Mönchengladbach Ohne Amtsgericht ein Torso?

Mönchengladbach · Rheydt verliert noch mehr an Attraktivität, wenn das Amtsgericht abgezogen wird. Das meinen Unternehmer Bernd Gothe und die Politiker Karl Sasserath und Heinz-Willi Körfges. Sie wollen demonstrieren.

Als der Dortmunder Stadtplaner Professor Kunibert Wachten jüngst sein Konzept einer Rheydter Innenstadt vorstellte, saßen sie in erster Reihe: Unternehmer und Karnevalschef Bernd Gothe, Landtagsabgeordneter Heinz-Willi Körfges (SPD) und Rheydt-Mitte-Bezirksvorsteher Karl Sasserath (Grüne). Gestern verkündeten sie, was Rheydt überhaupt nicht gebrauchen kann – den Abzug des Rheydter Amtsgericht. NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) will in der Stadt „mittel- bis langfristig“ nur ein Amtsgericht erhalten. Das Amtsgericht an der Brucknerallee soll mit dem Gladbacher an der Hohenzollernstraße zusammengelegt werden.

101 Mitarbeiter gehen weg

Das Trio Gothe/Körfges/Sasserath kritisiert dies. „Wir wollen mit Geld und Einsatz das Zentrum retten und lebendiger gestalten. Diese Entscheidung macht alle Anstrengungen schwieriger“, sagt Gothe. Nicht nur der personelle Aderlass – 101 Beschäftigte des Rheydter Amtsgerichts verlagern ihre Arbeitsplätze dann zur Hohenzollernstraße – wirkt sich negativ aus. Gothe: „Es werden sich auch weniger Menschen in Rheydt aufhalten, die das Amtsgericht aufsuchen.“

Mehr als 3700 Zivil-, Familien- und Strafsachen werden pro Jahr am Rheydter Amtsgericht verhandelt. Es ist für den Stadtteil, Giesenkirchen, Odenkirchen und Wickrath zuständig bei Grundbuch-Angelegenheiten, Nachlässen, Vollstreckungen und Zwangsversteigerungen. Es ist nicht die einzige bittere Pille, die Rheydt in jüngster Zeit schlucken musste: Auch das Finanzamt Rheydt (170 Beschäftigte) verlässt die Standorte an der Wilhelm-Strauß-Straße und im City-Haus (Haupt-/Mühlenstraße). Es wird mit dem Gladbacher fusioniert und und zieht in einen Neubau, der im Nordpark entsteht.

Das bringt Rheydt-Mitte-Bezirksvorsteher Karl Sasserath in Harnisch: „Politiker und Planer in Mönchengladbach erklären, wie wichtig es ist, dass Rheydt eine Stimme und ein Gesicht bekommt. Aber dann wird immer mehr abgebaut. Ich vermisse die Proteste maßgeblicher Politiker.“ Damit meint er offenbar die CDU-Landtagsabgeordneten Norbert Post und Michael Schroeren. Immerhin hat Sasserath den SPD-Landespolitiker Heinz-Willi Körfges an seiner Seite. „Was ist Grundlage dieser Entscheidung? Die SPD-Landtagsfraktion fordert aussagekräftige Zahlen von der Ministerin ein.“

Gladbach gehört zu vier weiteren Städten in NRW, die jeweils ein Amtsgericht verlieren. Müller-Piepenkötter verspricht sich davon Vorteile für Justiz und Bürger. „Es lassen sich Einsparpotenziale von zehn bis 30 Prozent des in der Verwaltung der Gerichte eingesetzten Personals erzielen“, rechnete sie jüngst vor. Gothe gibt die Hoffnung nicht auf, dass sie umzustimmen ist: „Notfalls müssen wir alle für das Rheydter Amtsgericht demonstrieren.“ KOMMENTAR

(RP)
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