Mönchengladbach Piecq sorgte für Profil der Stadt

Mönchengladbach · Er hat sich ein Denkmal gebaut. Denn unter der Regie von Bürgermeister Hermann Piecq wurden Wahrzeichen wie der Wasserturm errichtet, und Beamte mussten schon 1903 nicht mehr mit der Hand schreiben. Die RP widmet dem Bürgermeister auf Lebenszeit eine Chronik.

Hermann Piecq, der vor genau 150 Jahren geboren wurde, war einer der erfolgreichsten Oberbürgermeister der Stadt – weil er den technischen Fortschritt der Zeit konsequent nutzte. In seiner Amtszeit wurden elektrische Straßenbahnen eingerichtet, der Wasserturm gebaut und Schreibmaschinen in der Verwaltung eingeführt. Obwohl er schon fast 90 Jahre tot ist, sind die Spuren seines Wirkens in der Stadt noch heute gut erkennbar. Beispielsweise in der Polizeiwache am Alten Markt, die er für die Sparkasse bauen ließ und in der nach ihm benannten Hermann-Piecq-Anlage. 1859 Die Geburt Am 30. Mai 1859 begann Hermann Piecqs Geschichte. Als Sohn des praktischen Arztes Carl Adam Piecq wurde er in Köln geboren. Nach dem Abitur und der Militärzeit begann er das Studium der Rechtswissenschaften und der Nationalökonomie in Tübingen, Bonn, Göttingen und Jena. 1891 Beigeordneter in Köln Nach Erstem und Zweitem Staatsexamen arbeitete Piecq bei der Staatsanwaltschaft Köln, dann in Aachen, bevor er 1891 besoldeter Beigeordneter der Stadt Köln wurde. Aus dem Amt als Kölner Beigeordneter bewarb er sich um die freie Bürgermeisterstelle in Mönchengladbach. 1903 Oberbürgermeister Als den Nationalliberalen nahestehend, wurde Piecq von der liberalen Mehrheit auf zwölf Jahre zum Bürgermeister von Gladbach gewählt. Am 1. Oktober 1900 wurde Piecq feierlich als Bürgermeister eingeführt. Den Ehrentitel "Oberbürgermeister" erhielt er 1903 vom preußischen König. Piecq baute die Stadtverwaltung aus. So ließ er ein zentrales Schreibbüro einrichten, welches Schreibmaschinen einsetzte, zu einer Zeit, als andere Kommunen ihre Rundschreiben noch handschriftlich kopieren ließen. 1901 wurde die Berufsfeuerwehr gegründet und 1903 ein städtisches Orchester eingerichtet. Über Elektrische Straßenbahnen wurden Odenkirchen, Waldniel, Viersen, Dülken und Neersen angebunden. 1907 Bau des Elektrizitätswerks Auch die Energieversorgung führte Piecq in städtische Hand über. Seit 1904 gab es eine eigene Gasanstalt und seit 1907 ein städtisches Elektrizitätswerk. Die Trinkwasserversorgung wurde ausgebaut, am sichtbarsten mit dem neuen Wasserturm an der Viersener Straße. Auch die Entsorgung der Abwässer wurde vorangetrieben, so dass nach zehn Jahren Amtszeit fast alle Haushalte an die Kanalisation angeschlossen waren.

Neben dem neuen Wasserturm schmückt die Stadt seit 1903 die unter seiner tätigen Mithilfe und durch Spenden der Bürger ermöglichte Kaiser-Friedrich-Halle. Hermann Piecq setzte sich vehement dafür ein, die stillgelegte Trasse und den Bahnhof der Bergisch-Märkischen Eisenbahn zu erwerben. Auf diesen Grundstücken entstanden die später nach ihm benannte Hermann-Piecq-Anlage und die Hohenzollernstraße. 1912 Bürgermeister auf Lebenszeit Auf den ehemaligen Bahnhofsgrundstücken konnten Landgericht und Feuerversicherungsanstalt (heute Amtsgericht) errichtet werden. Am 7. Februar 1912, gegen Ende seiner zwölfjährigen Amtszeit, wurde er von den Stadtverordneten einstimmig zum Bürgermeister auf Lebenszeit gewählt. So konnte er den Ausbau der Stadt und ihrer Verwaltung fortsetzen, unter anderem durch den Bau eines Gebäudes für die Sparkasse (heute Polizeiwache am Alten Markt) und eines Verwaltungsgebäudes an der Weiherstraße unterhalb der Abtei. 1913 wurde die Zugangssituation zum Rathaus verbessert und eine Statue zur Erinnerung an den Stadtgründer Balderich errichtet.

1914 brachte der Ausbruch des Ersten Weltkriegs eine neue Herausforderung: Die Versorgung der Familien der zum Kriegsdienst eingezogenen oblag den Kommunen. In der Folge wurde unter dem Vorsitz von Piecq eine Kommission ins Leben gerufen, welche die Versorgung der Bevölkerung der Stadt sicherstellen sollte.

1919 Kein Ruhestand für Piecq Über den von Piecq ins Leben gerufenen "Verein Volkswohl" erwarb die Stadt 1917 die Hälfte von Schloss Rheydt mit seinen Ländereien aus privater Hand (die Stadt Rheydt erwarb die andere Hälfte), um nach dem Krieg dort Kriegsveteranen anzusiedeln. Der Verlust des Sohnes durch den Krieg 1917 und seine angeschlagene Gesundheit ließen ihn 1919 um seine Versetzung in den Ruhestand bitten. Diese wurde ihm nicht bewilligt. Er starb an den Folgen einer Operation am 1. November 1920 im Amt. Er wurde in einem Ehrengrab der Stadt beerdigt.

Christian Wolfsberger ist Leiter des Stadtarchivs

(RP)
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