Mönchengladbach Opfer war monatelang arbeitsunfähig

Mönchengladbach · Im Schwurgerichtsprozess am Mönchengladbacher Landgericht hatten gestern ärztliche Gutachter das Wort. So erinnerte sich ein Neurochirurg an die lebensgefährlichen Stichverletzungen, die der Angeklagte (32) am 29. April 2008 einem Wohnungsnachbarn mitten auf einer Straße in Süchteln zugefügt hatte. Bei einer wilden Verfolgungsjagd hatte der Angeklagte das hilfeschreiende Opfer mit einem Stich ins Auge verletzt und anschließend noch neun Mal von hinten mit einem Messer zugestochen. Versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung wirft der Staatsanwalt dem zierlichen Mann auf der Anklagebank vor.

Rippenfell und Lunge verletzt

Der Familienvater habe damals den 44 Jahre alten Nachbarn aus einem Mehrfamilienhaus auch an Rippenfell und Lunge verletzt, machte gestern der chirurgische Sachverständige im Gerichtssaal klar. Außerdem könne das Opfer, das noch immer krank geschrieben ist, seitdem weder richtig schmecken noch gut riechen. Ein anderer medizinischer Gutachter, der nach der Tat dem 32-Jährigen eine Blutprobe entnommen hatte, erinnerte sich gestern an einen "sehr aufgeregten Mann". Für einen Polizeibeamten der damals geholfen hatte, den Messerstecher zu fesseln, war "der Täter damals in einem rauschhaften Zustand und murmelte Unverständliches".

Der Angeklagte, Vater einer siebenjährigen Tochter, hatte die Vorwürfe bereits zu Prozessbeginn zugegeben, sich aber an einige Details nicht erinnern können. Mit den Mitbewohnern habe es schon lange Probleme gegeben. "Scheißtürke und Scheißkanake hat mich der andere beschimpft, und ich hab zurück beleidigt", beschwerte sich der Viersener. An dem Abend im April habe es wieder Streit gegeben. "Ich war außer mir", gab er leise weinend zu. Dagegen hatte das Opfer von "einem Angriff ohne jeden Anlass" gesprochen.

Ein psychiatrischer Sachverständiger schilderte den Familienvater als "schnell kränkbare Persönlichkeit", die sich von dem Opfer provoziert fühlte. Der 32-Jährige leide an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung. Unter Stress falle der Mann mit desorientiertem Sozialverhalten auf. Nach Ansicht des Gutachters handele es sich bei der Tat vom 29. April um eine "affektive Entgleisung". Der 32-Jährige sei damals in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen und müsse sich einer ambulanten psychiatrischen Behandlung unterziehen. Außerdem empfahl ihm der Gutachter, den damaligen Wohnort zu verlassen. Die Familie des Angeklagten ist ausgezogen. Im März soll das Urteil verkündet werden.

(RP)
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