Mönchengladbach Pirat will Tanker Gladbach entern

Mönchengladbach · Seine politische Heimat fand Nico Kern bei der Piratenpartei. Als Steuermann will der 39-jährige Jurist die Nierspiraten, um die es zeitweise sehr still geworden war, in neues Fahrwasser lenken. Sein ehrgeiziges Ziel: Bei der nächsten Kommunalwahl 2014 soll die Crew in den Stadtrat segeln.

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Foto: dapd

Nico Kern (39) ist Pirat. Kein Freibeuter der Meere, sondern ein politischer "Seefahrer", der es auf den Tanker Mönchengladbach abgesehen hat. Der Jurist will ihn entern und als Steuermann der Nierspiraten in den nächsten Jahren politische Entscheidungen im Rat, Land und auch Bund beeinflussen.

Seit dem Erfolg der Piratenpartei in Berlin bläst der Wind mächtig in die Segel des Mönchengladbacher Schulschiffes. Am Dienstag, 25. Oktober, 20 Uhr, treffen sich die Nierspiraten im Theater im Gründungshaus (Eickener Straße 88). Das Interesse könnte so groß sein, dass es vielleicht bald neben den Nierspiraten eine weitere Crew in der Stadt gibt: Da die Piratenpartei ihre Mannschaften auf eine Größe von maximal neun Mitgliedern festlegt, könnten weitere Freibeuter die politische Landschaft in der Stadt aufmischen. "Wir sind die, die kein wie immer geartetes Rädchen im System sein wollen", sagt Kern.

Basisdemokratie

Und damit beschreibt der Viersener auch seinen eigenen politischen Werdegang. Nach ersten Gehversuchen zu Schülerzeiten in der Jugendorganisation einer Partei — welche das ist, erzählt Kern nicht — wendete er sich bald von der Politik wieder ab. "In den Parteien und im System werden wir Bürger doch nicht wirklich gehört", sagt Kern.

Als sich die Piraten konstituierten, fand er seine politische Heimat: "Da gibt es ein ganz anderes Betriebssystem von Politik, das die Freiheit des Einzelnen in den Mittelpunkt stellt. Vor allem: Die Piraten sind eine hierarchiefreie Organisation, die eine direkte Teilhabe an politischen Meinungsbildungsprozessen möglich macht." Da schimmert viel von dem basisdemokratischen Anspruch durch, den die Grünen in ihren Gründerzeiten Anfang der 80er Jahre hatten.

Doch anders als die Öko-Partei, die in der Regierungsverantwortung ihre Basisdemokratie für die Suche nach mehrheitsfähigen Kompromissen oft aufgab, klammert sich Kern an diese Idee. "Flüssige Demokratie" nennt er dies: Jeder Bürger soll bei jeder Sachfrage mit diskutieren und mit entscheiden. Und damit das möglich sein kann, drängt Kern darauf, dass es auch bis in den hintersten Winkel Mönchengladbach eine gute Internetverbindung gibt. "Bei uns Piraten ist das eine Grundversorgung, auf die Bürger ein Anrecht haben. Das darf man nicht dem Markt überlassen", sagt er. Herra—ther und Beckrather, die seit Jahren über einen schlechten Internet-Service von Telekom und Co. klagen, werden's gerne hören.

Auch Wanloer werden sich politisch bei den Piraten wiederfinden: Denn die Entscheidung, ob es einen Wall oder eine Wand als Abgrenzung zum Tagebau gibt und ob eine Biogasanlage im Ort Strom erzeugt, will Kern nicht Politikern oder Runden Tischen überlassen — per Bürgerentscheid soll eine Mehrheit abgeklopft werden. Und wenn von Behörden die Rede ist, dann verlangt Kern, dass sie sich ihrer Bringschuld gegenüber dem Bürger besinnen — "denn dafür bezahlen wir sie mit unseren Steuern".

Das hört sich nicht nur gut an. Das kommt auch derzeit gut an. Solange der Wind kräftig weht, will Kern die Segel der Nierspiraten hissen. Einzige Unsicherheit: Bis zur nächsten Wahl kann sich der Wind drehen. Sie ist erst 2013 — im Bund.

(RP)
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