„Es war die Hölle“ Wie meine Familie und ich Covid-19 erlebten

Mönchengladbach/Jüchen · Das Coronavirus, ist es wirklich so schlimm wie alle sagen? Bei mir und meiner Familie warf Covid-19 nicht nur unseren Alltag, sondern auch unser Immunsystem durcheinander.

 Inzwischen sind Georg Stiller, Stiefvater unserer Autorin Annalena Reifgens, und ihre Mutter Britta Krahwinkel-Reifgens wieder von ihrer Covid-Erkrankung genesen.

Inzwischen sind Georg Stiller, Stiefvater unserer Autorin Annalena Reifgens, und ihre Mutter Britta Krahwinkel-Reifgens wieder von ihrer Covid-Erkrankung genesen.

Foto: Reifgens

Am 20. August 2021 fing alles an. Meine Mutter litt am Abend unter Schüttelfrost und starken Muskelschmerzen. Einen Tag später war ihr erster Schnelltest positiv. Sie fuhr sofort zum Testzentrum in Jüchen, um einen PCR-Test zu machen. Am Sonntag war das Ergebnis da: positiv. Das bedeutete für mich und meinen Stiefvater 14 Tage Quarantäne. Womit wir aber nicht gerechnet hatten: Mein Test und der meines Stiefvaters waren ebenfalls positiv.

Das Gesundheitsamt rief bei uns an und schickte mich und meinen Stiefvater ins Testzentrum nach Neuss für einen PCR-Test. Das Ergebnis erhielten wir erst nach zwei Tagen. Wir waren tatsächlich positiv.

Während mein Stiefvater die Situation eher gelassen nahm, machten sich in mir Angst und Panik breit. Schließlich weiß man nicht genau, was mit der Infektion auf einen zukommt und wie es ausgeht.

Die Symptome zeigten sich bei uns dreien unterschiedlich. Meine Mutter klagte über Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen, Schweißausbrüche und war sehr empfindlich. Mein Stiefvater hatte Hustenanfälle, manchmal bis zur Atemnot, Schweißausbrüche, Magen-Darmprobleme, Schüttelfrost und Gliederschmerzen. Ich litt unter Übelkeit, Schüttelfrost, Kopf- und Bauchschmerzen, Schweißausbrüchen und Gleichgewichtsproblemen. Als wenn das nicht genug wäre, verloren wir alle drei unseren Geschmacks- und Geruchssinn. Es war einfach die Hölle.

Man stelle sich vor: Egal was man isst oder trinkt, ob man in eine Chilischote beißt oder ein Stück Schokolade genießt, der Unterschied liegt lediglich in der Konsistenz.

Unser Alltag für fast einen Monat: Woche für Woche nur drinnen verbringen. Keine Freunde oder Familie sehen, im Bett liegen. Hoffen, dass alles gut geht und keinem etwas noch Schlimmeres passiert. Morgens aufstehen, frühstücken, wieder ins Bett gehen und warten, bis es Abendessen gibt. In der Zwischenzeit: fernsehen, schlafen oder lesen. Einmal in der Woche mussten wir zum Testzentrum nach Neuss für einen PCR-Test, und das war dann auch das Highlight der gesamten Woche.

Als meine Großeltern erfuhren, dass es uns erwischt hatte, waren sie geschockt und konnten sich nicht erklären, wo wir uns angesteckt haben können. Wir übrigens auch nicht. Trotz ihrer großen Angst vor Corona versorgte meine Oma uns immer mit Essen, Getränken und hat jeden Tag dafür gebetet. Sie hat jeden Tag dafür gebetet, dass wir wieder schnell gesund werden.

Meine Oma kam natürlich nicht ins Haus – aus Angst sich anzustecken. Sie kam auf die Terrasse und stellte dort alles ab, sodass wir uns dann auch mit ausreichend Abstand unterhalten konnten. Für meine Oma war der Kontakt wichtig. So konnte sie sehen: Uns ging es den Umständen entsprechend gut.

Nach der ersten Woche fühlten sich meine Mutter und ich schon ein wenig besser. Die Schweißausbrüche und die Schmerzen wurden weniger, doch schmecken und riechen konnten wir noch immer nicht. Bei meinem Stiefvater wurde es hingegen schlimmer. Er musste morgens vom Krankenwagen abgeholt werden und war eine Woche in der Klinik. Nach einigen Tests stellten die Ärzte eine Thrombose im rechten Bein und eine Lungenembolie fest. Das war lebensbedrohlich. Mein Stiefvater bekam Medikamente und eine Infusion. Nach etwa einer Woche ging es ihm, dank den Ärzten, schon besser.

Während meine Mutter und ich noch in Quarantäne waren, kam dann endlich ein Anruf vom Gesundheitsamt: Mein Stiefvater sei jetzt von der Quarantäne befreit. Die gleiche Nachricht für meine Mutter und mich kam am nächsten Tag. Wir waren alle sehr glücklich, dass wir wieder raus aus unseren vier Wänden können, um wie normale Menschen zu leben. Obwohl wir als genesen gelten, erschwert das Virus unseren Alltag noch immer. Zwar hat meine Mutter hat ihren Geschmacks- und Geruchssinn wieder erlangt. Aber weder bei mir noch bei meinem Stiefvater ist der Geruchssinn zurückgekehrt. Mein Geschmackssinn kommt langsam zurück, aber ich kann immer noch nicht alles schmecken. Am besten funktioniert das bei süßen Sachen.

Annalena Reifgens ist 15 Jahre alt, wohnt in Jüchen, besucht die 10. Klasse der Jüchener Gesamtschule und ist zwei Wochen lang als Praktikantin in unserer Mönchengladbacher Redaktion.

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