Mönchengladbach Plausch zwischen Porree und Rosen

Mönchengladbach · Kartoffeln von Nachbars Feld, Eier von freilaufenden Hühnern aus Gladbach und gerade frisch geschnittene Blumen – Wochenmärkte bestechen durch Frische. Doch sie sind mehr: Ein Stück Heimat und auch ein netter Ort für ein ausgiebiges Schwätzchen.

Odenkirchen Zielstrebig steuert eine Frau mit einem großen Weidenkorb den Martin-Luther-Platz an. Heute ist Markttag, das weiß die Odenkirchenerin. Seit Jahren kommt sie Woche für Woche hierher und erledigt ihre Einkäufe. „Die Atmosphäre ist so schön“, erzählt sie. Zwischen Freilandrosen und Porree trifft sie alte Bekannte – Zeit für ein Schwätzchen plant die 72-Jährige beim Marktbesuch immer fest ein.

Stress und Hektik haben auf dem Marktplatz ohnehin nichts zu suchen. Die Besucher scheinen sie am Eingang wie ein Kleidungsstück abzugeben, ehe sie in eine andere, farbenfrohe, leicht nostalgisch anmutende Welt eintauchen. Neben Uhren und Schmuck bietet eine Händlerin duftendes Brot und frischen Kuchen feil, gegenüber leuchten Blumen in allen Farben. Ein Mann schiebt sein Fahrrad von Stand zu Stand. Hier wandern ein paar Brötchen in seinen Fahrradkorb, dort etwas Aufschnitt. Schließlich hängt er noch den großen Einkauf beim Gemüsehändler – gut verpackt in zwei Tüten – an den Lenker.

„Glückliche Kartoffeln von freilaufenden Bauern“ steht auf dem Schild an Dirk Sulzmeiers Stand. Der Marktbeschicker kommt seit neun Jahren zweimal in der Woche aus dem benachbarten Jüchen auf den Odenkirchener Wochenmarkt. Sein Aushängeschild sind frische Eier von einem Bauern in Jüchen-Wey. „Daran verdiene ich zwar nicht viel, aber oft ist es ein Türöffner“, erklärt Sulzmeier. Wer schon mal da ist, nimmt oft auch noch Obst und Gemüse mit. Und wird nicht selten ein Stammkunde. Von ihnen lebt der Marktbeschicker. In den letzten Jahren ist das Geschäft schlechter geworden. „Schließlich ist alles teurer: Strom, Gas, Sprit“, zählt Sulzmeier auf. „Und die Deutschen sparen zuerst am Essen.“

Doch es gibt auch Ausnahmen, Menschen die gerade in jüngster Zeit bei den Lebensmitteln auf Qualität achten. „Ich kaufe kaum im Supermarkt ein“, erzählt Renate Goldschmidt. Sie hat gerade ihren Einkauf auf dem Odenkirchener Markt beendet und die Hände voll mit Einkaufstaschen. „Es ist zwar alles etwas teurer hier, dafür aber viel frischer“, findet sie. Ein positiver Nebeneffekt: Hier trifft sie viele Leute, die sie kennt. Da dauert der Plausch im Anschluss manchmal länger, als der eigentlich Einkauf.

Das kennt auch Hildegard Wachtling allzu gut. Vor drei Jahren hat sie das erste Mal ihre Tees und Kräuter auf dem Markt verkauft. Obwohl sie immer weniger Umsatz macht, kehrt sie Woche für Woche an ihren angestammten Platz zurück. „Wissen Sie, da gibt es Stammkunden, die kaufen kiloweise Heilkräuter, das hält einen“, erzählt sie. Schnell kommt sie mit ihren Kunden ins Gespräch, nach kurzer Zeit kennt sie all ihre Wehwehchen.

Wenige Schritte weiter weicht der würzige Kräuterduft einem wohlig-süßen Hauch von Schokolade und Gebäck. Hier steht seit fast 40 Jahren bei Wind und Wetter der Stand der Konditorei Esser. Nur hin und wieder wandert eine Tüte mit Gebäck über den Tresen. „Im Winter ist mehr los“, erklärt Verkäuferin Doris Dahlmeier. Dann ist der Hunger auf Süßes stärker.

Das ganze Jahr Saison ist hingegen beim Blumenstand „Kleeblatt“. „Man muss sich aber auch auf die Kunden einstellen“, betont die Beschickerin Astrid Kohnen. Sie setzt auf eine Mischung aus hochwertigen und günstigen Blumen in ihrem Sortiment. Mit einer Kundin steht sie lange neben einem Busch Pfingstrosen. Ein Beratungsgespräch? Nein, es geht ums Wetter und den neuesten Klatsch und Tratsch. Hier gibt es etwas, was es nicht im Supermarkt oder sonst wo zu kaufen gibt: Ein kleines Stückchen Heimatgefühl.

(RP)
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