Er geht mit großer Sensibilität an die Arbeit, ist sehr engagiert und führt die Fraktion ausgezeichnet. Ich habe bei ihm und für die Zukunft der Fraktion ein sehr gutes Gefühl.

Ralf Jüngermann und Dieter Weber führten das Interview

(RP)
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