Mönchengladbach Polit-Krimi als musikalisches Drama

Mönchengladbach · Ein rares Stück Musiktheater kommt in Rheydt auf die Bühne: "Der Konsul" von Gian Carlo Menotti. Es geht um die Unmenschlichkeit der Bürokratie - in einem Stilmix aus Puccini bis Bernstein.

 Diego Martin-Extebarria debütiert am Orchester-Pult.

Diego Martin-Extebarria debütiert am Orchester-Pult.

Foto: Diego Martin-Extebarria

Die Story erinnert entfernt an den berühmten Film "Casablanca", bei der Musik denkt Kapellmeister Michael Preiser an die Soundtracks früher Hitchcock-Thiller. Und Regisseurin Katja Bening sieht in dem Musikdrama "Der Konsul" von Gian Carlo Menotti "eine Anklage gegen die Tyrannei in jeglicher Form". Dieses Werk, das 1950 nach seiner sensationell erfolgreichen Premiere an einem Broadway-Theater, mit 269 Aufführungen in Serie, inzwischen zu den Raritäten der Theaterspielpläne zählt, steht am 4. Februar zur Premiere im Theater an der Odenkirchener Straße an - fast genau 65 Jahre nach seiner Gladbacher Erstaufführung, mit der das damals noch ganz frische Gemeinschaftstheater das dritte Haus im deutschsprachigen Raum war, das dieses Erfolgsstück herausbrachte.

Mit Katja Bening hat die Theaterleitung eine junge Regisseurin mit der Inszenierung betraut, die einerseits im Studio mit der "Viertonoper" in der letzten Spielzeit eine begeistert aufgenommene Kostprobe ihres Talents gab, der andererseits eine Affinität zum 2011 verstorbenen Komponisten Gian Carlo Menotti eigen ist. Dessen Oper "Das Medium" inszenierte sie 2010 in Sofia. Menotti galt als junger Mann als hochbegabter Musiker und Komponist, emigrierte mit 17 in die USA, wohnte bei der Komponisten-Ikone Samuel Barber und machte früh Karriere mit einer Musiksprache, die gerade in den USA damals in der Luft lag: Er verquickte die Stile nach Gusto, bediente sich bei Puccini, Weill, Bernstein und anderen, wischte die Grenzen zur U-Musik hinweg. Später nannte man das "eklektizistisch". Dabei waren (und man wird es erleben: sind) seine Opernstoffe hochaktuell und von eindeutig politisch-humanistischem Bekenntnis. Sein "Konsul" etwa entsteht auf eine Zeitungsnachricht hin, die den Selbstmord einer jungen Frau vermeldet, die kein Visum für die Einreise in die USA erhalten hatte. In seiner Oper zeigt Menotti den vergeblichen Kampf dieser Magda gegen die Mühlen der Bürokratie. Sein Libretto springt in Schnitt und Gegenschnitt von der Wohnung der asylsuchenden Familie des Freiheitskämpfers Sorel ins von der Sekretärin bewachte Vorzimmer des Konsuls. Während sich die Familie Sorel den Schikanen der Ausländerpolizei ausgesetzt sieht, bleibt der Konsul selbst unerreichbar. Und unsichtbar. Der Titelheld kommt auf der Besetzungsliste nicht vor.

Drei Akte, sechs Bilder, zwei Welten. Knapp drei Stunden großes Musikdrama, äußerst suggestive, immer an Tonalität gebundene Musik und eine Gesangskultur, die von der großen italienischen Arie bis zum Sprechgesang reicht. Das Orchester, an dessen Pult Diego Martin-Extebarria debütieren wird, ist fast kammermusikalisch besetzt, aber farbenreich. Ausstattungsleiter Udo Hasse hat sich vom expressionistischen Gladbacher Bühnenbild von 1952 zu Video-Projektionen inspirieren lassen, die den surrealen Charakter des Stücks noch verstärken. Alle Partien werden aus dem international aufgestellten Ensemble besetzt. Mit dabei unter anderen Izabela Matula, Janet Bartolova, Debra Hays Markus Heinrich, Andrew Nolen, Satik Tumyan und Hayk Deinyan. Am Ende des "Konsul" steht großes Drama, aber es gibt Hoffnung für die Freiheit.

Premiere 4. Februar, 19.30 Uhr. Karten 02166 6151100, www.theater-kr-mg.de

(ark)
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